Im Spätsommer 1978 ist Ägypten gerade aus der Front der Standhaften gegen Israel ausgeschert, und US-Präsident Carter kann mit dem Camp-David-Abkommen eine Verständigung zwischen Kairo und Tel Aviv vermitteln. Davon bleiben die Palästinenser ebenso ausgeklammert wie Jordanien und Syrien als Gegner Israels in den Kriegen von 1967 und 1973. Auch die Sowjetunion wird von den USA auf Abstand gehalten, sodass es nicht weiter erstaunt, als Damaskus und Moskau enger zusammenrücken. Präsident Hafez al-Assad, der Vater des heutigen Staatschefs, unterschreibt am 8. Oktober 1980 einen „Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und der Syrischen Arabischen Republik“. Darin heißt es in Artikel 6, dass bei einer „den Frieden oder die Sicherheit bedrohenden Situation die Hohen Vertragschließenden Seiten unverzüglich miteinander in Kontakt treten, um ihre Positionen … zu koordinieren“. Hervorgehoben wird in Artikel 10 die militärische Kooperation. Wie bei derartigen Verträgen üblich, werden sie verlängert, solange keine der „Vertragschließenden Seiten“ kündigt und das spätestens sechs Monate vor Ablauf eines Jahrfünfts offiziell mitteilt (Artikel 14).
Da seit 1980 nichts dergleichen geschieht, gilt das Abkommen bis heute und legitimiert das russischen Eingreifen in Syrien seit September 2015, zumal sich laut offizieller Erklärung des russischen Außenministeriums vom 2. März 2012 Russland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion ausdrücklich zum Agreement von 1980 bekennt. Allerdings wird Wert auf den Hinweis gelegt, dass Artikel 6 ein klassisches Konsultationsgebot beschreibe und keine Beistandsklausel enthalte.
Als sie 2015 in Moskau um militärischen Beistand nachsucht, ist die Regierung Assad demnach aus drei Gründen dazu berechtigt: Sie kann sich nach Artikel 51 der UN-Charta auf das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung, auf das bilaterale Abkommen von 1980 und den Umstand berufen, als Exekutive eines Staates zu handeln, der durch seine Mitgliedschaft in der UNO als Völkerrechtssubjekt anerkannt ist.
Verstoß gegen UN-Charta
Russland wiederum ist laut Völkerrecht der „zur kollektiven Verteidigung eingeladene Staat“, der helfen kann, weil sich der syrischen Staat selbst helfen darf, wenn er einer Auseinandersetzung mit Kombattanten in einem „nicht-internationalen bewaffneten Konflikt“ ausgesetzt ist. Das heißt, man hat es in Syrien mit einem Afghanistan vergleichbaren Konflikttyp zu tun, auf den sich nicht zuletzt die ISAF-Mission zwischen 2001 und 2014 bezog, als es einen „friedenserzwingenden Einsatz“ unter maßgeblicher Verantwortung der NATO gab. Dabei gilt in beiden Fällen, das vom allgemeinen Völkerrecht vertretene Prinzip, wonach sich ein Staat gegen innere Aufstände wehren kann, darf nicht zu Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht führen. Danach sind Chemiewaffen und Landminen ebenso verboten wie Angriffe auf Hilfskonvois und Krankenhäuser, woran sich alle Konfliktparteien – besonders die jeweiligen Regierungsautoritäten – zu halten haben.
Wie rechtskonform handeln die USA und andere Staaten, wenn sie Rebellenformationen in Syrien seit 2012 durch Geld, Waffen und militärisches Training unterstützen? Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages trifft dazu in einem Gutachten vom 11. Juli 2018 klare Aussagen, indem er ein solches Verhalten als Verstoß gegen das Gewaltverbot nach Artikel 2, Absatz 4, der UN-Charta wertet. Dort heißt es: Jedes UN-Mitglied enthalte sich der Gewaltandrohung oder -anwendung, „die gegen die territoriale Unverletzlichkeit und politische Unabhängigkeit“ eines Staates gerichtet sei. Und wie sehr Syriens territoriale Integrität seit 2011 gelitten hat, steht außer Frage. Daraus lässt sich gleichsam ableiten, dass der Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs vom 14. April 2018 gegen syrisches Hoheitsgebiet sowohl gegen das Gewalt- wie auch Interventionsverbot der Vereinten Nationen verstoßen hat. Dies umso mehr, als Untersuchungen nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz vom 7. April 2018 in der Stadt Duma durch Experten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) zum Zeitpunkt des Angriffs noch andauerten. Ohnehin gebührt nach Artikel 42 der UN-Charta allein dem Sicherheitsrat das Recht, über Gewaltmaßnahmen gegen Staaten zu entscheiden.
Kommentare 22
Au, au – da werden Sie sich einen Haufen Kritik einhandeln. So präzise möchten viele die Rechtslage in Syrien nicht beschrieben bekommen.
