Tatsächlich wurde in diesen vier Tagen und Nächten eine historische Chance verspielt. Sie bestand darin, in einem Augenblick der Not Staaten und Völker einmal nicht gegeneinander auszuspielen, sondern als Schicksalsgemeinschaft des gegenseitigen Beistands zu verstehen.
Das ist gründlich misslungen. Die von der Corona-Pandemie am schwersten betroffenen Staaten müssen sich behandelt fühlen wie vor einem Jahrzehnt die Großschuldner der Eurokrise: als Missetäter, nicht als Opfer, als Kostgänger, nicht als Hilfsbedürftige. Ihnen wird bedeutet: Allein Wohlverhalten, die Annahme von Auflagen, die Disziplinierung führt zum Anspruch auf Unterstützung, die noch dazu geringer ausfällt – nimmt man die Höhe der sogenannten „Zuschüsse“ – als ursprünglich erwartet.
Da lässt sich nichts einfach abhaken. Denn was hat die Kompromissmaschine EU diesmal produziert? Einen mühsam ausgehandelten Schlusskonsens, den man letztlich abliefern musste, um sich als Staatenassoziation mit globaler Ambition nicht vollends lächerlich zu machen. Was viel mehr ins Gewicht fällt, das sind die politischen Kollateralschäden dieser Brüsseler Tage: Ressentiments bis hin zur Feindseligkeit zwischen einzelnen Regierungschefs, Konfliktlinien zwischen Nord und Süd, zugleich und verhärtet wie noch nie zwischen Ost und West, ein immenser Vertrauensverlust.
Andere Geldbeschaffung
Hätte man das angesichts eines sich seit Jahren aufbauenden Konfliktstaus in der EU vermeiden können? Zumindest wäre es einen Versuch wert gewesen, anderer Geldbeschaffung zu vertrauen. Die EU-Kommission entschied sich für gemeinsame, aber eben auch einmalige Schulden, die nun in höherem Maße als gedacht und konditioniert zurückgezahlt werden müssen. Sie belasten alle EU-Staaten, aber besonders jene, die sich schon vor Corona im Krisenmodus befanden und mit hohen Schulden zu kämpfen hatten, vorrangig Griechenland, Italien und Spanien.
Warum nicht von der Europäischen Zentralbank (EZB) gedeckte Corona-Bonds in einer Höhe von einer Billion Euro mit einer Laufzeit von 25 bis 30 Jahren auflegen, um im Einzelfall eine nach oben schießende Staatsverschuldung zu vermeiden? Dazu hätte ein öffentliches Investitionsprogramm der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine wirksame Ergänzung sein können, ebenfalls abgesichert durch die EZB, zugleich ein Angebot an marodierendes Kapital, das derzeit die Finanzmärkte unterwandert. Natürlich wären bei einem solchen Verfahren Auflagen und Kontrollen zu Lasten der Nutzer nicht in dem Maße möglich gewesen, wie sich das nach diesem EU-Gipfel abzeichnet.
Nebulöse Kriterien
Wie mit diesem Sondertreffen deutlich wurde, war die EU-Kommission außerstande, mit auseinanderdriftenden Interessen so umzugehen, dass sie Moderatorin auf der Höhe der Situation sein konnte. Dass ihr ein solcher Part verwehrt blieb, hat sie selbst verschuldet. Sie agierte zumindest nach außen zunächst viel zu sehr hin im Schatten der Merkel-Macron-Initiative, die auf Hilfsgelder von 500 Milliarden Euro aus war, bevor Kommissionspräsidentin von der Leyen am 27. Mai mit ihrem 750-Milliarden-Projekt nachlegte.
Dabei blieb vor dem jetzigen Gipfel eher unklar, nach welchen Kriterien die Gelder verteilt werden sollten. Anders formuliert, welcher Grad an Bedürftigkeit der Mitgliedsländer weshalb geltend zu machen war. Das einen Tag nach von der Leyens Ankündigung durchgesickerte Tableau, das die auf Staaten bezogene Gesamtsumme an Hilfen ebenso enthielt wie das ihnen zugedachte Verhältnis von Zuschüssen und Krediten, richtete sich laut EU-Kommission nach der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit zwischen 2015 und 2019. Nicht nach der Schwere der Pandemie und den sozialen Folgen, nicht nach dem Reparaturbedarf im nationalen Gesundheitswesen und dem von der Kommission selbst prognostizierten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für 2020, wozu es seit Anfang Juli in Brüssel eine detaillierte Studie gab.
„Next Generation EU“
Um Beispiele herauszugreifen: Während bei diesem Ausblick für Frankreich, Italien, Kroatien und Spanien ein zweistelliges Minus angezeigt war, wurde Polen ein Rückgang des Wirtschaftsertrages um 4,6 Prozent prophezeit. Ungeachtet dessen sollte das Land mit 63,8 Milliarden Euro die drittgrößte Zuwendung auf dem 750-Milliarden-Paket erhalten, wesentlich mehr als Frankreich mit 38,8 Milliarden. Auch lagen die nicht rückzahlbaren Zuschüsse bei Polen mit 37,1 Milliarden klar über den vorgesehenen Krediten von 26, 1 Milliarden Euro.
Wie zum Hohn wurde dieser nicht übermäßig adäquate Verteilungsschlüssel gemäß der Überschrift des Von-der-Leyen-Plans gleichsam mit dem Label „Next Generation EU“ versehen. Die Kommission bemühte sich, dieses Zahlwerk als „Simulation“ zu relativieren, als „Arbeitsdokument zur Einschätzung des Aufbaubedarfs in Europa“ und eine „Übersicht rein illustrativer Natur“.
Der Gipfel ließ davon allein deshalb nicht viel übrig, weil sich das Verhältnis zwischen nicht rückzahlbaren Zuschüssen und Krediten erheblich änderte. Die ursprünglich mit 500 Milliarden veranschlagten Zuschüsse schrumpften auf 390 Milliarden, während die tilgungspflichtigen Kredite nicht mehr bei 250, sondern 360 Milliarden Euro liegen.
