Am Sonntag wurde dem Zuschauer bei der ARD-Sendung Anne Will eine Beobachtung förmlich aufgedrängt. Gregor Gysi und der Publizist Roger Willemsen waren als Gäste geladen, um als Gegner des Afghanistan-Kriegs vorgeführt zu werden, indem sie als nützliche Idioten oder Handlanger der Taliban hingestellt wurden. Die Absicht war so unverkennbar wie unverschämt und unterlief noch einmal eindrucksvoll die an sich schon bescheidenen Standards dieses Talk-Formats.
Nein, nicht die Bomben von Kunduz und die über 140 Verbrannten würden die Aufständischen zu Operationen anstiften und dazu führen, dass die Bundeswehr als Feind begriffen werde. Vielmehr sei es die von Gysi und seiner Partei angezettelte Kriegsverweigerung, die ihnen die Hand führe, klagten Entwicklungshilfeminister Niebel und die grüne Ex-Staatssekretärin Müller. Dies ermuntere die Gotteskrieger, deutsche Soldaten im Raum Kunduz verstärkt anzugreifen und damit die Stimmung in Deutschland von außen anzuheizen.
Mit anderen Worten: Wer seit acht Jahren fordert, die Soldaten zurückzuholen, ist in Wirklichkeit dafür zuständig, dass sie Schaden nehmen. Diese Logik ist so blamabel, dass es sich verbietet, ihr Aufmerksamkeit zu schenken, wäre da nicht jener denunziatorisch insistierende Subtext, der den Kriegsgegner zum unsicheren Kantonisten stempelt, ohne es mit letzter Konsequenz auszusprechen. Um so mehr ist absehbar, wie die neueste Dolchstoß-Legende ausfällt, und was davon bereits gärt. Wieder einmal wird der Andersdenkende als Verräter vorgeladen. Er besitzt die Unverfrorenheit, der schwer kämpfenden Truppe draußen im Feld in den Rücken zu fallen. Was hat er noch zu suchen unter den veranwortungsbewussten Politikern, die er es sich „nicht so leicht“ machen wie der Gysi und der Lafontaine mit ihrem Vulgärpazifismus? Um diesem gesunden Volksempfinden Ausdruck zu geben, fehlte es nicht an emphatisch klatschender Komparserie bei Anne Will. Sie war immer schon recht dünn, die Glasur der Zivilisation und der mutmaßlich Zivilisierten, wenn es um mehr ging als das allgemeine Wahlrecht.
Nicht nur in Afghanistan herrschen Krieg und kriegsähnliche Zustände, auch in den Medien scheinen sie längst angekommen. Die Heimatkrieger sind unter uns. Sie toben sich aus wie beim Kindergeburtstag. Wir kehren langsam zur Natur zurück, würde Kurt Tucholsky sagen. Die Heimatkrieger sollten – auch wenn es nutzlos sein dürfte – daran erinnert werden, welche Vorbilder zur Verfügung stehen. Nach dem Ersten Weltkrieg und der deutschen Kapitulation im November 1918 waren es die „Pazifisten und Defätisten an der Heimatfront“, die „Vaterlandsverräter“ und „Zivilisationsliteraten“, denen es zu verdanken war, das ein im Felde „unbesiegtes Herr“ eben doch geschlagen noch Hause zurückkehren musste. Die Erkennungsmarken von zwei Millionen deutscher Soldaten im Marschgepäck, die seit dem August 1914 verblutet waren. Wer sie losgeschickt hatte, interessierte nicht mehr. Die Verräter zu jagen, füllte ganz aus. Am 15. Januar 1919 schon waren die ersten zur Strecke gebracht.
Kommentare 34
vielen Dank für diese klaren Worte, lieber Lutz Herden. "Wir kehren langsam zur Natur zurück!" - sehr schön. "Man darf schon wieder brüll'n und feste kommandieren, wenn man Beamter ist. Der Untertan darf wieder strammstehn und parieren, weil er ein Deutscher ist. Die neue Republik ist uns kein Jokus, und die Verfassung hängt auf jedem Lokus..." Vielleicht sollte ich mir das Lied mal im Radio wünschen?!
Gute Zusammenfassung. Hoffen wir, dass sie viel gelesen und auch überdacht wird.
Viel von dem drin, was ich die letzten Tage so dachte und auch schrieb - freut mich.