Glückwunsch!
Aber Hand auf`‘s Herz: Jeder, der noch alle Tassen im Schrank hat, muss sich doch auch ohne große Rechtsbelehrung sagen, dass die fünf Zerstörungskriege, mit denen fünf muslimische Nationen zerstört wurden, nicht rechtens sein können. Kriege, außer Verteidigungskriege, sind niemals gerechtfertigt.
Darüber sollte der Westen mal nachdenken …
„Vergessen Sie nicht, dass Russland im Interesse der allgemeinen Sicherheit und des Friedens in Europa freiwillig riesige Territorien an die ehemaligen Republiken der Sowjetunion abgegeben hat; darunter auch solche Territorien, die historisch immer zu Russland gehört haben.“ W.W.P.
UND
Ein Tipp Bahrs "In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt." … Interessen haben nicht nur WIR! Und mit Kriegslügen wie im Irak oder der katastrophale “Arabische Frühling“ - hat eine dümmliche Kurzsichtigkeit - der die immer so demokratisch daherkommen - den letzten das gruseln gelehrt. Völkerrecht? Setzt der durch, der die “größte Kanone“ hat! Fortschritt nennt man das ??? Doppelmoral u. Heuchelei das ist Zeitgeist!
So brutal es klingen mag, in der heutigen Weltgesellschaft ist der Gebrauch des Krieges für kapitalistische Akteure eine Kosten-Nutzen-Rechnung, bei der sie sich allerdings, wegen Überheblichkeit gegenüber Russland u. China - oft verrechnen!
Es klingt nicht nur brutal! – Es ist brutal! Und ich warte schon auf die Welterklärer in dieser Community, die uns das als ganz was Natürliches erklären.
Naja, Bahr hat ja schon auf seine Art die "Normalität der Brutalität" BESCHRIEBEN und nicht angeklagt. Mir scheint, dass dies heute fast das Optimum an aufklärerischen Möglichkeiten ist.
Danach kommt das eigenverantwortliche Denken - dies in konkrete Handlungen umzusetzen bleibt eine einfach zu erfüllende Aufgabe, die jedoch mit Machtverlust/Machtverschiebung verbunden ist und dazu scheint mir NIEMAND (der Mächtigen) bereit und die von ihnen geschaffenen Strukturen erfordern auch die Selbstermächtigung ALLER ... eine "Selbstermächtigung" ohne Machtmißbrauch (wie es Snowden tat)
Klar, und Assad mordet und foltert hemmungslos weiter. Er setzt Giftgas ein und verübt ethnische Säuberungen. 10 Millionen Syrer sidn geflüchtet und du sitzt hier und applaudierst Assad begeistert für seine brutalen Verbrechen und Menschenrechtsverstösse. Für dich aber völlig unproblematisch.
Stimmt, deswegn hat Russland als kapitalistischer Akteur ja auch seinen Krieg gegen die Ukrainer und Krimtataren begonnen. Die Krim ist erobert im Donbass morden Putins Nazibanden, aber die Kosten-Nutzen-rechnung scheint ja bisher für den Kreml aufzugehen.
Für die von dir behaupteten Giftgasanschläge Assads hast du sicherlich auch Beweise! Oder?
»10 Millionen Syrer sidn geflüchtet und du sitzt hier und applaudierst Assad begeistert für seine brutalen Verbrechen und Menschenrechtsverstösse.«
Hier kannst du dich sachkundig machen.
Ich diskutiere gerne mit Ihnen, aber lassen Sie die Nowitschok Pulle zu, die wird bei den Briten benötigt! ( “ Putins Nazibanden “ ) Was soll das denn …???
Kommst du mit den Fakten nicht klar? Warunm unterstützten eigentlich alle Faschisten, Holocaustleugner und Nazis in Europa Putins Kriege und Massenmorde?Deine Freunde vom Front National werden sogar vollständig von Putin finanziert und die FPÖ lädt diesen massenmörder sogar zu privaten Feierlichkeiten ein.Deine Kameraden vom NPD-Ortsverein feiern ihn doch genauso wie du
Bitte lesen Sie den Beipackzettel Ihrer Medikamente oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker
Hm, ihre Sätze klingen wie die der Neo-Nazis und zwar der ganz extremen. Wem wünschen sie sonst noch Folter? Hätten sie gerne einen Folterstaat?
Was sind Sie denn für einer? Eine rechte Sockenpuppe?
Oder militanter Syrer oder Ukrainer?
Wenn er Clausthaler trinkt, wird es wohl ein Moslem sein.
Als Ukrainer wäre es wohl Khortytsya.
Aber doof-militant ist er sicherlich.
