Eine Ansage als Absage

Euro-Dämmern Während die Börsen wackeln, muss sich die Eurozone auf den Absturz der nächsten Großschuldner einstellen. Können Italien und Spanien "gerettet" werden wie Griechenland?

Es kann gut sein, dass in diesen Tagen der Stab über die Eurozone endgültig gebrochen wird und das Schicksal der Gemeinschaftswährung besiegelt ist. Die von der deutschen Politik artikulierte Abstinenz, einem ins Trudeln geratenen Pleitier wie Italien zu helfen – Argument: Das Land sei zu groß, um in diesem Fall einen Fall aufzuhalten – ist ein gnadenlos klares Signal an die Finanzmärkte: Helft euch selbst! Wenn Italiens Gläubiger in dem Eindruck bestärkt werden, ihr Klient kann seine Schulden überhaupt nicht mehr oder bestenfalls gestundet zurückzahlen, kommt das einem vernichtenden, aber eben auch gerechtfertigten Urteil gleich. Da müssen die Rating-Agenturen gar nicht mehr mit ihrem Bonitäts-Zertifikat zulangen. Ein sich aufbäumender Zinskurs sagt genug. Er macht das Refinanzieren von Staatsanleihen zur selbstmörderischen Fron. Unter diesen Umständen pumpt sich die Mutmaßung zur Gewissheit auf, dass nach der Regierung in Athen auch die in Rom ihre Verbindlichkeiten nur noch mit einem Schulterzucken quittieren kann. Wie auch anders bei Staatsschulden von 1.800 Milliarden Euro, die augenblicklich bei 120 Prozent der italienischen Bruttoinlandsproduktes liegen? Wie anders bei einer Wirtschaft, die nicht unbedingt mit beeindruckenden Wachstumsraten oder -prognosen glänzt?

Liegt die Verheißung eines auch hier unumgänglichen Schuldenschnitts erst einmal in der Luft, ist sie dazu angetan, Märkte und Börsen in Panik zu versetzen. So viel kann die Europäische Zentralbank (EZB) durch den Ankauf maroder spanischer oder italienische Papiere gar nicht gegensteuern, um das aufzuhalten. Die große Verunsicherung donnert wie eine Lawine zu Tal. Hätte Angela Merkel die Sorge um den Partner Italien in einen simplen Acht-Worte-Satz gekleidet – zum Beispiel: Wenn nötig, gehört auch Italien unter den Euro-Rettungsschirm – hätte das dessen Kreditwürdigkeit gewiss nicht wiederbelebt, aber die restlose Abschreibung derselben aufgehalten. Wer Zeit gewinnt, kann in dieser Situation Kursstürze auffangen. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. So aber ist die Absage an Italien auch eine vorweggenommene an Spanien. Mehr noch: Wenn die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone in Richtung Insolvenz driften, ist der Abgesang auf den Euro innerhalb einer Währungsunion, die kein System der politischen und ökonomischen Synchronisation und Solidarität sein will. Also zerfällt. Ein Entkommen aus dem globalen Krisenkarussell hat sich dann erst recht erledigt.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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