Gute Idee, aber bei welchem Sender? Wer spielt denn heute noch Tucholsky – und dann den? Wo es heißt, dass man auch wieder die Stiefel vor die Türe stellen darf.
In der Interpretation von Ernst Busch traut sich das bestimmt nur der "Sender Jerewan".
An der Sprache wird man sie erkennen. Geradezu inflationär wird wieder von "Heimat, heimholen, heimkommen" geschrieben.
Aber ich möchte auf etwas hinweisen, was auch dazu gehört.
Auffällig die sehr laut vermeldete Entscheidung der Bundesanwaltschaft zur so genannten „Kunduz-Affäre“, doch die mehr als zuhaltende Kommentierung dieser und das Verschwinden als Top-Thema. Und es gäbe einiges an dieser für mich haarsträubenden Begründung zu kommentieren. Denn liest man sie aufmerksam, schleicht sich ein ungutes Gefühl ein, hier wurde eine Begründung für das Völkerstrafrecht passend gemacht.
Um hier nur einige Punkte herauszustellen:
„Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sind die Beschuldigten schon nicht davon ausgegangen, dass sich zum Zeitpunkt des Luftangriffs Zivilisten auf der Sandbank des Kunduz-Flusses aufhielten. Diese Frage war Gegenstand der Erörterungen des etwa eineinhalbstündigen Entscheidungsprozesses bis zum Bombenabwurf. Nach Ausschöpfung der ihnen in der konkreten militärischen Lage zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten hatten die Beschuldigten keine Hinweise auf die Anwesenheit von Zivilisten. Vielmehr konnten sie nach gewissenhafter und immer wieder aktualisierter Prüfung aller ihnen zum Geschehensablauf bekannten Fakten und Umstände annehmen, dass ausschließlich Aufständische vor Ort waren.
Sowie.
"6. Der Beschuldigte Klein durfte davon ausgehen, dass keine Zivilisten vor Ort waren. Deshalb war er nicht verpflichtet, Warnhinweise vor dem militärischen Angriff zu geben.
7.Verstöße gegen innerdienstliche Vorgaben, insbesondere gegen einzelne Einsatzregeln (Rules of Engagement) sind nicht geeignet, völkerrechtlich zulässige Handlungen einzuschränken, weil solche Einsatzregeln rein intern gelten und ihnen keine völkerrechtlich verbindliche Rechtswirkung nach außen zukommt."
Zitat Ende
Bis jetzt glaubte ich immer, und so wurde auch berichtet, dass der Oberst und seine Leitstelle sehr wohl von der Anwesenheit von Zivilisten in Kenntnis gesetzt wurden, also wussten.
Auffällig auch, wie am gestrigen Abend der Herr von und zu Guttenberg lustig beschwingt, freudig erregt vor die Kameras federte und dieses Urteil überschwänglich begrüßte. Genau der, der seine Meinung – wie er uns Glauben machen wollte – immer wieder der ihm zugänglichen Informationslage anpasste. Von „angemessen“ bis hin „zu nicht angemessen“.
Wie also kommt er zu dieser Bewertung, Neubewertung, wenn die Bundesanwaltschaft es nun wieder in der „ex ante –Betrachtung“ völlig unproblematisch, sprich korrekt handelnd einstuft? Von den Entlassungen eines Staatssekretärs und des Generalinspekteurs einmal ganz absehen.
Wieder bleiben Fragen offen, werden Nebeltöpfe geworfen.
Der Punkt ist die NATO. Ohne NATO wären wir nicht da unten. Wir selbst wollen da nämlich gar nichts.
Ich habe gar nichts dagegen die Taliban gewinnen zu lassen. Das sind innere Angelegenheiten fremder Staaten. Wir haben in Deutschland gar keine Position zu den Taliban.
Und wenn sowas vorkommt wie 911 gibt es halt eine Intervention. Deshalb brauchen wir da keine Truppen zu stationieren. Da reicht es vollkommen, ihren Gegnern Waffen zu liefern und kurz zu intervenieren. Wir brauchen doch nicht das Land zu stabilisieren.
Vielen Dank für diesen Kommentar. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Eine auffallend bescheidener intellektueller und analytischer Standard (oder vielleicht besser: eine unerträgliche Heuchelei und Servilität gegenüber den Kriegspolitikern) ist allerdings einem bedeutenden Teil der Afghanistanberichterstattung auch in den öffentlich-rechtlichen Sendern mittlerweile eigen. Wozu zahlen wir eigentlich noch Gebühren?
Wenn die Differenzierung abhanden kommt, ist das ein Zeichen wachsender Verunsicherung. Die in der Rundfunkordnung per Staatsvertrag verankerte Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalten reichte gestern nicht einmal aus, die höchst problematische Einstellung der Ermittlungen gegen Oberst Klein durch die Bundesanwaltschaft wenigstens als problematische Entscheidung auszuweisen. Denn der Rechtskodex für einen sog. "nicht internationalen bewaffneten Konflikt" läuft nicht automatisch darauf hinaus, das Zivilisten per se als Kombattanten zu behandeln sind.
"Wir kehren langsam zur Natur zurück, würde Kurt Tucholsky sagen."
Solch eine "Natur" möcht ich bitte unter'm Mikroskop gezeigt bekommen, v.m.a. auch Elektronenmikroskop.
"Die Heimatkrieger sollten – auch wenn es nutzlos sein dürfte – daran erinnert werden, welche Vorbilder zur Verfügung stehen."
Ich mag diese historischen Vergleiche nicht, sie sind vollständig fiktiv und wären es selbst dann, wenn die handelnden Figuren sich zahlreicher aus dem tradierten Fundus von Vätern und Großvätern bedienten, als ich das für möglich halte. Denn die Neubestimmung regionaler und geopolitischer Handlungshorizonte und Zwecke in D. nach der Wende, die Revision der Gründe zum Mitmachen bei der NATO, exemplarisch erprobt in den Jugoslavien-Kriegen, bei deren Inszenierung erst die Kohl-, dann die Schröder-Regierung Hauptakteur war, haben ein neues Kapitel in der Nationalgeschichte aufgeschlagen.
Der wahrscheinlich treffende Vergleich vom "Kindergeburtstag" (ich sage "wahrscheinlich", weil ich keinen Fernseher habe ;-) bezöge sich dann eben darauf, nämlich auf das Gefühl einer Entgrenzung, wenn nicht Entfesselung der Möglichkeiten, die sich einem Bürger bieten, patriotischem Empfinden einen erwünscht freien Lauf lassen zu dürfen.
Paradoxes Beispiel dafür: Zelotti.
"Raus aus der NATO" - von mir aus gern, Zelotti, aber nicht im Auftrag eines halluzinierten "Wir", welches das NATO-Bündnis kontrafaktisch zur Fremdherrschaft stilisiert, indem es mit verdächtiger Bescheidenheit als ein alternativ handelndes globales Subjekt zu imaginieren:
"Wir selbst wollen da nämlich gar nichts."
Alter Mäkler. Die Damen und Herren wissen schon, was sie da wollen, kannste wissen, mußt nur wollen.
Anstatt
BELLUM OMNIUM CONTRA OMNES,
besser
SALUS PUBLICA SUPREMA LEX!
Dankenswerte klare Worte, ja, dieser Zustimmung kann ich mich anschließen.
Außer den inkriminierten Tendenzen macht mir aber noch etwas anderes Sorge: der Beifall von falscher Seite, den man in letzter Zeit öfter vernimmt! Und zwar nicht mehr nur in den bekannten rechtskonservativen, deutschnationalen und sonstigen Medien, sondern auch in Foren, wo man solches nicht erwartete.
Die von Dir, Flori, beobachtete Tendenz zum Nationalpatriotismus und Untertanengehorsam ist denen aber nicht das Problem, sondern die internationale Vernetztheit und Abhängigkeit dieses Landes. Diese Art Nato-Kritik und pauschale USA-Skepsis laufen auf eine Politik deutsch-nationaler Überhebung hinaus, wie sie durch jede Zeile z.B. des NPD-Parteiprogramms schimmert.
Nationale Sonderwege, warum auch immer wer auch immer die anstreben sollte, sind ein Anachronismus. Aus Afghanistan rauszugehen, und zwar sofort, ist richtig, nicht weil das uns nichts angeht, wie ein 'zelotti' meint, oder weil wir da als unwürdige Vasallen der Amerikaner nur auf Befehl agieren, eine beliebte Argumentation der Deutschnationalen, sondern weil da was Völkerrechtwidriges läuft und weil Krieg kein Weg für eine globalisierte und vernetzte Welt sein kann.
Der Grund, weshalb der deutsche Staat dort engagiert ist, ist nicht irgendein interessenferner Vasallengehorsam, sondern das Interesse bestimmter Kreise, künftig als deutsche Nation mehr in der Welt mitzumischen.