Hier kam der Blockadewille von Dänemark, Schweden, Österreich, Finnland und den Niederlanden zum Zug. Es wird versucht, deren Verhalten durch eine tendenziöse ideologische Argumentation zu erklären, indem die Gruppe mit dem Etikett „Sparsame Vier“ oder „Sparsame Fünf“ versehen wird. Ein Trick, der die EU-Diplomatie, aber auch deren mediale Reflexion in die Nähe demagogischen Täuschungsmanöver rückt.
Reichlich demagogisch
Was vielleicht weniger bekannt ist, weil es weniger kolportiert wird: Die genannten Länder sind bei ihren Staatsausgaben alles andere als „sparsam“. Setzt man den EU-Durchschnitt mit 100 an, dann kam Schweden 2019 auf den Wert 156, Dänemark sogar auf 181, Österreich auf 148 und die Niederlande auf 134. Zieht man die Vergleichsangaben zu Italien oder Spanien heran, dann schlagen die Werte 98 bzw. 76 zu Buche.
Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass es in Dänemark wie Schweden hohe Einkommenssteuern gibt, um sich hohe Staatsausgaben leisten zu können. Die Niederlande stehen überdies als Steueroase Irland in nichts nach, um Kapital aus anderen EU-Ländern abzuziehen, nicht zuletzt denen des Südens, die Mark Rutte zu Reformen und Ausgabendisziplin ermahnt. Österreich erfüllt den Stabilitätspakt seit Jahren nicht und liegt mit Gesamtschulden von derzeit 74 Prozent des Bruttoinlandsproduktes klar über dem Maastricht-Grenzwert von 60 Prozent. Und diese Doppelmoral fühlt sich berufen, bei anderen auf Rechtsstaatlichkeit zu pochen?
Man muss weder Viktor Orbán noch den polnischen Premier Mateusz Morawiecki für sympathische Zeitgenossen halten, aber es ist völlig abwegig, ihre Staaten und Völker durch den Entzug von Hilfsgeldern für die dortige Regierungspolitik bestrafen zu wollen.
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»Die von der Corona-Pandemie am schwersten betroffenen Staaten müssen sich behandelt fühlen wie vor einem Jahrzehnt die Großschuldner der Eurokrise: als Missetäter, nicht als Opfer, als Kostgänger, nicht als Hilfsbedürftige. Ihnen wird bedeutet: Allein Wohlverhalten, die Annahme von Auflagen, die Disziplinierung führt zum Anspruch auf Unterstützung, die noch dazu geringer ausfällt – nimmt man die Höhe der sogenannten „Zuschüsse“ – als ursprünglich erwartet.«
Sehr geehrter Lutz Herden. Ehrlich gesagt, kann ich Ihr Dauerwerben für diese EU, das langsam zum Dauerlamento mutiert, nicht mehr verstehen:
Die Europäische Union ist nichts anderes als ein Kartell der europäischen Regierungen, die teilnehmenden Nationen im Sinne neoliberaler Politik zu domestizieren.
Die jüngste Version:
„Man fand eine Formel zur Koppelung von EU-Geldern an die Rechtsstaatlichkeit, die alle 27 Staaten annahmen. Zuvor hatten sich Polen und Ungarn strikt gegen einen solchen Rechtsstaatsmechanismus gewehrt, zumal gegen beide Staaten Verfahren wegen Verletzung von EU-Grundwerten laufen. Mehrere andere EU-Staaten beharrten jedoch darauf, dass EU-Gelder gebremst werden, wenn gemeinsame Werte missachtet werden. Die Kompromissformel wurde von mehreren Staaten erarbeitet und in der Runde der 27 vom lettischen Regierungschef Krisjanis Karins vorgetragen.
Die Interpretation der Klausel war unterschiedlich. Während EU-Vertreter sie als wirksame Koppelung bezeichneten, zitierte die polnische Nachrichtenagentur PAP polnische Regierungsquellen mit der Einschätzung, die Koppelung sei gestrichen worden. Ungarische Medien feierten die Einigung als Sieg für Ministerpräsident Viktor Orbán.“
So ist den einschlägigen Pressemeldungen zu entnehmen.
Ein Desaster mit Ankündigung. Historisch ist dieser Gipfel allenfalls in der Dimension, als das er retrospektiv als Anfang vom Ende der Union gesehen werden könnte.
Fassungslos macht die Niedertracht, mit der die Konservativen eine Sparpolitik durch die Hintertür beschlossen - und damit neue Krisen für die EU heraufbeschworen haben. Doch auch die Rechtsstaatlichkeit - angeblich ein Kerngedanke - wurde auf dem Wühltisch verschachert. Zu notwenigen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Reformen die diese Staatengemeinschaft gerechter machen würden, ist diese weder Willens noch in der Lage.
Die einzige, letzte Möglichkeit, die kommenden neoliberalen Verüstungen abzufedern, scheint mir, eine progressive Revolte von unten zu sein. Woraufhin ich mich frage, wie miserabel die Situation erst noch werden muss, bis sich spürbarer Widerstand regt.
Lutz Herden: "Hier kam der Blockadewille von Dänemark, Schweden, Österreich, Finnland und den Niederlanden zum Zug."
Bitte Deutschland nicht vergessen! Die "Sparsamen" vertreten genau jene Politik, die Deutschland innerhalb der EU wirtschaftlich stark gemacht hat. Der Vorschlag von D und F, 750 Milliarden als Quasi-Euro-Bonds zum Aufbau zur Verfügung zu stellen, war von deutscher Seite niemals ernst gemeint, denn dies wäre einer Kehrtwende bisheriger Politik um 180 Grad gleichgekommen. Der jetzige "Kompromiss" nur noch 390 Milliarden zu geben, spielt der Bundesregierung bestens in die Karten, zumal den nehmenden Ländern neoliberle Reformen aufgedrückt werden sollen.
