Man weiß es nicht, aber möglicherweise haben die Scharfrichter der Ratingagentur Standard Poor's mit ihrer Warnung vor einem Downrating schon einen möglichen Ereignisverlauf nach dem EU-Gipfel Ende der Woche vor Augen: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy holen sich das Plazet für ihre Stabilitäts- und Fiskalunion. Dann hätte vor allem die deutsche Kanzlerin, was sie will – ihr Super-Maastricht. Zumindest der Europäische Rat hätte den Kurs auf ein Europa abgesegnet, in dem Maßhalten nach deutschem Muster zum Maß aller Dinge wird.
Einer Emission von gemeinsamen europäischen Staatsanleihen würde nichts mehr im Wege stehen, zumal die Zeit drängt. Derartige Eurobonds dürften sich von der Verzinsung her notgedrungen bei einem Durchschnittswert einpendeln – dem Mittel zwischen jenem extremen Zinsschub von derzeit bis zu sieben Prozent für die Refinanzierung italienischer und spanischer Staatspapiere und Zinsen von einem bis zwei Prozent, die Deutschland augenblicklich für seine Kredite am internationalen Kapitalmarkt zahlt. Eurobonds könnten sich demzufolge bei einer Zinsrate von drei bis vier Prozent einsortieren. Notgedrungen wird das die deutsche Bonitätsnote nicht unberührt lassen. Doch gerät sie nicht allein wegen der Ausgabe gemeinsamer europäischer Anleihen in Gefahr, gedrückt zu werden. Die Staatsverschuldung des EU-Primus hält sich seit 2010 bei beachtlichen 83 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und die Neuverschuldung steigt weiter, um mehr als 27 Milliarden Euro für den Haushalt 2012. Auch dies mag Standard Poor's in seinem Negativ-Ausblick bestärkt haben. Da ist der Primus urplötzlich nur noch „Primus inter Pares“, der bei seinem selbst gestellten Erziehungsauftrag gegenüber Sündern im Euroverbund nicht mehr ganz so unbändig brillieren kann.
Doch all diese Umstände reichen nicht aus, um die Tragweite des Votums von S P zu erfassen. Wird in der gegenwärtigen Situation auch nur angedeutet, Deutschland könnte sein Triple A verlieren, kommt das einem Misstrauensvotum gegen die gesamte Eurozone gleich. Man hört förmlich den Zweifel heraus: die Währungsunion könnte die längste Zeit existiert haben. Die S P-Analysten sagen (noch) nichts davon, aber sie bedeuten potenziellen Finanzinvestoren, welche Risiken sie mit einem Engagement eingehen. Und das mittlerweile in allen Euro-Staaten. Wer auf einem nicht mehr restlos seetüchtigen Schiff anmustert, darf sich nicht wundern, wenn er damit untergeht. Diese Botschaft ist an sich schon abschreckend genug. Sie gewinnt noch an Brisanz, wird zur argumentativen Unterfütterung die Prognose bemüht – von allen Zahlungsschwierigkeiten abgesehen, droht dem gesamten Euroraum eine Rezession wie 2008. Also ein Konjunktureinbruch im kommenden Jahr, der ganz entscheidend dem gegenwärtigen Euro-Krisen-Management zu verdanken ist, das Staaten wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und demnächst wohl auch andere aushungert und um Wachstumsressourcen bringt. Kurz vor einem EU-Gipfel, der ursprünglich dem 20. Jahrestag des Maastricht-Vertrages gewidmet sein sollte, stellt die Expertise einer einflussreichen Ratingagentur alle Beschlüsse dieses Treffens in Frage, bevor sie überhaupt gefällt sind. Der Begriff Euro-Restlaufzeit scheint keine Floskel mehr.
Kommentare 14
Welch eine Überraschung, ach nein, dass haben ja viele schon vor Wochen und Monaten gesagt. Wenn wir für andere Staaten bürgen geraten wir in den Strudel derer Schulden.
Wie sagte meine Mutter schon, "Du darfst alles im Leben machen, nur nicht für andere bürgen." Es ist ja bei einer Bürgschaft so, dass man sich nicht mehr an den Schuldner wenden muss, sondern sich gleich an die Bürgen wenden kann.
