Der selbst ernannte, durch keine Wahl legitimierte „Präsident“ Juan Guaidó dürfte seine Gönner in Washington, Berlin, Brasilia, Bogota und anderswo zur Verzweiflung bringen. Erneut hat er versucht, einen seit nunmehr drei Monaten geführten, aber bislang erfolglosen Machtkampf auf die Spitze und zur Entscheidung zu treiben. Diesmal sollte ihm die Armee Venezuelas – zumindest ein relevanter Teil davon – zum Durchbruch verhelfen, auch wenn damit womöglich ein Bürgerkrieg in Aussicht stand und mit Tausenden von Toten zu rechnen war. Offenbar darf der Preis für einen Regimewechsel hoch sein, Hauptsache er findet statt. Die Putschisten adelt der Präsidentensturz.
Die in deutschen Medien geäußerte Vermutung – Guaidó habe nicht zuletzt die USA zum Handeln und zur Intervention treiben wollen – ist Ausdruck von Wunschdenken. Wer glaubt ernsthaft, dass es Donald Trump riskiert, anderthalb Jahre vor der nächsten US-Präsidentschaftswahl mit Truppen in Venezuela einzumarschieren? Da mit Widerstand zu rechnen sein würde – sei es durch die venezolanischen Streitkräfte, sei es durch die in Milizen formierten Anhänger des Chavismus – würden Opfer auf amerikanischer Seite kaum ausbleiben. Auch könnte man schwerlich abziehen, bevor nicht die Situation im Sinne der USA und der venezolanischen Rechten vollends bereinigt sein würde. Spätestens hier wird klar, wie sehr eine Intervention zum Wagnis geriete, um nicht zu sagen: gefährlichen Abenteuer.
Wie soll Trump ein US-Besatzungskorps, das in einen möglichen venezolanischen Bürgerkrieg verstrickt ist, im Wahlkampf erklären? Seit drei Jahren verkündet er: Die USA sind nur noch für sich selbst da. Sie ziehen sich aus Konflikten zurück, die sie belasten – Syrien, Irak, Afghanistan. Sie holen nicht mehr für andere die Kastanien aus dem Feuer.
Verhängnisvolle Tradition
Um einiges plausibler erscheint stattdessen, dass nicht Guaidó mit seinen US-Paten, sondern die mit ihrem Mündel in Caracas die Geduld verloren haben und Taten sehen wollen. Sieht sich der Maduro-Herausforderer gezwungen, die Flucht nach vorn anzutreten, um endlich zu „liefern“ und für die konziliante Protektion vieler westlicher Staaten zu danken? Schließlich ist gerade der deutsche Außenminister, der Guaidó bereits anerkannt hat, in der Gegend unterwegs. Heiko Maas hat mit Jair Bolsonaro den Militärdiktaturen schätzenden Präsidenten Brasiliens und mit Iván Duque den nicht groß anders gepolten Staatschef Kolumbiens besucht, da wären sicher auch Glückwünsche für einen siegreichen Putschisten in Caracas abgefallen. Aber was jetzt nicht ist ...
Guaidó hat oft genug beschworen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis die venezolanische Armee umschwenkt, ihre Generäle zu ihm überlaufen und Nicolás Maduro fallen lassen. Der Beweis schien fällig, dass er sich nicht irrt. Dass er zum Realpolitiker taugt, nicht zum Hasardeur.
Für einen per Staatsstreich ausgelösten Regime change hätte es in Washington kaum an der nötigen Rückendeckung gefehlt. Dass es koordinierte Vorkehrungen gab, darauf verweist allein das Verhalten des Anti-Maduro-Lagers in Lateinamerika. Kaum hatte sich Guaidó am 30. April mit einer Gruppe aufständischer Soldaten gezeigt, veröffentlichte die Lima-Gruppe eine Erklärung. Darin hieß es, man solidarisiere sich mit Guaidó und werde das von ihm installierte Regime anerkennen. Besonders die derzeitigen Führer Brasiliens, Argentiniens, Perus, Guatemalas und von Honduras dürften wissen, welchem Götzen sie zu Gefallen sind. Durch ihr Bekenntnis zu einem gewaltsamen Machtwechsel in Caracas bedienen sie die verhängnisvolle Tradition des Putschismus von rechts, vor der man glaubte und hoffte, dass sie der Subkontinent nach den Diktaturen der Pinochet, Videla, Stroessner, Somoza, Bordaberry und manch anderer für immer hinter sich haben würde.