Garavierend ist auch, dass die Rechtsstaatlichkeit keine Voraussetzung mehr ist, EU-Mitglied zu sein. Ungarn und Polen können mit dem Beschluss bestens leben, da es in der Realität niemals eine Überprüfung ihrer Legitimation geben wird. Und Malta, das Geldswäscheparadies, kommt auch ungeschoren davon.
Nein, eine EU mit den Grundwerten der Gewaltenteilung, der Menschenrechte und einer gerechten Wirtschaftsordnung ist weiter entfernt denn je. Der Neoliberalismus hat wieder einen Schub bekommen.
ich zitiere aus den Nachdenkseiten:
"Im Ergebnis zahlen nun Dänemark (322 Mio. Euro), Österreich (565 Mio. Euro), Schweden (1.069 Mio. Euro), die Niederlande (1.921 Mio. Euro) und Deutschland (3.671 Mio. Euro – jeweils pro Jahr) deutlich weniger Beiträge an die EU als eigentlich vorgesehen. Alleine für Deutschland beträgt der Rabatt für den verabschiedeten sechsjährigen Haushaltsrahmen somit stolze 22 Milliarden Euro. Im Kielwasser der „sparsamen Vier“ hat Deutschland so seine eigenen Interessen erfolgreich durchgeboxt".
Die von Corona besonders betroffenen Staaten erhalten zwar insgesamt 390 Mrd. an Zuschüssen, die formal nicht zurückgezahlt werden müssen, müssen aber die Zuschüsse über erhöhte Beiträge zum EU-Haushalt wieder zurückzahlen, während die so genannten "sparsamen" Vier einen satten Beitragsrabatt erhalten.
Frau Merkel ist die neue Maggie Thatcher der EU und hat geschickterweise Mark Rutte als Bösewicht vorgeschoben, gleichzeitig Macron eingeseift, um hintenherum einen Deal mit den sparsamen Vier einzugehen.
Das Ganze ist eine einzige Farce. Aus meiner Sicht hat BKin ein doppeltes Spiel gespielt, das zwar nicht mehr ihr persönlich auf die Füße fallen wird - sie ist ja in gut einem Jahr nicht mehr Amt - aber sehr wohl einer Nachfolgerregierung. Deutschland exportiert ca. 60% seiner gesamten Exporte in die EU, d.h. auch die Südländer müssen sich diese Waren „made in germany“ leisten können. Wenn aber deren Verschuldung immer weiter in die Höhe getrieben wird, werden auch der von EZB betriebene Anleihenaufkauf nicht mehr funktionieren.
Merkel war im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Kohl nie eine überzeugte Europäerin. Merkel hat keine Überzeugungen, sondern sie ist getrieben von tagespolitischem Kalkül, immer abwägend, wie populär ihre Politik vermittelt werden kann. Da ist kein Platz für Visionen, weil der ganze Platz durch machtpolitische Erwägungen eingenommen wird. Merkel möchte einen guten Abgang, der ihr von ihrem Nachfolger Söder auch eingeräumt werden wird. Söder hält Hof in Herrenchiemsee und Merkel gibt sich zurückhaltend.
Wie einfach ist dieses Spiel in der Union zu durchschauen. Friedrich Merz wird neuer CDU-Vorsitzender, weil er jetzt endlich eine Rede hält, die begeistert. Gleichzeitig begnügt sich Merz mit der Rolle eines Superministers (Finanzen +), weil er erkannt hat, dass Söder die besseren Karten hat. Bliebe da nur noch die Popularität für Söder hoch zu halten. Aber dafür sorgen schon die Main-Stream-Medien, die Söder als den „starken“ Mann präsentieren. Das kommt gut an beim Wahlvolk.
Wenn erst einmal GB zum Steuerparadies ausgebaut sein wird, dann werden sich die Niederländer, Irländer, Malteser und Zyprioten verwundert die Augen reiben, wenn Boris Johnson ansetzt, um rechts zu überholen. Schließlich haben wir in GB Linksverkehr.
Aber natürlich hat so ein EU-Status schon etwas für sich. Schließlich müssen so geannte Drittstaaten andere Regeln beachten, die mitunter solche Fimen wie Apple, Google und Amazon etwas irritieren könnten.
Da zahlt man doch gerne eine minimale Digitalsteuer, bevor man außerhalb der EU seine Steuerglück versucht.
Ja, tut mir auch grauenerregend Leid, dass die von Ihnen stets so geschätzte EU Sie heute so dramatisch enttäuscht hat, Herr Herden.
An einer Stelle des Textes habe ich aufgemerkt, als der Begriff "Bedürftigkeit" gefallen ist.
Ich habe kurz innegehalten, meine Kuppel ventiliert - und dann schallend gelacht. Wie soll ein Nationenbund von der Größe der EU funktionieren, wenn es die einzelnen Länder für sich selbst nicht schaffen, einen einigermaßen sozial austarierten Gesellschaftsvertrag abzuschließen? Die erhofften Wunder sind, wie es aussieht, ausgeblieben. Nebelkerzen und Trockeneis in die Propagandaschlacht!
Über Einzelheiten meine Gedanken zu verschwenden: geschenkt. Ich kann eh nicht mit Geld umgehen - und habe auch keines. Wohl aber ein wenig Hirnmasse.
Die Schwarmdummheit der EU ist atemberaubend und unerträglich. Heute Abend löte ich mir zwei, drei russische Wodka ein - und feiere Ameisenvölker. Die mögen als Einzelne strunzdumm sein, in der Gesamtheit verfügen sie aber über etwas, was - nicht nur - den Staaten der EU völlig fehlt: Schwarmintelligenz.
Hosianna! Auf die Hütchenspieler! Und ein baldiges Ende dieser EU.