Und, ja, es ist richtig, das was S da veranstaltet ist politisch motiviert, da wird die US-Regierung bestimmt ihre Finger mit im Spiel haben. Es wird natürlich gerne von der noch schlechteren Bonität der USA abgelenkt. Hätte die USA nicht so ein starkes Militär, die Schuldner hätten das Land schon längst unter einander aufgeteilt.
Und, nein meine lieben berliner Freunde, wir sind nicht dafür verantwortlich, dass die anderen Staaten total verantwortungslos gehandelt haben.
Und, nein, wir sind nicht dafür verantwortlich, dass die anderen Staaten nicht wettbewerbsfähig sind, denn damit diese Staaten wettbewerbsfähig werden, haben wir sie viele Jahrzehnte mit vielen, unglaublich vielen Milliarden unterstützt, doch statt in Infrastruktur, Forschung, Entwicklung, Bildung und Industrialierung wurden das Geld als Wahlgeschenke verteilt.
Und, keine Ahnung, ob der EURO ein Fehler war, wenn er wirklich so verkehrt war, dann müßte es den nicht EURO-Ländern inzwischen hervorragend gehen, aber wenn ich mir so Großbritannien ansehe..., aber wenn ich mir dann ansehe, dass wir wegen dem EURO für andere Länder Schulden aufkommen sollen, dann sollten wir so schnell wie möglich aus dem EURO aussteigen.
Es ist leider so, dass man keine wirklich einfachen Antworten für die Probleme dieser Zeit findet und wir werden wohl jetzt erleben. Warum der Staat sich Geld von den Banken leihen muß, habe ich leider auch nie ganz verstanden.
Wedelt nun der Hund mit dem Schwanz oder der Schwanz mit dem Hund? Oder folgt unser Hund gar dem Pawlowschen Reflex?
Ist ein schlechtes Rating nun die Ursache für steigende Zinsen von Staatanleihen oder sind die Rating-Agenturen die willfährigen Werkzeuge ihrer Kapitaleigner und der dahinter stehenden Interessengruppen, um an den steigenden Zinsen kräftig mitzuverdienen?
Es vergeht kein Tag, an dem die europäische Politik die Rating-Agenturen des unlauteren Vorgehens bezichtigt. Gleichzeitig reden dieselben Politiker von dem verloren gegangenen Vertrauen, das die Politik durch eine solide Haushaltspolitik wieder zurückgewinnen muss, damit die Investoren wieder Staatsanleihen kaufen.
Wer spielt hier eigentlich wen gegeneinander aus? Eines scheint sicher, dass auf dem Rücken des Normalbürgers ein perfides Spiel getrieben wird oder wie lässt es sich erklären, dass bis heute noch keine wirksame Regulierung der Finanzmärkte staatgefunden hat und wir bis heute keine unabhängige europäische Ratingagentur haben, die diesem Treiben ein Ende setzt.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Politik als Erfüllungsgehilfe der Finanzmärkte fungiert und die Ratingagenturen als der "neutrale" Beelzebub agieren, um die Interessen derjenigen durchzusetzen, die in allen G20-Staaten das Sagen haben. Ich komme auf den Pawlowschen Reflex zurück, der nichts anderes als eine Konditionierung ist. Auf die Darbietung eines unbedingten Reizes = Androhung der Herabstufung des Rating folgt die unbedingte Reaktion = was müssen wir tun, damit wir bei den Finanzmärkten nicht in Ungnade fallen? Die Frage stellt sich nur, wer die Glocke klingelt.
Wie lange wollen wir uns das eigentlich noch gefallen lassen?
Naja, jetzt will S auch noch den EFSF herabstufen, wenn das kein Zeichen für ein Ende des EURO ist, was dann?
Ich wiederhole, man bürgt nicht für andere, das führt immer zu bösem Blut. Jeder muß für seine Taten selber einstehen, man kann jemanden helfen, aber man darf nie für einen anderen Bürgen.
Und, S ist eine Marionette seiner Anteilseigner und der US-Regierung.
Keine Sorge, ausser Sie haben Vermögen, denn Sesterzen bald nix mehr wert sein.
Eine Anmerkung zu Blog 1 - natürlich haben Sie vollkommen recht, dass die Rating-Agenturen von den Regierungen der Eurostaaten auch als Druckmittel benutzt werden, um ihre Austeritätspolitik durchzusetzen, da spielt man gern gegenseitig den Ball zu.
Hinter der Drohung stehen die USA, weil Europa zerstört werden soll.
