Gegner auf Augenhöhe

USA/Russland Von einer strategischen Partnerschaft zwischen beiden Staaten und Systemen war zwar viel die Rede, doch eine Allianz auf Augenhöhe kam nie zustande
Ausgabe 33/2013
Rivalen aus Tradition: Barack Obama und Wladimir Putin
Rivalen aus Tradition: Barack Obama und Wladimir Putin

Foto: Jewel Samad/ AFP/ Getty Images

Da US-Regierungen gern den globalen Zuchtmeister geben, wird jetzt also Russland wegen des Asyls für Edward Snowden bestraft. Barack Obama kommt zwar zum G20-Gipfel nach St. Petersburg, ist aber für Gastgeber Wladimir Putin nicht zu sprechen. Die wenig souveräne Trotzreaktion schreibt ein diplomatisches Desaster fort, in das sich der US-Präsident selbst manövriert hat, indem er verbissen auf der Auslieferung des Abtrünnigen bestand. Ohne Wenn und Aber! Wer etwas auf sich hält, konnte dem schlecht nachgeben. Wurde in Washington ernsthaft erwartet, dass ausgerechnet Russland tut, wie ihm geheißen?

Allenthalben wird nun der Eindruck erweckt, der Fall Snowden lasse von „strategischer Partnerschaft“ zwischen den USA und Russland nicht viel übrig. Wie kann verloren gehen, was nicht vorhanden ist? Die Allianz auf Augenhöhe kam zwischen beiden Staaten und Systemen nie zustande, weil die Gegner von einst keine Freunde wurden, sondern Gegenspieler blieben. Sicher gab es seit 1990 immer wieder Phasen, in denen nationale Interessen zu pragmatischen Agreements führten. So brauchten die Amerikaner russischen Transit, um ihre Truppen in Afghanistan zu versorgen. Im Gegenzug wurde eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens auf Eis gelegt oder der Aufbau einer Raketenabwehr, die sich objektiv gegen Russland richtete, nicht mit der Vehemenz betrieben, wie das unter Präsident George W. Bush geschah. Im Moment jedoch scheint das Reservoir der Arrangements ausgeschöpft.

Die Transportkorridore für die US-Armee nach Mittelasien werden nach 2014 nicht mehr wie bisher gebraucht. Auch dürfte Russland weder verschärften Iran-Sanktionen zustimmen noch seinen Verbündeten Syrien fallen lassen, damit Präsident Assad leichter gestürzt werden kann. Und nuklear abrüsten wird Putin erst dann, wenn das Projekt Raketenabwehr endgültig beerdigt ist. Wer vorübergehend nichts miteinander anfangen kann, hat wenig zu bereden. Doch irrt Obama, wenn er Putin vorwirft, nach wie vor im Kalten Krieg zu leben. Nicht Ideologien scheiden Russen und Amerikaner, sondern Rivalitäten, die sie um ihrer selbst willen austragen.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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