Mensch, JR, Sie schreiben mir aus der schwarzen Seele. Die ganze Zeit ringe ich mir und frage mich, wieso ich nicht so sehr mitgenommen bin. Und ich frage mich auch noch, warum der Ton bei politischen Analysen immer so ins moralisch-maulige geht.
Insgesamt finde ich den Kompromiss ja auch nicht so rasend glänzend, aber ein bisschen Geld für Ostdeutschland ist dabei rumgekommen.
Immerhin entspricht der Kompromiss in etwa der Gewichtsklasse, die sich Frankreich und Deutschland vorgestellt hatten - und dass die kleineren Länder, nachdem sich Berlin und Paris so forsch allen voran auf den Weg gemacht hatten, unbedingt noch ein paar Steine hinterherwerfen mussten, finde ich auch begreiflich. :)
Ärgerlich ist nur das - wenn ich das richtig verstanden habe, "Mitspracherecht" der Geberländer zur Mittelverwendung der Empfänger. Bevormundung will mir nicht so recht zu den Sonntagsreden passen - und böses Blut im Süden macht es auch.
Sind die krisen- schaeden eigentlich mit oder durch oder gar ohne corona viren entstanden, und um was fuer krisen handelt es sich hier eigentlich, wirtschaftswachstums- gewinnerwartungs- spekulations krisen?
Ja, ich sehe das Ergebnis auch als erwartbar an. Von daher ist mir das wirklich zuviel Jammer in dem obigen Beitrag.
Dieses "Mitspracherecht" ist wohl ziemlich diffus und sicherlich hat es demütigended Aspekte. Andererseits: hat es nicht auch diese "Rechtsstaatsseite", die Orban und sein Polenkumpel ziemlich verwässert haben? Jedenfalls sehe ich auch noch, dass ein Europa der 27 Staaten fast nicht mehr navigierbar ist.
Die Rechtsstaatsseite finde ich nachvollziehbar - und mit der Verwässerung kann die Mehrheit vermutlich leben. Sollten sich da Differenzen ergeben, wird vermutlich die Kommission die Kohle sperren, und Budapest und/oder Warschau müssen mit eher schlechten Aussichten die Richter bemühen.
Problematisch finde ich vor allem den Umgang mit Griechenland, Italien und Spanien.
»…und hat geschickterweise Mark Rutte als Bösewicht vorgeschoben, gleichzeitig Macron eingeseift, um hintenherum einen Deal mit den sparsamen Vier einzugehen.«
Ich bin davon überzeugt, genauso wars. Vor fünf Jahren hat sie noch selbst die Zuchtmeisterin gespielt und Griechenland gekapert, und damals gab ein enges Zusammenspielt mit der Niederländischen Regierung. Der Verbindungsmann hieß Jeroen Dijsselbloem, war Niederländischer Finanzminister und ein niederländischer Politiker der Partij van de Arbeid (SPD). Von November 2012 bis 26. Oktober 2017 war er Minister für Finanzen im Kabinett Rutte II. Ab Januar 2013 war Dijsselbloem Vorsitzender der Euro-Gruppe.
Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden März 2017 verlor Jeroen Dijsselbloems Partij van de Arbeid und fuhr einen Verlust von 29 Sitzen von ursprünglich 38 Parlamentssitzen (2012) nach jetzt 9 Sitzen. Gewählt wurden die 150 Abgeordneten der Zweiten Kammer.
Griechische und zypriotische Kommentatoren nannten ihn den Knappen von Angela Merkel, das Sprachrohr von Schäuble, einem Deutschen auf Holzschuhen, dem Vasall von Berlin.
Und wie die Story ausging, sollte eigentlich jeder wissen:
Frau Merkel und Herr Schäuble haben Europa gespalten: In Nord vs Süd bzw. Arm vs Reich! Es war dem damaligen deutschen Finanzminister Schäuble (CDU) ein sichtliches Vergnügen, die Griechen möglichst umfassend zu demütigen und in ihrer Machtlosigkeit vorzuführen.
Was 2015 Jeroen Dijsselbloems für die Domestizierung Griechenlands war, ist heute Mark Rutte, der Niederländische Ministerpräsident. Ergebnis:
»"Im Ergebnis zahlen nun Dänemark (322 Mio. Euro), Österreich (565 Mio. Euro), Schweden (1.069 Mio. Euro), die Niederlande (1.921 Mio. Euro) und Deutschland (3.671 Mio. Euro – jeweils pro Jahr) deutlich weniger Beiträge an die EU als eigentlich vorgesehen."«
Das sind zusammen 7.548 Millionen weniger - jährlich.
Schöne Metapher zu Dijsselbloem, kannte ich aus der Hochzeit der Griechenland-Debatte so nicht.
Ein Framing ist dann besonders effektiv, wenn es von der Regierung und der Opposition betrieben wird, also praktisch von allen. Richtig wird es dadurch nicht, weshalb die Empörung im Artikel an einem wichtigen Punkt unbegründet ist. Die Anleihen für das Hilfsprogramm werden nicht von den Nationalstaaten gemeinsam herausgegeben, sondern von der Gemeinschaft der Nationalstaaten, vertreten durch die Kommission. Es handelt sich um Eurobonds, die nur niemand so nennen möchte. Der Schuldner ist die Kommission, diese vertritt eine transnationale Institution, die EU, mit eigener Zentralbank. Das Innenverhältnis des Schuldners spielt für die Gläubiger der Anleihe keine Rolle. Investoren können, wollen und werden sich für die Tilgung nicht an die Nationalstaaten wenden. Dafür hätten sie auch keinen Anlass, denn selbstverständlich wird und muss die Zentralbank des Schuldners im Fall der Fälle für die Schulden aufkommen. In eigenem Geld kann sie das auch immer, weshalb es bislang in der Geschichte nie und nirgends vorgekommen ist, dass eine Zentralbank die Lieferung eigenen Geldes an ihre Eigentümer verweigert hätte, hätte verweigern können oder wollen. Warum sollte sie auch? Es kostet ja praktisch nichts. (Von dieser Garantie der EZB profitieren wegen des Wechselkursmechanismus II übrigens auch die EU-Mitglieder, die nicht Mitglied der Eurozone sind). Nebenbei: für die Refinanzierung will die Kommission verstärkt auf eigene Quellen zurückgreifen, also auch hier statt gemeinsamer Refinanzierung eine Refinanzierung durch die Gemeinschaft.
Bei aller verständlichen Enttäuschung über Einzelheiten des Programms (weil es unzureichend ist, und die spätere konkrete Umsetzung Grund zur Sorge gibt) : es markiert einen Wendepunkt. Deshalb der Aufschrei der Freunde und Förderer der nationalen Souveränität. Die Verteidiger der EU müssen sich mit den Kompromissen abfinden, die bei dem Konstrukt EU unvermeidlich sind. Das ist nicht so schlimm, wie es manchmal scheint, wenn man sich die auf unterschiedliche Art kompromisslosen Weltmächte USA und China anschaut.
Sehr schön plausibel, was Sie hier darstellen, bis auf eins:
»Nebenbei: für die Refinanzierung will die Kommission verstärkt auf eigene Quellen zurückgreifen, also auch hier statt gemeinsamer Refinanzierung eine Refinanzierung durch die Gemeinschaft.«
Die „eigene Quellen“ sind wesentlich die Beiträge der Mitgliedstaaten zur EU.
Die Kommission gibt das Geld der Nationen aus, und wie wir wissen, gilt das Budgetrecht als Königsrecht der nationalen Parlamente. In Deutschland regelt das Artikel 110 des Grundgesetzes. Dort heißt es, dass "allein das Parlament für die Festsetzung von Ausgaben zuständig" ist.
Ausgaben in diesem Sinne sind selbstverständlich auch die Beiträge der Mitgliedstaaten zur EU.
Insofern ist es völlig egal, ob die EU den juristischen „Schuldner“ darstellt oder nicht. – Bezahlen müssen im Zweifelsfalle die EU-Mitgliedsländer. Und wie das geht, wird hier gerade wieder vorgemacht.
Im übrigen müssen dem jüngsten EU-Geschachere nicht nur die 27 Regierungen zustimmen, sondern auch deren nationale Parlamente.
"Tatsächlich wurde in diesen vier Tagen und Nächten eine historische Chance verspielt."
Es ehrt Sie, Herr Herden, dass Sie sich eine "Schicksalsgemeinschaft des gegenseitigen Beistands" wünschen. Diese aber auch nur ansatzweise bei einem EU-Gipfeltreffen zu wähnen, ist - mit Verlaub - drollig.
Es wurde daher auch keine Chance in Ihrem Sinne vertan, denn es gab keine! Vielmehr hat die Kommission sich einen (homöopathischen) Teil der Macht zurück ertrotzt, den Draghi seinerzeit im Handstreich der EZB verschafft hatte.
Mal sehen, wie sich Frau von der Leyen als Zuchtmeisterin macht. Ich sehe da großes Potential, zumindest für die Photoshop-Skills griechischer IllustratorInnen.
Jeroen Dijsselbloem, war niederländischer Finanzminister und ein niederländischer Politiker der Partij van de Arbeid (vergleichbar mit der SPD). Von November 2012 bis 26. Oktober 2017 war er Minister für Finanzen im Kabinett Rutte II. Ab Januar 2013 war Dijsselbloem Vorsitzender der Euro-Gruppe.
Die Euro-Gruppe ist ein Gremium der Europäischen Union in dem die Staaten der Eurozone ihre Steuer- und Wirtschaftspolitik koordinieren und zwar ohne ausreichende Legitimation. Sie unterliegt keiner demokratischen Kontrolle und ist niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig, trifft aber weitreichende Entscheidungen im Rahmen des Euro-Rettungsschirm ESM.
Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem war in Nachfolge von Jean-Claude Juncker deren Vorsitzender. Auf dem Treffen der Euro-Gruppe am 13. Juli 2015 in Brüssel wurde er für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Während der Griechenlandereignisse 2015 war er also einer der exponierten Vertreter der „Quadriga“ (= the institutions representing creditor interests) und Gegenspieler von Yanis Varoufakis.
Er war es auch, der Jeroen Dijsselbloem und der gesamten Euro-Gruppe die Frage nach ihrer Legitimation stellte.
Der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble fasste die Diskussionen mit Varoufakis am Finanzminister-Konferenztisch in Brüssel in der US-TV-Doc "Inside Europe" später so zusammen: "Er erklärte uns lange, dass wir alle Idioten sind. Und vielleicht hatte er Recht."
Was 2015 Jeroen Dijsselbloems für die Domestizierung Griechenlands war, ist heute Mark Rutte, der Niederländische Ministerpräsident“
Apropos Dijsselbloem. Für seinen treuen Dienste hat die Niederlande freie Hand bei ihren Steuerparadies- Modellen bekommen. Ich sage nur „Dutch Sandwich, Irish Double, ein beliebtes Steuersparmodell für die international tätigen Konzerne, das über die Niederlande und Irland lanciert wurde.
Schon makaber, da drängt die Trojka Griechenland auf die Generierung höherer Steuereinnahmen und eine desaströse Privatisierung (ich sage nur Fraport), die im Endeffekt zu weniger Staatseinahmen führt, um dann durch die Hintertür die Niederlande zur Steueroase auszubauen.
Ich bin mir ja mittlerweile nicht mehr so sicher, ob BKin Merkel in böser Absicht so agiert hat und noch agiert oder ob es schlichtweg einfach die eigene Inkompetenz ist, deren Virusbefall mittlerweile die komplette Bundesregierung erfasst hat, wenn ich mir vor allem Wirtschaftsminister Altmaier und Olaf Scholz näher betrachte. Mit einem Wums in die Krise sozusagen. Am Ende des Jahres werden wir eine Pleitewelle erleben, die sich gewaschen hat.