Schon deshalb weinen die Kritiker von rechts bloß Krokodilstränen...
Korrektur:
" ...indem es sich mit verdächtiger Bescheidenheit als ein alternativ handelndes globales Subjekt imaginiert."
Und was wäre dann, wenn Sie die "Natur" unter dem Mikroskop betrachten?
Historische Vergleich sind nicht dazu da, Gleichheitszeichen zu setzen, sondern das Bewusstsein für das zu schärfen, was derzeit passiert.
ad "Natur" - dann hätt' ich's einfacher, aufzuzeigen, daß dies Trumm unglaublich all die Sünden verbrechen kann, die ihm angelastet werden :-)
"...sondern das Bewusstsein für das zu schärfen, was derzeit passiert."
Wie sollen Vergleiche das leisten, wenn sie Äppel mit Birnen zu Obst vermanschen. Die "Dolchstoßlegende" war ein revisionistischer Mythos, der die Hurra-Patrioten und einen Teil ihrer Führer von der Schuld und der Irrationalität freisprach, Heimat und Nation in einem Krieg "vergeigt" zu haben, der nicht zu gewinnen war. Der patriotische Schulterschluß von Volk und Führer ist zwar ein verbindendes Element des Verglichenen, aber das gilt halt für jedes beliebige nationalistische Motiv seit Konsolidierung demokratischer Nationalstaaten. Deshalb ist der Vergleich eher irreführend. Am Bewußtsein der Kritisierten geht er schon gleich vorbei, das sind eben keine "Hurra"-Patrioten, stattdessen bilden sie sich jede Menge auf Verantwortlichkeit und Bedenklichkeit beim militärischen Zuschlagen ein.
Insgesamt eine treffende und angemessene Kommentierung dieser Inszenierung von Propaganda, die mittlerweile schon komplett auf jedweden humanitären Zuckerguss verzichtet und es für nötig hält, die Heimatfront nur noch auf das bedingungslose Mitmachen einzuschwören, indem sie ihre nationalistischen Beurteilungsmaßstäbe für das Dingfest machen von Vaterlandsverrätern noch enger zurrt und einer kleinen Revision unterzieht.
Das die mehrheitliche „Kriegsgegnerschaft“ in diesem Land insbesondere auch deutschnationaler Skepsis gegenüber den USA und der „NATO“ (als Supranationaler Verein) insgesamt zu „verdanken“ ist, darauf hat schon goedzak weiter oben hingewiesen.
Und das „historische“ Verweise in die jüngste Vergangenheit nicht immer notwendig sind, um den mörderischen und imperialen Charakter der weltweiten Antiterrorkriege und ihrer immer aggressiver werdenden „Vermittlung“ herauszustellen, sondern die Erklärung aus der Sache selbst da eigentlich alles erledigen sollte, war wohl der Einwand von TomGard, wenn ich das richtig verstanden habe.
"Dass die mehrheitliche „Kriegsgegnerschaft“ in diesem Land insbesondere auch deutschnationaler Skepsis gegenüber den USA und der „NATO“ (als Supranationaler Verein) insgesamt zu „verdanken“ ist, darauf hat schon goedzak weiter oben hingewiesen."
Gar keine Frage. In diesem Lande geht nichts mehr ohne Schublade, Keule oder sonstige Einsortierung.
Mahnt man eine etwas differenzierte Sichtweise auf Russland an, wird man einsortiert. "PRO"
Sieht man kritisch auf die USA wird man einsortiert. "ANTI"
Gleiches gilt natürlich für Israel. "ANTI"
Fragt man danach, ob die NATO so noch ihren eigentlichen Sinn erfüllt. "Nationalist"
Kritisch gegenüber Polen. "Nationalist"
Kritisch gegenüber Großbritannien, Frankreich, Spanien. "EGAL"
Gegenüber Griechenland, Italien. "Aber ja doch"
Das könnte man hier unendlich fortsetzen. Ergibt natürlich wenig Sinn, aber was macht schon Sinn!
Die Aneinanderreihung von Begriffen wie „Schublade“, „Keule“ und „Einsortierung“
mag den einen oder anderen „Sinn“ geben, ersetzt trotzdem kein Argument.
Da die Erklärung einer Sache mir wichtiger ist als die Interpretation und Fabulierung von Sinn, bin ich diesbezüglich auch die falsche Adresse.