Weltpolitisch aufgeladen
Und noch etwas verdient Beachtung, wenn es stimmt, was US-Außenminister Pompeo verbreitet, dass nämlich Präsident Maduro kurz vor der Flucht nach Cuba stand, aber von Russland überzeugt wurde, nicht zu kapitulieren, dann lässt sich daraus ersehen, wie sehr die Schlacht um Venezuela inzwischen als internationaler Konflikt firmiert und die Weltpolitik beschäftigt. Da sich auch China gegen einem Sturz Maduros, stattdessen für eine politische Lösung ausgesprochen hat, bleibt für die derzeitige Führung in Caracas vielleicht mehr als eine Gnadenfrist. Maduro jedenfalls konnte nichts Besseres einfallen, als den mutmaßlichen Heilsbringer Guaidó als freien Mann gewähren zu lassen. Unter diesen Umständen gerät er womöglich schneller an die Grenzen seiner Möglichkeiten als in Haft, im Hausarrest oder im Exil.
Kommentare 33
Dass Aufständische die "tatsächlichen Kräfteverhältnisse nicht richtig einschätzen", ist ja nicht per se ein Argument. Das wird wohl bei allen solchen der Geschichte und bei allen Revolutionären irgendwie der Fall gewesen sein. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Guaido, der offenbar 'wie aus dem Nichts' und rasend schnell das erfolgversprechende Gesicht der Opposition in Venezuela wurde, wurde das gewiss nicht ohne ausländisches Zutun. Freilich wissen wir nicht genau, ob gerade die Zuspitzungen der jüngsten Zeit, wie die Totalstromausfälle, nicht zu einer von außen lancierten Strategie gehören, die passend einhergeht mit dem Aufkommen einer 'Lichtgestalt'. Etwas gänzlich Neues wäre so eine Strategie ja nicht. Und tatsächlich ist ja erstaunlich, dass sich angesichts der extremen Lebensumstände in Venezuela Maduro immer noch halten kann. Ein Skandal sondergleichen ist freilich, wie ein Guaido die Anerkennung so vieler Staaten, einschließlich Deutschlands, genießen kann. Wohlgemerkt nicht als Oppositioneller, sondern als designierter Staatspräsident Venezuelas. Es ist die sattsam bekannte Doppelzüngigkeit insbesondere der selbsternannten westlichen Flaggschiffe in der Verteidigung demokratischer Verhältnisse.
Guten Abend Herr Herden! Danke für ihren Artikel. Guaido ist auch ein Bürgerkrieg recht.Ich hatte gehofft,daß genau Das ausbleibt,wusste aber diese Denke ist unrealistisch.Der amtierende Außenminister ist meiner Meinung nach nicht gewillt eine andere Politik wie die Vorgegebene umzusetzen.
<<wenn es stimmt, was US-Außenminister Pompeo verbreitet, dass nämlich Präsident Maduro kurz vor der Flucht nach Cuba stand, aber von Russland überzeugt wurde, nicht zu kapitulieren>>
Es wird ja auch noch die Variante kolportiert, Guaidó sei auf einem guten Wege gewesen, die Armeeführung auf seine Seite zu ziehen, als ihm plötzlich die Verhaftung gedroht habe und er deshalb verfrüht mit den wenigen Soldaten losschlagen musste, die er bereits auf seiner Seite hatte.
Die USA verfügen über genügend Waffentechnik um bei einem militärischen Eingreifen, die eigenen Verluste zu minimieren. Russland und China werden zwar protestieren, aber nicht wagen, militärisch im Hinterhof der USA gegen einen Militäreinsatz der USA vorzugehen. Das läuft reziprok zur Lage in Syrien. Da unternimmt die USA auch nichts militärisch gegen den Platzhirsch Russland.
Guaidos Rolle für den letzten Akt ist von den Autoren im Petagon vermutlich längst der unrühmlichen Realität angepasst worden. Vom lebenden Freiheitshelden zum toten Märtyrer. So ließe sich das Land vielleicht doch noch einigermaßen "elegant" ins strategische Chaos stürzen. Dieser „tragische“ Hans Wurst scheint dumm genug, von seiner zukünftigen Rolle als unsterbliche Freiheitsleiche noch keinen Schimmer zu haben.
