Frisches Geld

Banken-Bonus Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will mit zehn Milliarden Euro aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" die Kreditblockade der Banken aufbrechen

Banker hierzulande dürfen sich freuen. Ihr Kreditgeiz wird belohnt. Wer anders kommt für solcherart Honorierung in Frage als der Staat. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will den Finanzinstituten frisches Geld verschaffen und zehn Milliarden Euro aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" umwidmen. Damit soll Unternehmen des produzierenden oder dienstleistenden Gewerbes gegeben werden, was ihnen die Banken verweigern: Kredite gegen Schwächeanfälle in der Krise, zur Finanzierung von Auslandsgeschäften, gegen drohende Insolvenzen. Adressat dieses Liquiditätsschub sind freilich zunächst nicht die Kreditbedürftigen, sondern die Kreditblockierer. Noch den Vorstellungen Guttenbergs soll die staatliche KfW-Bankengruppe Privatbanken Globaldarlehen gewähren, die dann an Unternehmen weitergereicht werden, denen das Wasser bis zum Halse steht.

Weshalb tritt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nicht selbst als direkter Kreditgeber in Erscheinung, wenn es etwa um Finanzhilfen für Unternehmen der Exportwirtschaft geht? Guttenberg nimmt einen – fast möchte man sagen – Umweg, auf dem die KfW über Hermes-Bürgschaften gesicherte Ausfuhrkredite der Banken aufkauft, damit diese wieder neue Exportkredite vergeben. Vereinfacht gesagt, der Staat entlastet die Finanzinstitute von Krediten, damit die neue Kredite auszureichen. Man könnte es auch drastischer formulieren: der Staat übernimmt die Risiken – die Banken werden davon weitgehend befreit. Und das, obwohl sich alle Bankhäuser seit Monaten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einem extrem niedrigen Zinssatz – er liegt bei einem Prozent – mit frischem Geld versorgen können. Diese Mittel sind ihnen einzig und allein deshalb zu solch lukrativen Konditionen zugänglich, weil damit das Kreditgeschäft belebt, die Kreditblockade aufgebrochen, der Kreditbedarf auch kleiner und mittlerer Unternehmen gedeckt werden kann. Bisher jedoch blieb das ein frommer Wunsch.

Minister zu Guttenberg kann sooft beteuern, wie er will, der Staat denke gar nicht daran, der Kerngeschäft der Banken zu übernehmen – er tut nichts anders. Kreditvergabe ist deren Kerngeschäft, das vom Staat inzwischen mit solcher Hingabe betrieben wird, dass den Banken dieser eifrige Vorturner längst wie eine lästige, ja existenzgefährdende Zumutung erscheinen müsste. Tut er aber nicht, weil fortwährende staatliche Fürsorge vorrangig eines bewirkt, ja bewirken soll: die Existenz der Banken sichern, ohne dass die ihren Daseinszweck erfüllen müssen. Das vom Wirtschaftsminister avisierte Zehn-Milliarden-Programm wird ein weiteres Exempel dafür sein, wie die Verursacher der Finanzkrise von unvermeidlichen Aufräumarbeiten freigestellt werden. Und wie viele derartige Exempel hat es seit dem 15. September 2008 schon gegeben? Seit mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers die US-Immobilienkrise zur globalen Finanzkrise wurde? Erst das Rettungspaket von 400 Milliarden Euro, mit dem der Staat faktisch für das gesamte Bankensystem bürgte, dann die Offerte der EZB mit ihren zinslosen Krediten für Privatbanken, dann die generös eingeräumten Möglichkeiten, wertlose Wertpapiere auf staatliche sanktionierten Mülldeponien namens Bad Banks zu entsorgen. Von der Reanimierung der Hypo Real Estate ganz zu schweigen.

Braucht der Staat eine Therapie, um von der Sucht zur Bankenrettung und -hilfe erlöst zu werden? Wären nicht gelegentlich neben den jetzt vorlegten Plänen auch Ideen des Hauses Guttenberg hilfreich, denen sich entnehmen lässt, wie die systemische Macht der Banken so zu beschneiden ist, dass sie bei der nächsten Krise pleite gehen können, ohne dass ganze System mitzunehmen?

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

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