Vielleicht sollten Sie sich vorher einmal die Frage stellen und versuchen zu beantworten, was der Zweck (und nicht all die schönen sinnstiftenden und menschenfreundlichen Rechtfertigungen) dieser weltweiten Kriegsveranstaltung ist und wo da bei Ihnen die behauptete Abweichung zu erkennen wäre.
Das würde dann wieder die Frage nach sich ziehen, ob dann erst diese „Abweichung“ das Geschlachte Kritikabel macht, während das Gemetzel schon völlig in Ordnung geht, wenn die ganz normalen geopolitischen und imperialen Interessen der kriegführenden Mächte nachgewiesen sind. Jemand der letztere Fragen mit ja beantworten könnte, wäre dann ein stinknormaler Nationalist.
Es ging eben nicht darum, die Hurrapatrioten und Chauvinisten freizusprechen, sondern einen Teil der Linken mit dem Vorwurf des Vaterlandsverrates anzugreifen. Schon am 29. Oktober 1918 hat Generalquartiermeister Erich Ludendorff der damaligen SPD-Führung unter Scheidemann und Ebert vorgeworfen, sie wären der Front in den Rücken gefallen - da war noch kein Kaiser geflohen, kein Waffenstillstand unterzeichnet, kein Rückzug von der Front befohlen.
Ich finde es einen absoluten Skandal, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen einen Kriegsverbrecher einstellt und die Bundesregierung diesen auch noch schützt und verteidigt. Das ist purer Kriegsopportunismus und hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun.
Wenn ich jetzt hier die Begründung lese, wird mir schlecht.
Es darf für die Beurteilung überhaupt keine Rolle spielen, ob es sich bei den Getöteten um Aufständische der Taliban oder um Zivilisten handelt, weil
- objektiv keine Gefahr von diesen Menschen ausging und somit von keiner Notwehrlage die Rede sein kann.
- das gezielte Töten von Aufständischen durch das Bundeswehrmandat nicht gedeckt ist. Wenn es eine solche Anweisung aus dem Bundeskanzleramt oder dem Verteidigungsministerium gegeben haben sollte, dann verstößt diese gegen unsere Verfassung und das Völkerrecht, zumal wir uns offiziell noch nicht mal im Krieg befinden. Der "Verteidigungsfall" wurde ja nie ausgerufen
- dieser hier angesprochene Irrtum.zum einen vermeidbar gewesen wäre und zum anderen unbeachtlich ist. Man spricht hier von einem "error in persona vel objecto".
Ich gehe mal davon aus, dass diese gestrige Entscheidung auch in Afghanistan zur Kenntnis genommen wird und man sich dafür an den Soldaten der Bundeswehr rächen wird.
Handlanger der Taliban
>>
ist eine ziemlicdh spannende Sache. Inwieweit muessen die Feinde der Bundesregierung auch unsere Feinde sein? Wie koennen wir die Taliban unterstuetzen? Sie sind eine auslaendische terroristische Organisation, aber zumindest die Toetungen der deutschen Soldaten sind erlaubt. Wenn wir verhindern koennten, dass unsere Spendengelder fuer Selbstmordanschlaege auf Marktplaetzen, abgesehen von Truppenansammlungen usw, misbraucht wuerden, nur das waere Foerderung des Terrorismus in welcher Spielart auch immer, waeren wir jedenfalls straffrei. Einen aiding the enemy act oder sowas haben wir noch nicht.
Ich frage mich, warum hört oder liest man so einen Kommentar, wie ihn uns der Journalist Lutz Herden hier lesen läßt, nicht mal in der ARD oder im ZDF oder in einem der Mainstream-Medien von FAZ bis WELT oder SZ? Gibt es dort keine fähigen, keine sog. investigativen Journalisten? Sollte es die nur beim "Freitag" geben?
Wie auch immer, Lutz Herden bringt es wieder einmal auf den Punkt, und wer richtig schlußfolgert, kommt zwangsläufig zu dem Gedanken, Sendun-gen wie jene von Anne Will moderierte, absolut zu meiden. Aber so eine Diskussion kann man ebenso bei Maybrit Illner oder Frank Plasberg u.a. erleben. Sie alle sind nach dem gleichen Muster gestrickt - L. Herden hat das deutlich und zurecht aufgeschrieben - : Es wird polarisiert, wobei der Moderator natürlich die Mainstream-Ideologie vertritt, also niemals ein fairer Umgangt mit allen Parteien gleichermaßen. Stets werden die CDU, die FDP, und wenn es eben sein muß, auch die Grünen oder die SPD besonders bedacht. Das geht bei der Redezeit los, bei der Reihenfolge der "Abfrage" und "Ansprache", na, und wenn so einer wie Gysi dann doch irgendwann auch mal zu Worte kommt, dann wird er nicht nur von seinen Kontrahenten durch unqualifiziertes Hineinquatschen sofort unter-brochen, sondern eben auch von der Moderation ausgebremst.
