Wer Syrien den Fortgang eines selbstzerstörerischen Bürgerkrieges ersparen will, sollte das Verfassungsreferendum vom letzten Wochenende als Versuch der politischen Entkrampfung werten. Denn es hilft niemandem weiter, die Abstimmung lediglich als überflüssige Farce zu bewerten. Kompromissferner Maximalismus kann die innere Konfrontation nur anheizen und rettet kein Menschenleben. Wer Präsident Assad zur Mäßigung ruft, sollte seine Gegner nicht vergessen, die im Inneren wie die außerhalb Syriens. Tritt die neue Verfassung in Kraft, wird das schiitisch-alawitsche System der Baath-Partei nicht mehr so unumschränkt durchsetzbar sein wie bisher.
Vergleichbare Reformen hielt Assad bereits nach der Übernahme der Präsidentschaft Mitte 2000 für geboten, um eine erstarrte Ordnung über die Zeit zu bringen. Er scheiterte an den Interessen etablierter Machtclans, die ihm als Erbmasse aus der Ära seines verstorbenen Vaters und Vorgängers im Nacken saßen. Von ihren einstigen Stabilitätsgarantien ist derzeit nicht viel übrig geblieben. Diese Führungsschicht steht mit dem Rücken zur Wand und weiß, was sie zu verlieren hat. Der Sturz und das Ende Gaddafis stehen ihr warnend vor Augen. Insofern werden weder der Präsident noch sein Anhang noch die Armee kapitulieren. Um die Gewaltexzesse einzudämmen, braucht es Vermittler, die von der Opposition wie dem Regime akzeptiert werden. Der vom Roten Kreuz ausgehandelte humanitäre Korridor nach Homs zeigt, dass es geht.
Wer hingegen das Anti-Assad-Lager in dem Glauben bestärkt, irgendwann werde es zur Intervention kommen, treibt ein fatales Spiel. Die libysche Lösung für Syrien, indem durch Luftschläge der NATO oder anderen Aufständischen der Weg geebnet wird, ist nahezu ausgeschlossen. Die Geografie einer Gebirgslandschaft, die Kampfzonen in dicht besiedelten Städten und der begrenzte Aktionsradius der Rebellen lassen ein solches Vorgehen wenig geraten erscheinen. Es sei denn, es wird einmarschiert. Davor bewahrt die USA, die NATO wie die Arabische Liga bisher das fehlende UN-Mandat. Und ohne Segen der Vereinten Nationen in einem arabischen Land zu intervenieren – das gab es doch gerade im Irak.
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