"Heiko Maas hat mit Jair Bolsonaro den Militärdiktaturen schätzenden Präsidenten Brasiliens und mit Iván Duque den nicht groß anders gepolten Staatschef Kolumbiens besucht..." Man könnte auf den Gedanken kommen, diesen Außenminister für eine grandiose Fehlbesetzung zu halten. Leider läge man damit völlig falsch: Das Hofieren solcher Regimes, die Anerkennung eines Abenteuerers, der sich und seiner Klientel gleich ein ganzes Land unter den Nagel reißen will, als Präsidenten, die Arschkriecherei bei Mr. Trump, Waffengschäfte mit Mörderstaaten wie Saudi-Arabien, all das ist exakt die "Politik zum Wohle der Wirtschaft", für die sich auch eine SPD in der GroKo nicht schämt. Warum soll also das Bübchen Heiko da nicht mitspielen? Vielleicht hat man sich ja mit Guaido verzockt, das wäre aber dann Pech, mehr aber auch nicht.
Man kann wohl davon ausgehen, daß Geheimdienste und Gelder im Land schon aktiv sind und für diese spielt die Bevölkerung die geringste Rolle. Interessen außerhalb des Landes spielen die größte Rolle. Also wie meist und keine Überraschung.
Es sieht so aus als würde es für Maduro immer enger. Selbst wenn Guiadó jetzt gescheitert ist, dann bedeutet das noch lange nicht, dass Maduro das Land und das Militär dauerhaft an sich binden kann. Die Befreiung von López ist auf jeden Fall ein Erfolg. Mich wundert etwas, dass Guiadó so eine besondere Rolle innenpolitische spielen kann, er gehört einer Partei an, die Teil des Oppositionsbundnisses von links bis rechts ist. Er ist nicht der Vorsitzende der Partei, sondern besagter López, und die Voluntad Popular ist nicht größte Partei des Bündnisses MUD, welches aus 16 Parteien besteht. Manche dieser Parteien stellen Gouverneure von Bundesstaaten. Wenn die Regierung von Uruguay, die ich sehr schätze, feststellt, dass Maduro seit 2016 den Weg der Demokratie verlassen hat, dann nehme ich an, dass sie Recht hat. Aber wie stehen die Mitglieder der MUD zu den Vorfällen mit Guiadó? Wünschen da alle einen Bürgerkrieg? Ist er jetzt der Führer der MUD? Leider wird nicht im Detail über die Innenpolitik Venezuelas berichtet, nur oberflächlich. Das ist bedauerlich.
liebe milena.
ca. 2 millionen venezolaner haben dem land,
sicher nicht leichten herzens, den "rücken gekehrt".
mich erinnert diese als "revolutionäres wagnis"(miaux)
genehmigte politik an honnecker/andere, die den abgängigen DDR-bürgern
auch "keine träne nachweinte".
einem bürger-krieg voraus gibt es: ignorierte umkehr-punkte.
s.o.
Sie zeigen sich informiert und abgebrüht,
wissend um die welt-politischen dinge.
welche rolle spielt bei Ihnen die venezolanische bevölkerung?
auch für Sie ist alles "sattsam bekannt",
sie sehen überraschungs-frei dort in der ferne
eine politische mechanik walten, die nicht "gänzlich neu" ist.
wo kommt Ihr erstaunen her, daß sich maduro halten kann?
mein fazit zu diesem beitrag des erprobten erkenners
würfel-spielender politiker: lutz herden:
die vor-gabe im beitrag generiert die kommentare.
geschwätz, daß sich seiner aufgeregtheit versichert,
kommt nicht von ungefähr.
die auflösung des sowjetischen schutz-schildes über der DDR:
nicht nur eine "intervention zum wagnis",
sondern: "ein gefährliches abenteuer" ?
Das System der geistigen Manipulation in der Europäischen Union.
Von den heutigen geistigen Manipulationsmöglichkeiten konnten die historischen NS-Kapital-Faschisten nur träumen und wären dabei immer noch um Generationen von der aktuellen Wirklichkeit entfernt.
Auch über die weltweite mediale geistige Manipulation, via privater und staatlicher Verbildungs- und Verblödungs-Einrichtungen, einschließlich Internet-Handy-Smartphone, gibt es heute eine real wirkende Massenverdummung der weltweiten Bevölkerungen. Dabei quer durch alle sozioökonomischen Schichten und Klassen der jeweiligen feudalen und kapitalistischen Gesellschaftsordnung und Klassengesellschaften. Die breiten Volksmassen werden nahezu vollständig und ausnahmslos, vom Analphabeten bis zum bürgerlichen Universitätsprofessor und angehenden Nobelpreisträger, unter tiefenpsychologischer Kontrolle gehalten.