Und was da am Sonntagabend im öffentlich rechtlichen Fernsehen bei Anne Will ablief, das war und ist für alle Menschen, die den letzten Krieg miterlebt haben bzw.sich an ihn noch lebhaft erinnern , eine absolute Zumutung. Daß solche Leute wie Dirk Niebel in der Regierung sitzen und deutsche Interessen im Ausland als Minister wahrnehmen, das ist, gelinde gesagt, eine Riesenschweinerei und schadet unserem Land, in dem nicht nur die FDP und die Niebels leben. Und noch fataler wird es, wenn ich Frau Müller von den Grünen, die einst als Antikriegspartei ins Rennen gingen, mit ihrem Alleinvertretungsanspruch auf Wahrheit in so einer Runde erlebe. Sie, die Grünen, haben alles, aber wirklich alles über Bord geworfen, was bei ihnen einst galt. Man fragt sich da schon, wie werden diese Leute von der Rüstungsindustrie geschmiert; denn es ist doch wohl wahrlich schwer zu glauben, daß Menschen wie Niebel und Müller blind und taub durchs Leben gehen?
Wieviele deutsche Soldaten müssen eigentlich noch ihr Leben für einen völlig sinnlosen Krieg in Afghanistan lassen, ehe unsere sog. Eliten zur Einsicht kommen? Schon die mehr als fadenscheinige Begründung, die Frau Merkel, unsere Kanzlerin, dafür ins Feld führt, nämlich "wir müssen die deutschen Interessen und die 'Freiheit' am Hindukusch verteidigen" , ist nichts anderes als eine allzu durchsichtige Farce.
Sendun-gen wie jene von Anne Will moderierte, absolut zu meiden
>>
Willemsen und auch Gysi waren gut und die waren so anders nicht zu haben. Es kommt auch auf den Zusammenhang an. Man muss doch nicht nur Dinge ansehen, die einem glatt runtergehen. Man kann die Sendung alsw livestream nebenbei hoeren, muss nicht mal hingucken. Eben real existierendes Fernsehen.
wer diese Sendung gesehen hat und die Äußerungen der Grünenpolitikerin Müller und Dirk Niebel von der FDP gehört hat, weiss was die Stunde geschlagen hat.
Die CIA entwirft eine Strategie und unsere Politiker folgen
www.propagandafront.de/118740/geheimes-cia-strategiepapier-die-unterstutzung-deutschlands-und-frankreichs-fur-den-afghanistankrieg-aufrecht-erhalten.html
und war sogar in der ARD. (witzigerweise nur 2 Stunden vor Anne Will)
www.tagesschau.de/ausland/ciaafghanistan104.html
Nehmen wir doch mal mit John Young an, dass Wikileaks wirklich eine CIA-Einrichtung ist und man die Geschichte nur zum Thema machen will. Wenn man nur die Diskussion beschleunigen will, wohin wuerde die dann gehen?
@Goedzak
BITTE NICHT NOCH EINMAL !!!!
"Der Grund, weshalb der deutsche Staat dort engagiert ist, ist nicht irgendein interessenferner Vasallengehorsam, sondern das Interesse bestimmter Kreise, künftig als deutsche Nation mehr in der Welt mitzumischen..."
Das sehe ich auch so, deshalb heißt es ja immer wieder, Deutschland sei als europäische Macht verbrannt, wenn es sich jetzt zurückziehe oder zu viel davon rede, es tun zu wollen.
Liebe Redaktion - off topic mal was zur Blog-Redaktions-Beziehung.
Ich habe in meinem Blogsplitter Beitrag
www.freitag.de/community/blogs/magda/einige-knaller-bei-anne-will#comment-109472
ebenfalls auf die Anne Will Sendung verwiesen.
Die Kommentare dort fragten nach profunderen Analysen und ich habe hierher verlinkt.
Ich bitte einfach die Redaktion, verlinkt mehr in die Blogs, bei Bedarf. Nicht wegen meiner "lichtvollen" Zitate, sondern weil Ihr doch Beiträge zu Problemen zusammenführen wollt und die Leser hier und dort weitere Beiträge und Kommentarmöglichkeiten finden.
(Löscht es wieder, wenn Ihr es zur Kenntnis genommen habt - es ist ja nicht zum Thema selbst)
hansi, ich hoffe, Du hast mich nicht missverstanden?! - Der Satz sollte ein Hinweis auf den demagogischen Charakter der Argumente von weiter und ganz weit rechts gegen den Afghanistan-Einsatz sein.
Die behaupten, das Mit-Kriegen dort geschähe aus mangelnder nationaler Souveränität, tatsächlich ist damit aber das Streben nach dem Gegenteil beabsichtigt.
Die heute von rechts zu hörenden Argumente, Deutschland wäre nur Zahlmeister, hätte unangemessen wenig Stimmrecht in EU, Nato und UN, müsse nach der Pfeife der Amerikaner tanzen, erinnern an die Anti-Versailles- und -Völkerbund-Polemik, mit der vor 1933 die Machtergreifung vorbereitet und danach auf den Krieg hingearbeitet wurde.
Der Versailler Vertrag, durchaus auch als Dokument der Konkurrenz von Mächten mit imperialistischen Ambitionen zu lesen, wurde eben nicht wegen seines machtstrategischen Charakters an sich kritisiert, sondern vom Standpunkt des einen Konkurrenten gegen die anderen. Die Konsequenz war, es dann eben mal mit den Mitteln des Faschismus zu versuchen.
Hast recht, Magda. Es liegt sicher aber auch am Zeitbudget. Das Administrieren wird ja immer aufwendiger, leider...
@Phineas Freek
"...während das Gemetzel schon völlig in Ordnung geht, wenn die ganz normalen geopolitischen und imperialen Interessen der kriegführenden Mächte nachgewiesen sind. Jemand der letztere Fragen mit ja beantworten könnte, wäre dann ein stinknormaler Nationalist."
Kein "stinknormaler" Nationalist, wohl aber ein Mitglied der politischen Klasse, also ein Berufsnationalist , bzw. jemand, der sich als ein Solcher bloß gebärdet, wird eine ungeschminkte Darstellung geopolitischer / militärischer Bewirtschaftung imperialen Zugriffs auf Ressourcen und Märkte tel quel gutheißen.
Für Berufsnationalisten ist die Verknüpfung nationaler Interessen mit privaten, nämlich Karriereinteressen bis hin zur Identität derselben real. Bei den "Amateuren" beruht sie auf Irrtümern, Einbildungen bis hin zum Wahn, der in patriotischen Schulterschlüssen bis hin zur Gewalttätigkeit gegen Abweichler und Verräter zum Ausdruck kommt.
Anmerkung: Diese Differenz ist festzuhalten, auch wenn es wahr ist, daß Nachteile einer Nation in der imperialistischen Konkurrenz z.b. auf Lohneinkommen und Kaufkraft durchschlagen können. Doch dabei handelt es sich um Erscheinungsformen einer Armut, genauer einer systematischen Verarmung, die im Kapitalverhältnis selbst begründet und gegeben ist und den Zwecken und Verläufen imperialistischer Staatenkonkurrenz zugrundeliegt.
Patriotismus pflegt einen Wert, der alle anderen "Werte", die in einer demokratischen Nation zirkuliert werden - einschließlich des elementaren "Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit" - nicht allein an sekundäre Stelle, sondern gar zum Material herabsetzt. Sterben für's Vaterland wird derart zum obersten Wert im Sinne eines Ausdrucks höchster Werthaltigkeit (Sinn!).
Doch die Mobilisierung des Patriotismus zu seiner begrifflichen gesellschaftlichen Rolle ist offenkundig in "Friedens"zeiten der Ausnahmefall, okay?
Wie, hat man sich dann zu fragen, kann es dann dazu kommen, daß in einem Konflikt oder Kriegsfall der Patriotismus gleichsam wie ein "natürlicher Reflex" in Erscheinung treten kann und regelmäßig bis zum "Bruderkrieg" gegen Abweichler und Verräter in Erscheinung tritt?