Die Vorgänge um Wirecard deuten jedenfalls daraufhin. Seit Jahren ist in der frei zugänglichen Presse von Unregelmäßigkeiten die Rede und die Bundesregierung fühlte sich erst vor kurzem bemüßigt diesem Unternehmen auch zu einen Marktzugang in China zu verschaffen. Jetzt fehlen auch noch schlappe 1,9 Mrd. €, bzw. waren nie da oder das Geld ist nicht weg, es ist nur woanders.
Also ich wünsche mir Frau Sahra Wagenknecht als neue Bundeskanzlerin. Sie vereinigt in ihrer Person mehr wirtschaftliche Kompetenz als das gesamte Bundeskabinett. Ich weiß, das ist jetzt visionär um nicht zu sagen genial daneben. In unserem Land herrscht noch die Meinungsfreiheit, was man von anderen europäischen Ländern so nicht mehr behaupten kann.
Aber nachdem Viktor Orban schon einmal mit allen politischen Ehren bei der CSU empfangen wurde, weiß man ja nie, welche Vorbilder bei dem einen oder Kanzlerkandidaten vorherrschend sind.
Noch ein paar Worte zum Euro: Wenn die Südländer gewusst hätten, was mit dem Euro auf sie zurollt, wären sie schnell davongelaufen. Aber sie haben den Deutschen geglaubt, dass diese Gemeinschaftswährung auch ihrer Bevölkerung Wohlstand bringen wird. Zweifellos wurden sie auch mit niedrigen Zinsen gelockt.
Der Euro hat nur einen Haken und der heißt Verzicht auf eine Abwertung der eigenen Währung, was gleichbedeutend ist mit einer Herbeiführung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit ist. Gleichzeitig hat Deutschland den größten Niedriglohnsektor in Europa installiert und damit die meisten Euro-Länder zu Tode konkurrenziert, vornehm ausgedrückt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wurde durch die Schrödersche Agenda 2010 erst so richtig in Gang gesetzt. Das nennt sich jetzt Austeritätspolitik, reklamiert von den reichen Ländern, dass die armen Länder doch gefälligst Reformen durchführen sollten. Mit anderen Worten, sie sollen die Renten senken, Sozialabbau betreiben, die Steuereinnahmen erhöhen bzw. Privatisierungen durchführen, damit sie denn endlich auf Vordermann kommen.
Der Ausstieg aus dem Euro wäre für diese Länder wohl angesagt, ist aber in der Übergangsphase höchst problematisch, zumal es noch nicht einmal ein Ausstiegsszenario gibt. Also schluckt man die Kröte und „bettelt“ um Geld – wie lange noch? Dann kommen die Rechtspopulisten oder noch schlimmeres.
Sie sollten ein schönes Theaterstück schreiben.
»…und hat geschickterweise Mark Rutte als Bösewicht vorgeschoben, gleichzeitig Macron eingeseift, um hintenherum einen Deal mit den sparsamen Vier einzugehen.«
Merkel ist immer die im Hintergrund. Glauben Sie wirklich ein Mark Rutte ließe sich "vorschieben?"
"Ich bin davon überzeugt, genauso wars. "
Das dachte ich mir. Cherchez la femme.
Was waren das für herrliche Zeiten als der Stammtisch noch in der Kneipe stattfand. Aber, so digital. ... Es nährt offensichtlich bei so manchen Herrschaften die Illusion sie säßen mit an den Schalthebeln der Macht, dabei drücken sie andauernd nur die Enter-Taste.
:D
"desaströse Privatisierung (ich sage nur Fraport)"
Fraport ist ein staatliches Unternehmen. 51,x% der Aktien befinden sich im Besitz des Lands Hessen und der Stadtwerke Frankfurt.
Spotten Sie nicht! SPON erzittert unter der Wucht seiner Leserbriefe!
Aha - nicht nur wuchtige EU-Ergebnisse, sondern auch ein Wumms an Leserbriefen. Danke ich gucke da mal hin.
Keine Garantie, dass Sie dort fündig werden. Aber ein Teil der Wucht ist auch in der FC dokumentiert.
„Cherchez la femme“. Magda, lassen Sie bitte so einen Kappes. Das scheint eher Ihr Problem zu sein.
„Merkel ist immer die im Hintergrund. Glauben Sie wirklich ein Mark Rutte ließe sich "vorschieben?"“
Ja natürlich glaube ich das. Sonst würde ich es nicht schreiben, was Sie im übrigen genau wissen. Liebesdienste in Politik und Wirtschaft sind doch üblich, Kungeleien an der Tagesordnung. Die ganze EU ist ein Gekungel des europäischen Politik-Adels.
Die Niederlande und Deutschland bilden eine wirtschaftliche Symbiose.
Und ja: „Merkel ist immer die im Hintergrund“ – Sie ist das Synonym für neoliberale Politik schlechthin, in Deutschland wie in Europa.
So gerne ich ansonsten Misanthropen wie Schäuble widerspreche: Schon damals habe ich diesen Ausspruch (nicht seinen Autor) gefeiert.
Varoufakis hatte - nicht nur da - Recht und Schäuble vielleicht zuviel Gengenbacher Weißherbst intus.
Aber vielleicht habe ich da Unrecht.
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Sind dokumentiert. Sie sollten sich bei Ihren Hinterhältigkeiten wenigstens keine Unkorrektheiten leisten.
„Also ich wünsche mir Frau Sahra Wagenknecht als neue Bundeskanzlerin. Sie vereinigt in ihrer Person mehr wirtschaftliche Kompetenz als das gesamte Bundeskabinett.“
Deshalb promote ich sie auch meiner persönlichen Homepage.
Danke für die umfassende Information!
Sind dokumentiert. Sie sollten sich bei Ihren Hinterhältigkeiten wenigstens keine Unkorrektheiten leisten.
Über Gschaftlhuber mache ich mich gerne lustig, Flegel.
Zur Sache: Läge es an Rutte, könnte der Vorrat an Gemeinsamkeiten zwischen Berlin und Paris beim "Corona"-Paket ruhig kleiner sein. Kein Vertreter eines kleinen europäischen Landes lässt sich von dem eines Schwergewichts "vorschieben". Dass einer im Sinne des Schwergewichts handelt, kann bei Übereinstimmung der Interessen durchaus vorkommen. Den Unterschied, von Ihnen als "Liebesdienst" bezeichnet, kennen Sie selbst. Derlei Personifizierungen sind Kappes.
Ritter Rutte bei Burgfräulein Angela auf den Kanapee. How sweet! :))
Und noch eins:
"Schicksalsgemeinschaft des gegenseitigen Beistands" waren auch die deutschen Länder im Krieg gegen Frankreich 1871 und die Parteien im deutschen Reich zu Beginn des 1. Weltkrieges. Wünschen Sie sich das nicht allzu sehr!
Ach, Sie ziehen die Fäden? Im Hintergrund. Auf Ihrer Homepage. Super. Da wird sie sich freuen.
Geld ist nicht die Lösung, es ist das Problem. Systembedingt. Drei Gruppen von EU`lern habe sich uns deutlich präsentiert. Kleine, feine, reiche Nordlichter. Große, arme, Südländer. Nationale, stramme Ostländer. Ach ja, und FrancoAllemagne, the biggest ever! Im worst case dürften die Nordländer und die Ostler zusammen stehen. FrancoAllemagne eher dem Süden zugeneigt sein. So könnte sich der unaufhaltsame Zerfall weiterentwickeln. Jedenfalls wird es kein Europa geben, das auch nur annähernd dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen hätte. Die 1,8 Billionen werden in einen gescheiterten, globalen, neoliberalen Kapitalismus gepumpt, um letztlich soziale Unruhen, Aufstände zu vermeiden. Der Zerfall aber, in der Dekadenzphase, geht unvermindert weiter. Machen wir uns bitte nichts vor.
Die Refinanzierung muss noch ratifiziert werden, und mit Eigenmitteln sind ausdrücklich nicht die Beiträge der Mitgliedsländer gemeint. Allerdings machen sie - aus meiner Sicht leider - nur einen Bruchteil des Gesamtpaketes aus.
M.W. wurde ein Groteil der rentablen Regionalflughäfen in Griechenland an Fraport zwangsveräußert, um Geld in die Kasse zu bekommen.
Mit einem schönen Gruß von einem, der von 1976 bis 2007 in den Niederlanden gelebt hat, überlasse ich Ihnen gerne einen Text von Jens Berger:
„Lange wurde in Brüssel gestritten, so lange wie noch nie auf einem EU-Gipfel. Unter deutscher Ratspräsidentschaft war es diesmal vor allem eine Ländergruppe mit dem merkwürdigen Namen „die sparsamen Vier“, die mit einer harten Verhandlungslinie das geplante Hilfspaket zum „Wiederaufbau“ der durch die Corona-Maßnahmen arg ramponierten europäischen Volkswirtschaften auf neoliberalen Kurs brachte. Am Ende siegten sie auf fast ganzer Linie und konnten getreu dem alten Thatcher-Motto „I want my money back“ sogar üppige Beitragsrabatte aushandeln. In den deutschen Medien wurden diese „sparsamen Vier“ meist als Gegner von Angela Merkel dargestellt. Das ist ein wenig zu kurz gedacht, hat diese Gruppe doch auch und vor allem Merkels eigentliche Positionen vorgetragen, die sie aufgrund der Ratspräsidentschaft als Maklerin so nicht vortragen konnte. Wie zu alten Zeiten versteckte sich Deutschland wieder hinter Hardlinern, die mit ihren Positionen den Groll des Rests der EU auf sich zogen – früher waren es die Briten, nun sind es die „sparsamen Vier“, die eigentlich die „neoliberalen Fünf“ genannt werden müssten. Der größte Gewinner heißt wieder einmal Deutschland, der große Verlierer ist wieder einmal die Solidarität.“ Von Jens Berger.
So wie Europa zurzeit aufgestellt ist, hat es keine Zukunft (mehr). Die zentrifugalen Kräfte, die Europa bedrohen, sind in dieses Europa eingebaut worden. Europa ist über die ökonomischen Gründermomente nicht hinausgewachsen und hat diese (einst durchaus sinnvolle) Einseitigkeit sogar noch verstärkt. Ein Staatenbund also mit den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Stärken/Schwächen, aber einer Währung. Einer Währung die "hart" sein muss/soll, weil das vor allem den exportorientierten Ländern nützt: also vorrangig Deutschland. Was das für Folgen nach sich ziehen muss, bedingt gewisse Kenntnisse über Ökonomie. (Tipp: nennt man dann Reformen umsetzen und meint u.a. Sozialabbau und Prekariat).
Von Staaten, in denen die demokratische Rechte wieder ausgehöhlt werden, bevor sie sich nach der kommunistischen Phase überhaupt erst etablieren konnten (autoritäre Strukturen).
Von Staaten, wo noch traditionelle Lebensvorstellungen in Verbindung mit christlichen Vernetzungen in einem Maße dominiert (sich behaupten kann), wie man es sich in westlicheren Bereichen kaum noch vorstellen kann. Ganz zu schweigen von den Ansichten über die Rechte, wie sie mit LGBTQ verbunden sind. Und Frauen und Gleichberechtigung: geschenkt!