Hätte Merkel aber auf die bekannten und klugen Leute wie die Herren Professoren Flassbeck, Horn, Bofinger oder Dirk Müller gehört, hätte man Problem schon längst gelöst. Es wird alles nur von Jahr zu jahr verschoben und die Situation wir dadurch immer problematischer.
Merkel zockt am Abgrund und das werden wir in Europa bald zu spüren bekommen. Die größte Bedrohung für unser Land ist Merkel hinsichlich ihrer Unfähigkeit (Berater).
Guten Abend,
mir geht die anonymisierte Berichterstattung über die Ratinghäuser allerorten auf den Geist. Wer sind die "Scharfrichter der Ratingagentur Standard Poor's"? Jeder Soziologe, Historiker, Ökonom, der eine These vertritt, ein Gutachten erstellt oder ein umstrittenes Papier vorgelegt hat, wird namentlich genannt und auch namentlich kritisiert. Wenn ein Wirtschafts- oder Politikinstitut als Institution ein Gutachten erarbeitet, erfährt man dennoch den oder die Namen des/r Autoren. Bei den Ratingagenturen scheint, so legt jedenfalls die Berichterstattung nahe, das Gegenteil der Fall zu sein.
Also mit Brecht gesagt: "Die dunklen Mächte, Frau [oder Mann], die dich da schinden, Sie haben Name, Anschrift und Gesicht.“
Kann nicht mal jemand einen Artikel zu diesem Thema schreiben? Wie heißen die Herren (und Damen?), die nun konkret Frankreich und der BRD mit großer Geste drohen? Wo haben die ihr Büro? Wie kommen die zu ihren Resultaten?
Gerade wurde im Heute-Journal des ZDF einer der für Deutschland zuständigen Analysten von Standard Poor's interviewt.
Danke, die Bitte nach einem Artikel, in dem mal Namen genannt werden, halte ich dennoch aufrecht. In den meisten Fällen erfährt niemand den Namen der "Analysten", die ohne Legitimation so viel Macht in Händen halten. Wer zum Beispiel hat kürzlich den "Fehler" begangen, Frankreich "aus Versehen" herabzustufen?
Da war wohl kein Fehler, sondern ein gezielter Schuss vor den Bug, um Sarkozy wegen seiner EZB-Vorstellungen zu beeinflussen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Politik die Ratingagenturen genauso wie die EZB gefügig machen will und nicht über das eigene Versagen zur Schuldenkrise spricht.
Damit sie weiter Füllhörner über die Menschen ausgießen dürfen, um weiter gewählt zu werden.
Dabei ist die Politik per Gesetzgebung zuständig für die Kontrollen der Finanz- und Kreditwirtschaft.
Als die Lehmann-Brothers Pleite gingen, hatten die gleichen Politiker bemängelt, dass die Ratingagenturen nicht ausrreichend schlecht "geratet" hatten.
Wer sich der "Macht" der Rating-Agenturen unterwirft, muss sich nicht wundern, wenn deren Ratings allein am Wohle der USA orientiert sind!
Wäre die Lage nicht so ernst und der Gedanke nicht so verschwörungstheoretisch, dann müsste man fast annehmen, ja glauben, die "Krise" ist inszeniert.
Vor nicht allzu langer Zeit bejubelten Optimisten, Träumer schon das abermalige Scheitern und den Untergang des "Neoliberalismus", zu unrecht, wie wir nun feststellen und auch bald in diesem Lande spüren dürften.
Ein neues Schlagwort wurde in die Debatte eingeführt und täglich rauf unf runter in die Köpfe der Menschen eingehämmert.
Das Schlagwort lautet: Austerität
Was unter dem Deckmantel dieses Begriffes an so genannten Reformen zu erwarten´ist, umgesetzt werden kann, soll und wird, hätten sich die "Neoliberalen" vor dieser Krise denken, niemals aber gar zu träumen "gewagt".
Chapeau kann man leider dazu nur sagen. Hat denn jemand tatsächlich geglaubt der berühmte "Leipziger Parteitag" der CDU unter Führung von Merkel hätte nie stattgefunden?
Welch ein Geschwätz!
Da kann man nur mit einer schönen Bemerkung Rahm Emanuels, des Stabschefs von Präsident Obama, antworten: "Krisen sind viel zu gute Chancen, als dass man sie ungenutzt verstreichen lassen dürfte ..."