PS: Aktuell spielt der sozialdemokratische Bundesaußenminister Maas seine Rolle als Zuhälter einer möglichen militärischen US-Intervention.
“sie sehen überraschungs-frei dort in der ferne
eine politische mechanik walten, die nicht "gänzlich neu" ist.“
Ich hoffe, das nicht richtig zu sehen.
Auf jeden Fall sprach die von Maas gestern in Bogota abgegebene Erklärung zu Venezuela Bände und bestätigt, was Sie hier bereits ausgeführt haben. Man ist vollends auf US-Linie, dabei hatte doch Maass vor noch nicht allzu langer Zeit proklamiert, dass sich die EU mit einer eigenständigen Außenpolitik mehr Distanz zu den USA leisten müsse.
Heiko Maas – der schlechteste Außenminister den “wir“ haben/ hatten! Und aufhorchen sollte man schon, wenn ein ehemaliger Justizminister sagt: "Unsere Unterstützung für Juan Guaidó hat sich in keiner Weise geändert," sagt Außenminister Maas nach einem Treffen mit seinem brasilianischen Amtskollegen Araujo. Stichwort: “Bundestagsjuristen rügen erneut Venezuela-Politik der Bundesregierung“ Herr Maas macht sich die Wel,t wie ihm es gefällt! Aber mit singen und stolpern haben ja die Sozialdemokraten Erfahrung!
Strategen jeglicher Couleur gilt das Schicksal von Menschen nur dann etwas, wenn es die eigenen Ziele tangiert. Da unterscheiden sich weder Autokraten von Demokraten, noch Berufspolitiker von Freizeit-Weltdeutern.
Im Stiften von Unheil um höherer Ziele willen stehen Linke und Rechte, Demokraten und Autokraten Seit an Seit.
Ich erinnere an den letzten kollabierten Putschversuch der USA in Venezuela: Der Comandante der Revolución Bolivariana, Hugo Rafael Chávez Fría, dreimal mit 70%iger Mehrheit zum Präsidenten gewählt, hatte durch Verstaatlichung nationaler Ressourcen den Zorn der Amis auf sich gezogen. Am 11.4.2002 initiierten aus der US-Botschaft in Caracas US-Militärs des Marine Corps & CIA-Agenten einen Staatsstreich, ließen Chávez von gedungenen venezolanischen Soldaten internieren und setzten als Übergangspräsident die US-Marionette Pedro Carmona ein. Der Genannte wurde sofort von Washington & Spaniens Regierung unter dem Präsidenten José María Aznar - hier in Spanien genannt "perrito yanqui" oder George Bushs Pudel - diplomatisch anerkannt. Nach 48 Stunden brach der Putsch zusammen und Carmona floh in die USA. Den Funkkontakt wickelten die Putschisten über ein vor der Küste ankerndes Schiff der US Navy ab. --- Die heutigen Machenschaften in Venezuela werden von der Ami-hörigen Merkel derart stümperhaft unterstützt - verifiziert durch den NATO-Toyboy Maas - so daß kürzlich der deutsche Botschafter Kriener wegen Verletzung diplomatischer Etikette und Interferenz in interne Angelegenheiten zur Schande Deutschlands als persona non grata ausgewiesen wurde.
tja, so leicht ließ sich US-marionnetten damals der faden abschneiden.
nach 17 jahren siehts anders aus:
da ist wohl einiges inzwischen anders gelaufen....
Nicht nur im Fall Venezuelas offenbaren sich die wahren Verhältnisse zu Demokratie ,Freiheit, Völkerrecht, Menschenrecht, denen man ja angeblich auch den Eid geschworen hat. Den Offenbarungseid.
Auch in Europa zeigen sich hinter bröckelnden Stukkfassaden und dem abplatzenden Lack der "Kulturen" die wirklichen/-enden Herrschaftsverhältnisse, denen Demokratie, Freiheit, Menschen- und Völkerrecht und ganz allgemein der Rechtsstaat SOFORT am Arsch vorbeigehen, wenn es den Herrschaftsinteressen nur minimal entgegensteht. Und Herrschaft und Interesse heisst immer: GELD- und Grundbesitz und GEWALTmonopol. Man kann hinsehen wo man will:
der Fall England/Assange - man scheisst auf den Rechtsstaat
der Fall Venezuela/Maduro - man scheisst aufs Völker/Menschenrecht und den Rechtsstaat
der Fall Katalonien/Katalonien - man scheisst auf den Rechtsstaat
der Fall Frankreich/gelbe Westen - man scheisst auf den Rechtsstaat
der Fall Deutschland/G20 - man scheisst auf den Rechtsstaat
um nur die prominentesten Fälle zu erwähnen, die fast exklusiv nach Notwendigkeit in den deutschen Herrschaftspostillen mit deren Herrschaftssprache "diskutiert" und verbogend werden, bzw. dem Bürger und Arbeiter als Denkbrocken hingeworfen werfen.