Es ist üblich ( so wurde ich erzogen ) das man Leute nicht mit Du anquatscht ohne Erlaubnis. Ausnahme wäre, wenn Sie mit mir schon 30 Sekunden an einen geladen Weidezaun gepinkelt hätten …
Was die Flüchtlinge betrifft, wäre zu bemerken, dass die Mehrzahl der Flüchtlinge in Syrien Binnenflüchtlinge sind, die vor den "Segnungen" der Opposition auf das vom Syrischen Staat kontrollierte Gebiet geflohen sind.
Das UNHCR gab 2015 die Zahl der syrischen Binnenflüchtlinge auf den mit etwa 7,6 Millionen an (http://www.unhcr.org/559d67d46.html) wobei das UNHCR keine konkreten Angaben machte, auf welchem Herrschaftsterritoritum diese Flüchtlinge leben. Nach meiner Erinnerung waren es (geringfügig mehr als ) ca. 7 Millionen Binnenflüchtlinge die vor der syrischen Opposition auf das vom syrischen Staat kontrollierte Gebiet geflohen waren. Ich finde aber die Zahlen nicht mehr.
Genau, die Leute sind aus den Gebieten geflohen, die Assads Terrorregime und Putins Mörderbanden bombardiert haben. Aber diese kriegsverbrecher werden sich für die Bombardierung von Zivilisten in Den Haag verantworten müssen.Und den Fans von Assad wünsche ich eine Fassbombe vors Haus, damit sie den Terror des Monsters am eigenen leib geniessen dürfen
Am 13.07. extra für @Ulrich Heyden angemeldet und anschließend pöbeln Sie sich durch die FC. Anscheinend sind Sie bisher dem Freitag noch nicht aufgefallen, aber dass lässt sich ja schnell ändern.
Das geht jetzt aber wirklich zu weit!
Lange geht das nicht mehr gut.
Tagesgespräch mit Harald Kujat zur Verschärfung der Lage in Syrien ...▶ 5:25https://www.youtube.com/watch?v=We-DfooB9XY12.04.2018 - Hochgeladen von phoenix"Nein, es ist kein neuer kalter Krieg, sondern wir stehen an der Schwelle zu einem heißen Krieg ...
Der Artikel beschreibt völlig richtig die gegenwärtige Lage in Syrien. Was also wäre zu tun? Der Hegemon aus Übersee nutzt jede sich bietende Gelegenheit, um mit wirtschaftlicher und militärischer Gewalt seine globalen Interessen durchzusetzen. Dabei nimmt er auf völkerrechtliche Regelungen genauso wenig Rücksicht, wie auf, zynisch als Kolleteralschäden vernietlichte, Menschenopfer. Das kann er sich alles leisten, weil seine "Verbündeten", die eher Vasallen sind, ihn dabei demagogisch und verlogen, durch stillschweigende Billigung oder gar offene Beteiligung, unterstützen. Die derzeitigen Mißtöne zwischen dem Trump-Regime und den Europäern sollte man nicht überbewerten. Pack schlägt sich und Pack verträgt sich. Gut, dass die Russen dem Ruf nach Beistand gefolgt sind und dem geplanten Regime-Change ein Strich durch die Rechnung gemacht haben. Gar nicht auszudenken, welche Flüchtlingsbewegungen entstanden wären, hätte eine fundamentalistisch-islamische Terrorbande dort die Macht übernommen. Wohin die Flüchtlinge geströmt wären, dürfte klar sein. Sicher nicht ins Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten.
Danke für diese Bestandsaufnahme der völkerrechtlichen Situation, die man in etablierteren Medien vergeblich sucht. Ergänzend sollte man aber auch noch darauf hinweisen, dass das NATO-Führungspersonal ganz offen zugibt, nicht viel auf das Völkerrecht zu geben. So schrieb Klaus Naumann (1999 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses) kurz nach Beendigung des Krieges gegen Jugoslawien:
"Wir haben Ihnen gezeigt, dass sie keine Chance haben, Interventionen der NATO durch ein Veto Russlands zu verhindern. Und ich hoffe, Moskau hat das verstanden." (Truppenpraxis, Wehrausbildung)
Konsequenterweise ist in den Empfehlungen der NATO zur eigenen "strategischen Kommunikation" denn auch keine Rede mehr vom Völkerrecht, sondern es wird empfohlen, Greueltaten des Feindes als Begründung für militärische Angriffe anzugeben:
"Key Principles for NATO Strategic Communications:Emphasize the human rights aspects of the conflict. [...] In Iraq in 2003, the Bush administration made a major strategic mistake in emphasizing the possession of WMDs by the Saddam Hussein regime. [...] If the evidence of Saddam Hussein’s atrocities had been widely publicized the public support for the war would have been much stronger. [...] In all future conflicts NATO should deploy sizable media teams to record and publicize the human rights abuses of the enemy and should bring evidence before the public immediately and continually." (JAPCC Conference 2015)