Die relative Stabilisierung im Irak, wie sie seit etwa einem Jahr zu beobachten ist, hat viele Gründe. Unter anderem änderte sich die militärische Strategie mit der Übernahme des Oberkommandos durch General David Petraeus. Der suchte eine engere Sicherheitspartnerschaft mit der irakischen Revgierung wie auch der irakischen Nationalarmee und zog die US-Truppen Schritt für Schritt aus den westlichen Provinzen an der Grenze zu Syrien zurückzog. So werden derzeit Anbar, Kerbela, Najaf, Muthanna, Basra und Dihiqar wieder von irakischen Administrationen und Sicherheitskräften kontrolliert.
Nur im Raum Bagdad sowie in den Regionen von Babil, Wasit, Diyala, Salahuddin, Tamim und Nineveh haben die US-Truppen ihre Militärbasen, die teilweise Heerlagern und Depots wie zu Zeiten des Vietnam-Krieges (1965–1972) gleichen. Im Norden hingegen gibt es die kurdische Autonomieverwaltung (ohne US-Militärpräsenz) in den Provinzen Dahuk, Erbil und Suleimanija, wo die Peshmerga-Milizen (mehr dazu im Freitag sowie bei Civata Kurd) das Sicherheitsmonopol beanspruchen.
Verlierer eines Disengagements der Amerikaner könnten im Übrigen die Kurden sein, deren Autonomie wohl in der neuen irakischen Verfassung von 2005 festgeschrieben ist, aber dem innerirakischen Spiel der Kräfte überlassen bleibt, solange der eigene Staat eine bloße Utopie ist. Eine starke Zentralmacht wird der nicht sonderlich gefestigten Autonomieverwaltung von Präsident Barsani in Erbil Grenzen setzen.
Eine Regierung von Premier al-Maliki in Bagdad, die nicht nur den Mut, sondern auch das Mandat hat, dies zu tun, wird das Mindeste sein, was die Amerikaner hinterlassen müssen. Geschieht dies nicht, kann die sezessionistische Versuchung zum Verhängnis werden und den Irak von innen her aufsprengen. Jeder weiß um den tiefen Dissens, den es bereits jetzt zwischen der kurdischen Führung und Premier al-Maliki darüber gibt, wie die Macht zwischen zentralen und föderalen Institutionen austariert werden soll.
Die kurdischen Parteien werden es zu verhindern suchen, von den Amerikanern auf dem Altar einer wie auch immer getimeten Exit-Strategie geopfert zu werden. Immerhin waren sie loyale Verbündete der USA, als Saddam Hussein noch den Irak führte und kurdische Autonomiebestrebungen als Hochverrat an den Interessen der Nation geißelte.
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