Damit es auch nächste Woche (aka in 4 Jahren) wieder heisst: Das haben wir doch schon längst besprochen!
Was für eine Witzveranstaltung...
Sehr gut geschrieben. Hat mich zum nachdenken angeregt!
Die Außenpolitik Deutschlands ist rational nicht nachvollziehbar. Eine zielgerichtete Agenda ist nirgends vorhanden. Maas und Merkel stolpern planlos über die Fallstricke der Weltpolitik, während entschlossenere Akteure Tatsachen schaffen.
Kann man auch ein wenig anders sehen: Es nun mittlerweile ganz unverhüllt offenkundig, wer tatsächlich die aussenpolitische Richtung der BRD vorgibt.
Hat BMW schon einem Asylantrag in Venezuela gestellt?
Es ist richtig und notwendig, die Defizite und Fehler von Guaidó und die Interessen der Staaten zu analysieren, die seinen Griff zur Macht unterstützen. Ebenso verdienstvoll wäre es, die Praktiken der aktuellen chavistischen Machthaber in den Blick zu nehmen, die ihren „Sozialismus für das 21.Jahrhundert“ offenbar nur mit den Waffen und der Gewaltbereitschaft der von ihnen installierten 2000 Generäle schützen können. Ich wüsste gern, warum ein Regime, das der Bevölkerung elementare Versorgung und Sicherheit nicht garantieren kann/will, Anspruch auf deren Loyalität und Leidensbereitschaft haben sollte. Und warum es die Pflicht von Linken in Europa und anderswo sein sollte, sich mit diesem gescheiterten Machtsystem zu solidarisieren - die Berufung auf die Notwendigkeit des Widerstands gegen US-amerikanischen Imperialismus und die regierenden südamerikanischen Konterrevolutionäre reicht m.E. nicht aus, das Risiko des Bürgerkriegs und eines internationalen Konflikts zu rechtfertigen. Europa sollte seine begrenzten Möglichkeiten darauf konzentrieren, das Schlimmste zu vermeiden und die Konfliktparteien davon zu überzeugen, dass sie nach ihrem Sieg oder ihrer Niederlage gezwungen sein werden, sich mit dem Feind von heute zu arrangieren.
„Es ist richtig und notwendig, die Defizite und Fehler von Guaidó und die Interessen der Staaten zu analysieren, die seinen Griff zur Macht unterstützen.“
Ja und warum machst du dir diese Mühe nicht mal selbst? Etwa weil du dann endlich lernen könntest, was in der Welt so vor sich geht, wenn „ein Regime“ wie in Venezuela „der Bevölkerung elementare Versorgung und Sicherheit nicht garantieren kann“? Und du dann keine so saublöden Vorschläge mehr machen könntest, wie ausgerechnet die in Venezuela aktiv wühlende Konfliktpartei „Europa“ ideell aufzufordern, sich doch vielleicht mal „darauf (zu) konzentrieren, das Schlimmste zu vermeiden“?
Danke für Ihre Reaktion, während ich noch fassungslos um Worte rang...
>>Europa sollte seine begrenzten Möglichkeiten darauf konzentrieren, das Schlimmste zu vermeiden und die Konfliktparteien davon zu überzeugen, dass sie nach ihrem Sieg oder ihrer Niederlage gezwungen sein werden, sich mit dem Feind von heute zu arrangieren.<<
Das selbe schreibt u.a. die bürgerliche Frankfurter Rundschau:
"Denn egal, wer den Machtkampf für sich entscheidet, benötigt die andere Seite, um das gespaltene Land zu befrieden und wieder aufzubauen."
Allerdings handelt es sich hier um einen Putsch. Ein gewählter Präsident soll nach dem Willen der USA gestürzt werden. Und alle, die die Putschisten unterstützen, brechen das Völkerrecht. Das hindert unser aller Außenminister nicht, sich mit dem potenziellen Putschisten-Außenminister zu treffen, um ihm seine Unterstützung zu versichern.
