Der Wehrbeauftragte des Bundestages sorgt sich um das Verhältnis zwischen Politik und Armee. Dazu besteht in der Tat Anlass. Durch ihre militärische und politische Führung ist die Bundeswehr in Afghanistan unter Verdacht geraten, Militärschläge zu führen, die ihr Mandat sprengen. Ein solcher Missstand sorgt natürlich für Misstrauen, alles andere wäre der Demokratie kaum zuträglich. Doch kann es im Umkehrschluss besser sein, wenn darüber nicht gesprochen, stattdessen vertuscht und gelogen wird, damit man sich weiter ins Auge sehen kann – ob mit oder ohne Zwinkern?
Sollten nicht die tatsächlichen Umständen des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan endlich klar benannt werden? Was hilft den dorthin geschickten Bundeswehrsoldaten eine Mischung aus falsch verstandener Loyalität zwischen Militär und Politik und Wegsehen? Jetzt Klarheit zu schaffen, das kann nur den Blick schärfen für die spätestens nach der Londoner Afghanistan-Konferenz Ende Januar anstehende Entscheidung, ob das deutsche Afghanistan-Korps aufgestockt wird oder nicht.
Bundeswehrsoldaten könnten und sollten sich viel eher im Stich gelassen fühlen, weil die Berliner Politik nicht auf der Höhe der militärischen Anforderungen ist, die den Einsatz in Afghanistan seit Jahren prägen. Das Bombardement von Kunduz lässt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Reinhold Robbe sollte daher – statt nebulöse Mutmaßungen über Vertrauensbrüche anzustellen – auf ein Mandat drängen, das sich auf die Höhe der afghanischen Realitäten schraubt. Doch scheint es darum eher nicht zu gehen.
Der Wehrbeauftragte bastelt an einer neuen Dolchstoßlegende. Sie läuft auf den indirekten Vorwurf hinaus: Wer jetzt ohne Wenn und Aber aufklären will über militärische Schläge der Bundeswehr gegen den Gegner und die Zivilbevölkerung, der fällt der kämpfenden Truppen in den Rücken: Der ist genau genommen ein Verräter. Den muss die Heimatfront umgehend zur Räson bringen. Der Terror der Hysterie, wie er während des Jugoslawien-Krieges 1999 die Vernunft zur Verzweiflung trieb, ist noch gut in Erinnerung. Dem gerade eingesetzten Kunduz-Untersuchungsausschuss werden damit nicht Grenzen zugewiesen, sondern vorsorglich die Instrumente gezeigt. Robbes Intervention tangiert einerseits die Frage, was im Ausschuss auf keinen Fall öffentlich verhandelt werden darf, weil es Geheimnisschutz unterliegt und die Sicherheit der Soldaten berührt. Andererseits entsteht der Eindruck, es soll Disziplinierung gestiftet werden, bevor im Untersuchungsausschuss die erste Frage an einen Zeugen gestellt wird.
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