Staaten, die die unterschiedlichsten Sicherheitsvorstellungen haben, wo die einen sich am liebsten im "A(...) der Amerikaner aufhalten würden, währen die anderen von eigenen Großmachtambitionen träumen. Dazu gehört auch die "Bearbeitung" der Bevölkerung, nach der Entwöhnung nun wieder den neuen Militarismus zu implantieren, wo selbst Atomwaffen als taktisch notwendige offen diskutiert werden, ganz zu Schweigen von der neuen Kriegsführung mit Drohnen (was den Vorteil hat, man kann es vom Bildschirm aus machen und es lässt sich viel besser verheimlichen).
Von Staaten, wo die einen sich der anderen als Zulieferer bedienen (marktmäßig angeigenet haben) und sich damit die Dominanz sichern, wiederum aber auch auf sie angewiesen sind, da jene natürlich die Produkte kaufen sollen, die die "produktiveren" Staaten mittels dieser Peripherie produzieren lassen und auch gleich mit der erforderlichen Kaufkraft versorgen, indem man ihnen noch die Kredite zur Verfügung stellt (Bankenkrise), um gleich doppelt an ihnen zu verdienen.
Wenn dann wie in Griechenland das Modell kollabiert (was deren Oligarchen wiederum kaum betraf), wird halt das verkauft/durchgesetzt, was auch jetzt wieder mit den Unterstützungsgeldern in Verbindung steht. Nämlich "Reformen", die nichts als ein Euphemismus sind, also das Durchziehen einer neoliberalen Agenda, die überall da die Axt anlegt, wo das private Kapital noch nicht hinreichend eindringen konnte. Solange Europa unter diesen Prämissen des Kapitals Politik betreibt, also präziser vorrangig Wirtschaftspolitik, mit den Ausprägungen von Steuerdumping/Oasen, Lohnkonkurrenz, Sozialabbau, ungeregelten Finanzmärkten (Schattenbereiche), Einheitswährung (ohne länderspezifische Auf- und Abwertungsmöglichkeit), läuft die Uhr gegen dieses Europa.
"M.W. wurde ein Groteil der rentablen Regionalflughäfen in Griechenland an Fraport zwangsveräußert, um Geld in die Kasse zu bekommen."
So ist es. Vom griechischen Staat an Hessen.
"der große Verlierer ist wieder einmal die Solidarität.“
Herr Berger verwechselt offenbar Solidarität mit Wohltätigkeit. Die können sich die Damen und Herren gerne schenken. Domestiziert sind wir schon genug.
Im übrigen sei mal dahin gestellt, was ein Viktor Orbán mit dem Geld anstellt (Wohltätigkeit sicher nur, wenn's muss). So oder so wurde hier wie üblich über uns entschieden, nicht mit und am wenigsten durch uns.
Mit einem schönen Gruß von einem, der von 1976 bis 2007 in den Niederlanden gelebt hat, überlasse ich Ihnen gerne einen Text von Jens Berger
Dass Sie die ganze Welt westlich von Bad Bentheim gesehen haben, lassen Sie ja gelegentlich durchblicken, Flegel. Besser wär's, Sie lernten etwas daraus.
Guter Journalismus z. B., der Ihnen ja sehr am Herzen liegt, beginnt mit einem Mindestmaß an Genauigkeit. Berger zumindest erklärt, es sei "zu kurz gedacht", Merkel und die "Sparsamen" als Gegner darzustellen. Er behauptet - im Gegensatz zu Ihnen - nicht, dass die Ewig-Eine den Anderen vorgeschoben oder der Andere der Ewig-Einen einen "Liebesdienst" erwiesen habe. Was er unterstellt, sind ähnliche Interessen zwischen den "Sparsamen" und Berlin - zwischen Deutschland und den Hardlinern.
Soweit nichts Neues; auch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Verhartzung Deutschlands verstand man sich hier als "Zahlmeister" (und Exportprofiteur) der EG. Aber es gab und gibt auch gleiche Interessen zwischen Berlin und Paris.
Dass Sie von Ihrem Puppentheater nicht lassen können: geschenkt. Aber unwidersprochen muss es nicht bleiben.
Worin besteht eigentlich Ihr Interesse an mir, dass Sie mich so leidenschaftlich diskreditieren und beschimpfen, was geht da in Ihnen vor? Anscheinend habe ich eine Stellvertreterposition, an der Sie sich abarbeiten. Bitte lesen Sie mal den Beipackzettel Ihrer Medikamente oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!
was geht da in Ihnen vor?
Ja, so etwas in der Art fragt sich der eine oder andere Redakteur & Empfänger Ihrer "offenen Briefe" vielleicht auch - danach richten kann er sich, wie Sie vermutlich selber wissen, auch dann nicht, wenn Sie Ihm etwas Vernunftähnliches schreiben.
Sie können meine Post natürlich persönlich nehmen. Sie können aber auch einfach mal aufmerksam meinen vorigen Kommentar lesen. Es geht nicht um Sie, Flegel. Es geht aber um Ihr dämliches Puppentheater, das einem objektiveren Verständnis nur im Wege steht.
"Nachdenkseiten" - schön wär's! :))
..."Die Vorgänge um Wirecard deuten jedenfalls daraufhin. Seit Jahren ist in der frei zugänglichen Presse von Unregelmäßigkeiten die Rede und die Bundesregierung fühlte sich erst vor kurzem bemüßigt diesem Unternehmen auch zu einen Marktzugang in China zu verschaffen."...
Ich grinse da nur noch blog1, Zusammenhang: Rechtsstaat Polen - Ungarn im jetzigem Deal.
Schaue mal was ich vor 4 Wochen ueber Wirecard geschrieben habe:
https://www.freitag.de/autoren/bienensterben/wirecard-vs-eule
:-D
""Schicksalsgemeinschaft des gegenseitigen Beistands" waren auch die deutschen Länder im Krieg gegen Frankreich 1871 und die Parteien im deutschen Reich zu Beginn des 1. Weltkrieges. Wünschen Sie sich das nicht allzu sehr!"
Die jüngste Eskalation in der Ägäis lässt ahnen, wie ernst diese Gefahr ist.