Als Donald Trump Ende 2017 Jerusalem zur legitimen Hauptstadt Israels erklärte, hatte man mit Aufruhr, wenn nicht einem Aufstand brüskierter Palästinenser gerechnet. Es blieb beim Aufbegehren mit bald abflachender Erregungskurve. Wenn nun US-Außenminister Pompeo Israels notorischen Siedlungsreflex in der Westbank im Namen seiner Regierung für rechtskonform hält, passiert noch weniger. Sind die Palästinenser resignativer Apathie verfallen? Sicher auch das, doch sind die Wirkungen einer von den USA ausgehenden „Realpolitik“ gleichsam zu beachten. Sie besteht darin, dass Präsident Trump den permanenten Regelverstoß zur Regel erhebt, ohne dass sich daraus desaströse Szenarien ergeben. Vielmehr wird der Status quo zementiert, an dem auch – ohne dass Pompeo sein Rechtsverständnis offenbart – kaum zu rütteln wäre.
Die USA könnten unablässige Landnahme im Westjordanland hart rügen – ein israelischer Regierungschef, es muss nicht Netanjahu sein, bliebe dabei. Niemand würde ihn hindern. Die UNO nicht, die EU noch weniger, die USA schon gar nicht. Das Kräfteverhältnis in diesem Konflikt ist Partei genug, als dass seine stillen Teilhaber parteiischer sein müssten, als sie es ohnehin sind. Insofern scheint es ohne Belang, ob die Trump-Regierung mit ihren Entscheidungen diesen Konflikt nun weiter schürt. Lösen will (oder kann) sie ihn sowieso nicht. Um diesen Regelverstoß, der weltpolitische Verantwortung konterkariert, haben sich schon Trump-Vorgänger von Clinton bis Obama verdient gemacht. Sicher mit unterschiedlicher Methode, aber stets gleichem Ergebnis – dem Status quo.
Widmet man sich Trumps Außenpolitik der letzten Monate ausnahmsweise ohne Vorbehalt und Abscheu, wäre als Fazit denkbar: Ein mit Moral nicht unbedingt gesegneter Soziopath, der sich als enorme Begabung begreift, gibt durch sein Verhalten zu verstehen – der Kampf um Palästina ist zugunsten Israels entschieden, der um Syrien zugunsten Baschar al-Assads, der um Afghanistan wird entschieden sein, wenn die Taliban mitregieren. Und mit Kim Jong-un darf man sich ohne Vorbedingungen treffen, da es für den Frieden auf der koreanische Halbinsel von Vorteil ist. Anderswo schätzt man das Unverblümte des Narren doch auch, wenn es der Wahrheit zum Durchbruch verhilft.
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