Der vorgestrige Putschaufruf ist nur der jüngste in einer ganzen Reihe von Umsturzversuchen, mit denen Venezuelas traditionelle weiße Elite seit 17 Jahren - unfähig, Wahlen zu gewinnen - die Macht zurückerobern will.
In den vergangenen 17 Jahren gehörten ausländische Einmischung, Umsturzversuche, Anschläge und Diffamierungskampagnen gegen den immer wieder in demokratischen Wahlen bestätigten Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela zum Alltag.
Bereits bei ihrem ersten großen Putsch im April 2002 konnte sie sich auf die Unterstützung der westlichen Mächte verlassen; für Deutschland etwa hatte damals die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung eine rechtsgerichtete Oppositionspartei gefördert.
Im Juni 2010 hatte Eva Golinger im Internetportal amerika21 über die Tätigkeit deutscher Parteistiftungen berichtet: »Mehrere deutsche Stiftungen, darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Friedrich-Ebert-Stiftung, beteiligen sich direkt an der Finanzierung der politischen Parteien in Venezuela. Die CDU-nahe Adenauer-Stiftung investiert rund 500.000 Euro jährlich in Projekte mit den rechten Parteien wie COPEI und Primero Justicia. Zusätzlich unterstützt sie jährlich mit 70.000 Euro Programme der konservativen Katholischen Universität Andrés Bello, einer Hochburg oppositioneller Studentengruppen.«
Siehe auch!
2002 schon wurde die Katze aus dem Sack gelassen: Im Kern geht es um das Überleben der „Bolivarianischen Revolution“ oder um die Rückkehr Venezuelas zu einem westlich geprägten Demokratiemodell.
Deutschland hat Guaidó im Januar als rechtmäßigen Interimspräsidenten anerkannt – so wie die USA, andere EU-Staaten und viele lateinamerikanische Länder.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sahen darin "starke Gründe für die Annahme", dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten Venezuelas sei.
Die Rechtswissenschaftlerin Dana Schirwon schrieb: "Damit verstößt Deutschland als vorsitzendes Mitglied des UN-Sicherheitsrates gegen das völkerrechtliche Interventionsverbot und unterstützt nicht nur die weitere Destabilisierung Venezuelas, sondern schwächt die Integrität der gesamten Internationalen Staatengemeinschaft."
An Koslowski: Ihr geäußerter Humbug, 2000 Generäle müssen den chavistischen Sozialismus mit Waffengewalt schützen, ist Produkt deutscher Journalismus-Kloake !! Spaniens Privat-TV La Sexta sendete kürzlich ein Interview, welches der Investigativreporter Jordi Évole mit Präsident Maduro führte. Schonungslos räumte Maduro Fehler bei der Wirtschaftsplanung ein. Übernahm dafür die persönliche Verantwortung. Dann gab der Präsident Beispiele, wie Venezuelas "Ungehorsam" seit vielen Jahren mit US-Sanktionen bedacht und die Bevölkerung malträtiert wird. Auf einen militärischen Konflikt hin angesprochen erklärte Maduro, daß etw 2 Millionen einfache Bürger an Waffen ausgebildet seien und bei einer externen Invasion per Guerilla-Taktik á la FARC, ELN agieren würden. Höhepunkt des Interviews: Reporter Évole legte Maduro die Telefonnummer von Guaidó vor und ersuchte um einen Anruf. Maduro weigerte sich: "Mit einem "payaso" (Clown / Hanswurst) telefoniere ich nicht . . ."
Liebe Denkzone, natürlich habe ich die Venezolaner nicht ausgeblendet, die ihr Land verlassen haben und ja es erinnert mich, an die Miamikubaner. Kann auch sein, daß Maduro zu spät nicht kommuniziert hat, was schlecht läuft bzw. was der eklatante Mangel im Gesundheitswesen für Todesopfer gekostet hat....Die Art und Weise der Einmischung und die Protektion dieses rumtönenden Möchtegernpräsidenten Guiado macht mich aber stutzig, wütend und ja erinnert mich an Das,was die USA immer gemacht haben.Venezoela und Bürgerkrieg ist doch wieder eine Destabilisierungssituation einer Region auf einem Kontinent und hat einen Rechtsdrall, den ich ablehne.Ja und Maduro und Nachfolger- da ist leider nichts passiert.
Wie meinen Sie das "Maduro und Nachfolger"? Die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten ist noch nicht abgelaufen.
So schlicht und schmerzlich treffend kann Wahrheit sein. Danke an einen Menschen mit Herz.