Die Retourkutsche kommt spät und nicht wahnsinnig furchteinflößend daher. Dass irgendwer im Moskauer Außenministerium eine schwarze Liste mit in Russland unerwünschten Personen aus EU-Staaten hervorzieht, davon wird sich die Welt erholen. Die Geächteten sind offenbar nicht handverlesen. Auch hält sich deren Zahl mit 89 in Grenzen, wenn man bedenkt, was das vereinte Europa alles an Politikern aufzubieten hat.
Auch bleiben die Guten wie der deutsche Außenminister alle im Töpfchen, nur ein paar schlechte wandern … nun ja. Man sollte nicht vergessen, die EU-Europäer gefallen sich seit Jahrzehnten darin, missliebiges Personal mit Einreiseverboten zu belegen und den über jeden Selbstzweifel erhabenen Zuchtmeister zu spielen. Betroffen waren oder sind Milosevic-Serben, Assad-Syrer, Hamas-Palästinenser, Lukaschenko-Weißrussen, Hisbollah-Libanesen, Kim Jong-un-Koreaner, Öcalan-Kurden – seit einem Jahr nun auch ein paar Putin-Russen.
Dabei sollte gelten, wer gern austeilt, muss einstecken können , wer sich beim Ukraine-Konflikt einer oft blinden Parteilichkeit befleißigt, auf die Gegenreaktion gefasst sein. Zumal sie in diesem Fall eher moderat ausfällt. Das Persona-Non-Grata-Dossier bitte nicht wichtiger nehmen, als es ist. Die dort Versammelten entstammen mehrheitlich der zweiten Reihe und werden ihre Russland-Expertise auch ohne Realitätscheck zu pflegen wissen. Da sind Politikerinnen wie die grüne EU-Parlamentarierin Rebecca Harms viel zu urteilsfest und -sicher, als dass man sich Sorgen machen müsste.
Eine Frage des Prestiges
Wirtschaftssanktionen, Restriktionen gegen russische Politiker und den Rauswurf Wladimir Putins aus dem G 7-Verbund hielt die EU für angebracht, als Russland im März 2014 die Krim annektierte, nachdem sich eine klare Mehrheit der dortigen Bevölkerung per Referendum für einen Staatenwechsel ausgesprochen hatte.
Dass Moskau den seither betriebenen Strafaktionen nicht tatenlos zusieht, ergibt sich aus dem Prestige und Selbstverständnisses einer Großmacht. Weil das so ist, hat soeben der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft moniert, dass Russlands Staatschef vom G 7-Gipfel auf Schloss Elmau erneut ausgesperrt bleibt, nachdem schon vor einem Jahr das G 8-Jahrestreffen in Sotschi mit Missachtung gestraft wurde. Für den viel beschworenen Willen zum Dialog spreche das nicht.
Zu ergänzen wäre, über eine Erfolgsbilanz dieses Boykott-Eifers lässt sich so gut wie nichts sagen. Es sei denn, man wollte sie erfinden.
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