Rhetorischer Feinschliff ist den CSU-Granden nur selten vergönnt. So traf Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker zu Wochenbeginn ein Bannstrahl des Zorns, als hätte er die Herrn Seehofer und Söder dem Leibhaftigen zur gefälligen Verwendung empfohlen. Dabei hatte der Eurogruppen-Chef den Genannten lediglich per Interview geraten, eine Tugend zu pflegen, zu der sie gern andere verdonnern: Sparsamkeit. Sein Rat galt begrenztem ökonomischen Sachverstand, mit dem man besser haushalten sollte, statt die Euro-Welt damit zu beglücken.
Das mit dem Bankrott ringende Griechenland kurzerhand vollends in den Bankrott zu reden und zum Ausstieg aus der Eurozone zu nötigen, kann dessen Gläubiger nicht in Verzückung versetzen. Stattdessen treibt es die Zinsen in die Höhe, was derzeit besonders Spanien und Italien zu spüren bekommen. Deren Gläubiger lassen ihre Rendite-Wünsche unbeirrt nach Höherem streben. Sind sie doch sicher, dass die anderen Eurostaaten keine Wahl haben, als mit letzter Kraft dagegen anzukämpfen. Diese Partner dürfen dem Währungsverbund nicht verloren gehen. Andernfalls bliebe vom vereinten Europa nichts weiter als ein in Schande vereinter Pleitier, der keine Rating-Agentur braucht, um zu wissen: Wir sind auf Ramschniveau angekommen. Prädikat Default – Ausfall.
Dagegen stemmt sich Mario Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank mit seiner Ankündigung, „alles Nötige, für den Erhalt des Euro zu tun“. Obwohl Kanzlerin Merkel ihm in ähnlich vager Wortwahl zustimmte, erneuerte gleichzeitig die Bundesbank ihre Warnung, die EZB solle die Finger von weiteren Anleihekäufen bei den Mega-Schuldnern lassen. Einen brauchbaren Gegenvorschlag blieb sie indes schuldig.
Um so mehr fühlt sich die EZB zum Handeln genötigt, doch muss sich darin der gemeinsame Wille der gesamten Eurozone spiegeln. Denn es gilt nun einmal: Wenn in dieser dramatischen Lage nicht alle Akteure zueinanderfinden – von den Regierungen der Euro-Staaten bis zur EU-Kommission und EU-Ratspräsidentschaft –, hat das Aufbäumen gegen einen Euro-Absturz keinen Sinn. Die EZB kann schlecht zum riskanten Kraftakt mit der großen Kreditkeule ausholen, um neben der Währung auch die Währungsgemeinschaft (in ihrer jetzigen Zusammensetzung!) zu schützen, wenn die Berliner Regierungskoalition bei ihrer Blockadehaltung bleibt, rechthaberisch und ungerührt.
Dabei liegen der Euro-Diva inzwischen fast alle zu Füßen, die sich mit hochkarätigem Mandat am politischen Management der Krise versuchen. Selbst US-Finanzminister Timothy Geithner, der seinem Pendant Wolfgang Schäuble bei ihrem Treffen auf Sylt das Modell der US-Zentralbank Fed empfohlen haben dürfte: mit viel billigem Geld viel totes Kapital vom Markt spülen und dadurch etwas Zeit kaufen.
Und eine Springflut ist nicht immer eine Sintflut, das weiß man doch an der Nordsee. Aber vielleicht will man es in Berlin nicht wissen. Die Krisenländer würden jede Entlastung sofort mit Sparunwillen quittieren, glaubt die Bundesregierung. Sollte ihr wirklich verborgen geblieben sein, dass sich Griechenland, Spanien oder Italien nicht erst seit gestern kaputtsparen und bei ihren Gläubigern trotzdem keine Gnade finden?
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