Dritte Kraft

Peking-Gipfel Beim Treffen zwischen Kim Jong-un und Xi Jinping gibt sich China als stiller Teilhaber der Annäherung zwischen den USA und Nordkorea zu erkennen
Strenges Sicherheitsregime am Pekinger Hauptbahnhof. Kim kam wieder mit seinem Zug
Strenges Sicherheitsregime am Pekinger Hauptbahnhof. Kim kam wieder mit seinem Zug

Foto: Nicolas Asfouri / AFP - Getty Images

Keine Frage, dass China auch bei einer Befriedung der koreanischen Halbinsel auf Ebenbürtigkeit mit den USA drängt. Seit sich die diplomatische Erstarrung zwischen Washington und Pjöngjang zu lösen beginnt, hat es drei offizielle Begegnungen von Präsident Xi Jinping mit Nordkoreas Staatsführer Kim Jong-un gegeben. Kommt es in diesen Tagen zum erneuten Zusammentreffen, und wird dies auch medial zelebriert, ist das mehr als ein Indiz dafür, dass ein weiterer Gipfel zwischen Kim Jong-Un und Donald Trump bevorsteht. Schließlich zählen zu Kims Gefolge in Peking auch Kim Yong Chol, der seit dem Singapur-Gipfel im Juni 2018 direkt mit US-Unterhändlern sondiert, sowie Außenminister Ri Yong Ho und Verteidigungsminister No Kwang Chol.

Kim in Seoul

Der US-Präsident hat ein weiteres Treffen mit Kim „in nächster Zeit“ mehrfach angekündigt (womöglich in Vietnam?), desgleichen der südkoreanische Präsident Moon Jae-in, dessen Einfluss in dieser Hinsicht nie unterschätzt werden sollte. Ohne dessen beharrliches Bemühen um vorsichtige Eigenständigkeit gegenüber den USA wäre das Verhältnis zwischen beiden koreanischen Staaten nicht derart entkrampft, wie das inzwischen der Fall ist. Immerhin soll in diesem Jahr ein Seoul-Besuch von Kim Jong-un anstehen, womit zum ersten Mal ein nordkoreanischer Führer die südkoreanische Hauptstadt aufsuchen würde

Gibt es einen zweiten Gipfel USA-Nordkorea, dürften für Donald Trump konkrete Resultate unverzichtbar sein. Einerseits hat er sich im September vor der UN-Generalversammlung „wesentlicher Fortschritte“ im bilateralen Verhältnis gerühmt, andererseits werfen ihm die Demokraten wie auch viele US-Medien vor, die Entnuklearisierung Nordkoreas so gut wie keinen Schritt vorangebracht zu haben (obwohl alle wissen sollten, wie unrealistisch ein solches Ziel ist).

Insofern muss Trump wohl bald einen substanziellen Ertrag seiner Good-Will-Diplomatie gegenüber Pjöngjang vorweisen. Freilich wird mit substanziellen Konzessionen Kim Jong-uns bei den atomaren Potenzialen seines Landes nur zu rechnen sein, wenn sich die USA zu ebenfalls substanziellen Sicherheitsgarantien für seinen Staat durchringen, die letzten Endes auch seinem Gesellschaftssystem und Regime zugute kommen.

Wenn der US-Präsident das nicht riskieren will, werden Zugeständnisse unumgänglich sein, mit denen einzelne Forderungen Pjöngjangs erhört werden: Zum Beispiel, indem die US-Truppenpräsenz in Südkorea spürbar vermindert wird, desgleichen die Zahl der Manöver mit den südkoreanischen Streitkräften, die für einige Zeit ganz abgesagt werden könnten. Das heißt, es stehen Entscheidungen an, die den Sicherheitsbedürfnissen Nordkoreas, aber eben auch Chinas entgegenkämen.

Sanktionen noch haltbar?

Und wenn die USA soweit gehen, Kim Jong-un durch Zugeständnisse als Partner auf Augenhöhe zu respektieren, wirft das die Frage auf: Können dann die Wirtschaftssanktionen im jetzigen Umfang noch gerechtfertigt sein? Sowohl die der Amerikaner wie die vom UN-Sicherheitsrat verhängten Maßnahmen? An dieser Stelle kommen wiederum chinesische Interessen ins Spiel, da momentan neun Zehntel des nordkoreanischen Außenhandels mit oder über China abgewickelt werden, und immer wieder der Vorwurf laut wird, allein bei der Rohstoffversorgung werde das geltende Embargo nicht immer eingehalten.

Donald Trump werden die seine Nordkorea-Politik flankierenden Chinesen vermutlich nicht gelegen kommen, Kim Jong-un hingegen kann die seine USA-Politik sekundierenden Partner in Peking ganz gut gebrauchen. Als Rückhalt auf jeden Fall, denn jähe Wendungen sind möglich. Es wäre nicht das erste Mal, dass im Umgang mit den Vereinigten Staaten alles zur Disposition steht, was man erreicht glaubte.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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