Die reflexhafte Erscheinungsform kann wohl kaum die "Wahrheit" (="Natur") des Patriotismus sein, es sei denn, man behandle ihn als eine Art Trieb, der beim "dummen Volk" als einer minderwertige Rasse unbeherrscht zum Ausbruch komme, sobald eine Elite (als höherstehende Rasse) ihn aus irgendwelchen Motiven anspräche und berufe. Andererseits taugt es auch nicht, diese Erscheinungsform zu verleugnen. Wie also Erscheinung und Begriff zusammen bringen?
Genau da wird die Unterscheidung zwischen Berufsnationalisten und ihrem völkischen Material essentiell! Denn im Kriegsfall schwindet die Differenz tat-sächlich bis zur grenzwertigen Aufhebung. Der Kriegsfall ersetzt die jedem Staatsbürger verliehene Souveränität über Leib, Leben und ökonomisches/persönliches Geschick durch die fraglich gestellte oder zur Durchsetzung vorgesehene Staatssouveränität an-und-für-sich, sprich materiell durch die Mobilisierung aller nationaler Ressourcen für die Behauptung der eigenen, die Vernichtung fremder Souveränitätsansprüche. Die Einigkeit von Volk und Führung in der Nation, die Stilisierung des Staates zum unverzichtbaren Lebensmittel beider, die zuvor ein dialektischer Wahn gewesen war, ein selbstbewußter moralischer Idealismus, wird plötzlich maximal real.
Ein fiktives, ideelles Bedürfnis, das zugleich erzwungen ist, weil eine Staats- und Rechtsgewalt sich zur Lebensbedingung aller Unterworfenen aufgeschwungen hat, indem sie aller Lebenstätigkeit die Form der Abwicklung von Rechts- und Geldgeschäften militärisch zur Bedingung gemacht hat, bekommt eine ultimate "Realität" in einer Neubestimmung der Reichweite staatlicher Souveränität in Fällen, da diese Souveränität die Neubestimmung in die Beantwortung einer Frage nach "Sein oder Nichtsein" ihrer selbst kleidet. Die ultimate Unterwerfung wird zum Paradefall ultimater Partizipation der Unterworfenen an der unterwerfenden Macht. .
Das ist die "Chance" des Krieges, auf die ich schon weiter oben in der Anmerkung zu Herdens "Kindergeburtstag" anspielte.
Und solch eine "Chance" wird natürlich um so lieber angenommen, je bequemer sie in einem Fernsehsessel oder einem heimatlichen Sendestudio zu genießen ist.
@TomGard
Da gehe ich gerne noch mal näher drauf ein, wenn ich Zeit habe - gerade was diese "Differenz" insgesamt ausmachen soll zwischen "Berufsnationalisten" und "Amateuren".
Damit meine ich nicht nur den materiellen Schaden der bis zum Verlust des eigenen Lebens geht, den sich die patriotischen "Amateure" damit praktisch einhandeln.
Auch den "Berufsnationalisten" (egal ob Grüne, Rote oder Gelbe) gilt da mein Augenmerk, die ja gerade nicht ausschließlich aus beruflichen Gründen auch (als Vollstrecker der hier durchgesetzten Interessen) Nationalisten sind und eigentlich ganz unpatriotisch nur ihren "Egoismus" frönen, wenn sie patriotisch werden (so die schmierige "Kritik" von Rechts).
@goedzak, ich meine Deutschland soll an einem Krieg nicht noch
einmal beteiligt sein und schon garnicht " um als deutsche Nation.... "
Wir sind wohl einer Meinung.
Sicher richtig, gilt aber in umgekehrter Richtung auch.
Es ist so weit.
Wir werden wieder einmal langsam auf Krieg eingestellt.
Man sagt uns ,es müße so sein.
Es ist seit 8 Jahren so und hat nichts verändert.
Die Wortwahl an die Bürger werden nun verändert
und sie werden darauf eingestellt,dass Kirieg unausweichlich sei.
Für den Frieden für uns ????
Frieden muß man sich mit Krieg erkämpfen?
Mit viel Kosten die kaum jemand nachvollziehen kann?
Wenn Afganistan einigermaßen im Griff ist,
gehen sie dann weiter nach Pakistan,weil es da noch schlimmer ist?
Und dass Aufstandsbewegungen nur deshalb existieren und kämpfen könnten, weil sie über ein gewisses Maß an Legitimation in der eigenen Bevölkerung verfügten. Man denke an Frankreich, Italien oder Griechenland während des Zweiten Weltkrieges. Das trifft auf viele Regionen Afghanistans offenbar auch zu.