FDP rettet Merkel

Bundestagswahl CDU/CSU und FDP haben ein Mandat zur Regierungsbildung erhalten, die Überhangmandate werden wohl den Ausschlag geben. Desaströs der Absturz der SPD

Das Unterbewusstsein hat mit gewählt an diesem 27. September. Anders lässt sich das Absinken der Union unter die 35-Prozent-Marke kaum deuten. Eine klare und vor allem politisch eindeutige Mehrheit ist es nicht, die es Angela Merkel überlassen will, was in den nächsten Monaten als Krisenbewältigung und Schuldentilgung stattfinden muss. Viele Wähler ahnen sehr wohl, dass die Krise nicht wie ein kühler Hauch an ihnen vorüberziehen wird. Dennoch: Wie das Land in einer für Krisenzeiten fast unbegreiflichen inneren Balance blieb, so legt auch diese Wahlergebnis, wie es sich jetzt nach den ersten Hochrechnungen abzeichnet, Wert auf Proportionen und Patt. Abgesehen vom desaströsen Ergebnis der Sozialdemokraten gibt es keine wirklich eklatante Dominanz des einen oder anderen Lagers. Die prozentuale Parität zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts mag ein Indiz für ein Kräfteverhältnis sein, es ist aber auch ein Zeichen der Ratlosigkeit und der gesellschaftpolitischen Orientierungssuche. Ein Indiz dafür ist der Umstand, dass ausgerechnet eine klar marktliberale Partei wie die FDP in einer Krise triumphiert, die einem radikalen Marktliberalismus zu verdanken ist.

Die Verluste der SPD legen dieser Partei dringend eine innere Regeneration nahe. Noch niemals in der Geschichte des Bundesrepublik hatten die Sozialdemokraten ein derart schlechtes Ergebnis – nur zu Beginn der Arä Adenauer lag die Partei mit 29,2 (1949) sowie 28,8 Prozent (1953) unter der 30-Prozent-Marke. Und noch nie seit ihrem ersten Antritt bei den Bundestagswahlen vom 5. Oktober 1980, als sie seinerzeit bei 1,5 Prozent einkamen, haben die Grünen ein zweistelliges Resultat vorzuweisen. Entscheidend für eine Regeneration der SPD ist jedoch, dass ausgesprochen gute Ergebnis der Linkspartei, die ihre Erwartungen erfüllt sieht, sich endgültig als legitime politische Kraft etabliert hat und künftig von einer Sozialdemokratischen Partei in der Opposition kaum mehr ignoriert werden kann. Über zwölf Prozent der Wähler haben für eine Linke votiert, die sich seit ihrem ersten Antritt 2005 trotz aller Diffamierungen nie davon abbringen ließ, dem Thema soziale Gerechtigkeit Priorität einzuräumen.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden