Auf eine halbe Revolution folgt stets eine ganze Konterrevolution. Die Erfahrung blieb der revolutionären Linken im 19. und 20. Jahrhundert nicht erspart, weder 1871 mit der Pariser Kommune, noch 1918, als die Novemberrevolution über Deutschland zog.
Gegenwärtig wird jene dialektische Kausalität durch eine türkische Episode ergänzt, Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass auf einen halben Putsch ein kompletter Staatsstreich folgt. Tayyip Erdogan instrumentalisiert die Ereignisse, um sich totaler Macht zu versichern. Die Armee, der öffentliche Dienst, die Justiz werden von unerwünschtem Personal gesäubert (die Listen müssen schon länger vorgelegen haben, um sie nun so schnell abarbeiten zu können). Die ohnehin nur noch fragilen Reste von Rechtsstaat und Demokratie weichen präsidialer Selbstermächtigung.
Man kann das verdammen, verwünschen, verachten, verfluchen, verurteilen – ignorieren lässt sich dieses Land so wenig wie sein Staatschef und jener Teil seines Anhangs, der sich dazu aufhetzen lässt, eigene Soldaten zu lynchen. Was wird davon im kollektiven Gedächtnis bleiben und sich früher oder später bemerkbar machen?
Wenig überraschend lebt in dieser Situation die Debatte um die EU-Kompatibilität der Türkei wieder auf, als werde deren Mitgliedschaft noch ernsthaft erwogen, als sei sie nicht längst ad absurdum geführt.
Es ist ein falsches Spiel, bei dem sich Brüssel scheut, einen vorläufigen, aber eindeutigen Schlussstrich zu ziehen, und so Erdogan dazu verhilft, mit dieser Indifferenz zu spielen. Er kann darauf beharren, in Europa vorgelassen zu werden, ohne dies wirklich zu wollen, geschweige denn zu können.
Erdogan kann seiner Gefolgschaft suggerieren, die EU sei einem starken Türkentum, das entschlossen und geschlossen handelt, nicht gewachsen – und werde dem künftig weniger denn je gewachsen sein. Man sei daher gut beraten, sich der eigenen Kräfte, der eigenen Kultur und Würde zu besinnen. Wie lange wird es dauern, bis EU-Sympathien in der Türkei zur staatsgefährdenden, staatsfeindlichen Gesinnung erklärt werden?
Stuhl vor die Tür
Wenn nun deutsche Politiker wie der CSU-Vorsitzende Seehofer insistieren, jetzt sei die Zeit reif, den Türken die EU-Ambitionen endgültig auszutreiben, zeigen sie nicht Kante, sondern lassen sich von Erdogan für seinen Kulturkampf instrumentalisieren. Sie sagen, wovon er hofft, dass sie es sagen. Sie sagen, was er will. Noch abwegiger sind Überlegungen, Ankara weiterhin die Option einer privilegierten Partnerschaft mit der EU anzubieten. Das klingt schon deshalb absurd, weil sich der türkische Staatschef davon beleidigt fühlt – oder gibt – und sich folglich nie darauf einlassen wird.
Jahrelang hat Angela Merkel den zweitklassigen Status einer EU-assoziierten Türkei favorisiert, um Kritiker im eigenen politischen Lager zu beschwichtigen und nicht erklären zu müssen, warum Deutschland einen staatstragenden Islam wie im Iran missbilligt, einen solchen aber mit partnerschaftlicher Nähe bedenkt, sobald es sich um die türkische Wiese handelt.
Tatsächlich hätte die EU lange vor der Putschnacht vom 15. zum 16.Juli dem missliebigen Aspiranten den Stuhl vor die Tür stellen sollen. Nicht allein wegen Erdogan – um ihrer selbst willen, aus Einsicht in ihren labilen Zustand. Klammert man den religiösen Faktor einmal aus, dürfte unbestreitbar sein, dass die Staatenunion derzeit weder über die innere Verfassung, noch den Zusammenhalt, noch den politischen Überbau verfügt, um diesen Sozius zu verkraften.
Es wäre mit harschem Widerstand aus den katholischen Staaten Osteuropas zu rechnen, es gäbe keinen Wertekonsens, finanzielle Barrieren und nicht den Hauch einer Chance, eine konsistente Politik für eine Region zu entwickeln, in die man sich mit der Türkei vorwagt. Zu diesem Raum gehören Kriegs- und Krisenstaaten wie Syrien, der Irak, Jordanien und der Libanon. Die Türkei wäre – ob mit oder ohne Erdogan – von ihrem geostrategischen Gewicht und regionalmächtigen Ansprüchen her derart exponiert, dass ihr in der EU ein Sonderstatus zukäme und gegen ihren Willen kaum etwas durchzusetzen wäre. Das sollte man wissen, wollen und ertragen können – muss es aber nicht.
Europa am Zügel
Es bestehen Bande mit der Türkei, die essentieller, unerlässlicher und strategischer sind als sie innerhalb einer maroden EU je sein würden. Das Land ist der Schlüsselstaat in der Flüchtlingskrise und als solcher eine politische Lebensversicherung für die deutsche Kanzlerin.
Sie ist Vorposten der NATO in Nahost, die dort präsent sein kann, um in Konflikte hineinzuwirken, ohne von diesen übermannt zu werden. Die Türkei ermöglicht die permanente und die permanent dosierte Intervention, s. Anti-IS-Allianz. Sie wird für ein zu befriedendes Syrien unverzichtbar sein, falls sie sich mit Russland wieder arrangiert, wofür es Anzeichen gibt.
Erdogan kann die Teilung Zyperns beenden oder aussitzen, aber in jedem Fall zu seinen Gunsten ausspielen. Wofür er sich wann entscheidet, hängt davon ab, was sich wie auf das Verhältnis zur EU auswirkt. Was wie den politschen Gebrauchswert dieses Verhältnisses beeinflusst. Es geht auch hier um die Botschaft an den religiös-nationalistischen Anhang: Seht her, wie das Türkentum Europa die Hand führt und am Zügel hält.
Keine Frage, das vereinte Europa, der Westen überhaupt, die NATO im besonderen, können der Türkei Tayyip Erdogans nichts anhaben, ohne sich selbst zu schaden. Sie haben sich viel zu sehr auf dieses islamisierte Regime eingelassen, als dass sie jetzt von ihm lassen könnten. Erdogans Freibrief für Willkür und Repression ist die schwindende Beherrschbarkeit einer aus den Fugen geratenen Region, von der sich Europa verzweifelt abzuschotten sucht, ohne es zu können. Die sie nicht aufgeben will, weil das die eigene Machtprojektion beschneiden würde.
Evrens Diktatur
Die scheinbar grenzenlose Toleranz gegenüber der strategischen Exklusivität der Türkei hat schon den Ost-West-Konflikt geprägt. Dies galt erst recht, als 1979 der Iran aus der amerikanischen Einflusssphäre rutschte.
Viermal haben türkische Militärs seit der NATO-Aufnahme ihres Landes im Jahr 1952 geputscht. Zuletzt war es General Kenan Evren, der 1980 eine Militärdiktatur errichtete, um ein gnadenloses Terrorregime zu führen, das seine Gegner nach Geheimprozessen hinrichten ließ. Es wurde nie bekannt, dass in jener Zeit – Evren regierte bis November 1989 – ein NATO-Ausschluss der Türkei oder wenigstens eine Suspendierung der Mitgliedschaft auch nur erwogen wurde.
Kommentare 65
Frage Nummer 1: Wem nutzt die derzeitige Politik Richtung Türkei in der EU?
Frage 2: Bestimmt nicht die USA den politischen Kurs zur Türkei?
Frage 3: A. Merkel ohne Hilfe der Türkei im Rahmen ihrer Flüchtlingspolitik ist am Ende ihrer Weisheit. Folgerung: Das war es dann mit ihr, als Kanzlerin.
Frage 4: Was hat der deutsche Lohnempfänger von dieser Politik?
Moral ist teilbar
Unisono tönt es durch den Europarat und die ganze EU, daß die Türkei keine Todesstrafe einführen darf. Sollte die Türkei die Todesstrafe wieder einführen, wird für alle Europäer eine Rote Linie überschritten.
So weit, so gut.
Nehmen wir einmal an, daß die Türkei genau diese Rote Linie überschreiten will, um sich in NahOst als Machtfaktor zu positionieren. Dann ist die gesamte Strategie eines Atatürk mit der Hinwendung zu Europa und das taktiererische Verhalten der EU, allen voran Mamma Dilemma, gescheitert.
Übertragen wir dies auf andere Programme der EU, dann ist da noch die Verhandlung um TTIP/CETA/TiSA:
Trotz der Todesstrafen in den USA, die besonders in Texas immer noch zelebriert wird, verhandelt die EU-Kommission weiter das TTIP-Abkommen mit den USA um den Beitritt zur Freihandelszone EU, obwohl die USA die Todesstrafe nicht abgeschafft haben und auch gar nicht daran denken.
Moralfragen sind immer auch Machtfragen. Daran wird sich wohl nie etwas ändern. Die Frage ist nur, welchen Schaden man nimmt, indem man glaubt, dass es nicht so ist.
es gibt kulturelle und geo-strategische gründe,
warum england,rußland,die türkei,
anders gelagert, divergenzen zu kern-europäischen haltungen hat.
trotzdem muß kern-europa daran gelegen sein,
daß dort ähnliche demokratie-standards herrschen: damit man mit-einander reden kann, ko-operation weitest-gehend möglich ist. ab-schottungen begrenzt werden.
wer rote linien zieht,
sollte sie sorgfältig um substantielles ziehen und wissen,
wie man ihnen geltung verschafft.
tatsächliche ohn-macht läßt sich durch intensiv-tumulte
nicht verbergen.
* * * * *
Prima und danke, daß Sie das so dargelegt haben. Genau diese Gedanken gingen auch durch mich.
Die Gedanken sind frei;
nur wenige wissen, wie doppeldeutig das ist.
klasse kommentar! und ein teil der us-polize exekutiert die todesstrafe für nichtweiße bürger*innen öffentlich auf der strasse. ekelhafte doppelmoral:gute todesstrafe ( usa) und böse todesstrafe in der türkei.
Bytheway: Camus...Der Ruf nach dem Henker
Im Prinzip ja, aber dann sollten die Protagonisten auch konsequent sein.
Als 2003 der Nahe Osten destabilisiert wurde, wäre Mamma Dilemma gern dabei gewesen. Die Konsequenzen der Politik von damals erleben wir heute.
"Klammert man den religiösen Faktor einmal aus, dürfte unbestreitbar sein, dass die Staatenunion derzeit weder über die innere Verfassung, noch den Zusammenhalt, noch den politischen Überbau verfügt, um diesen Sozius zu verkraften."
Das sind bedenkenswerte Überlegungen. Gleichwohl sei daran erinnert, die tragenden Länder der EU, Deutschland, Frankreich, Großbritannien sind in Kleinasien, Mittlerer- Naher Osten nicht wirklich als Opfer sondern spätestens seit 1916 mit dem Geheimen Sykes-Picot Abkommen als strategische Täter unterwegs, die ganze Region nach ihrem Belieben aufzuteilen. Damals noch gegen heute mit Deutschland. daran hat sich, siehe Nahostkonflikt seit 1947 mit erweiterten Kampfzonen bis in den Irak, Srien nichts geändert.
Ganz im Gegenteil seit Gründung der EU gilt diese Region, samt der Türkei dieser als Hebel den sicherheitspolitischen Aspekt statt den sozialen als Grundlage der EU zur Vereinheitlicherung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in den EU- Ländern gegen nationale Partialinteressen auf die Agenda setzen zu können
"Zu diesem Raum gehören Kriegs- und Krisenstaaten wie Syrien, der Irak, Jordanien und der Libanon. Die Türkei wäre – ob mit oder ohne Erdogan – von ihrem geostrategischen Gewicht und regionalmächtigen Ansprüchen her derart exponiert, dass ihr in der EU ein Sonderstatus zukäme und gegen ihren Willen kaum etwas durchzusetzen wäre. Das sollte man wissen, wollen und ertragen können – muss es aber nicht."
Im Geheimen Sykes-Picot Abkommen 1916 war die Türkei aus den Trümmern des zerschlagenen Osmannischen Reiches 1918 - 1923 in der heutigen geografischen Form und Bestand, wie diese von den damaligen Jungtürken mit Kemal Atatürk als säkularer Militär und Reformer militärisch erfolgreich erzwungen wurde, nicht vorgesehen, sondern ging es auch um ein Kurdistan, das über Teile des heutigen Syrien, im irak stategisch platziert an den Iran reicht.
Genau daran, Nato hin, Nato her, arbeiten die Militärstrategen der EU- Länder. Im Wege des Brexit wird in Großbritannien sogar die Option des Ausitritts aus der Nato erwogen werden, um die entsprechendes "Peer Steinbrück" Beinfreiheit im Sinne des Geheimen Sykes-Picot Abkommens wieder zu erlangen.
Fragt sich nur wie Russland in diese Plänegegen die heutige Türkei eingebunden wird, während die USA sich desillusionisiert uninteressiert mit Grausen abwenden und dem Pazifikraum noch mehr zuwenden
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/geheimes-sykes-picot-abkommen-1916-2016
JOACHIM PETRICK 07.06.2016 | 01:46 3
Geheimes Sykes-Picot Abkommen 1916-2016 2
Erster Weltkrieg «Prawda» deckt 1917 nach der russischen Oktober Revolution britisch- französisch- zaristisches Geheim- Abkommen zur Aufteilung des Osmanischen Reiches auf und klagt an
Tja, ich würde da auch noch in frei und wohlfeil unterscheiden wollen; denn Realitäten mit (Aus)Wirkungen sind Gedanken allemal.
Danke für die Quelle
Mit der Einschränkung, daß nicht alle Gedanken zur Wirkung werden (müssen).
Tun se abber
In einem MeinungsMagazin gibt es für mich eine Rote Linie. wo ich die Debatte abbreche.
Wer soll das glauben, was der Autor so von sich gibt? Antwort: Der Wähler der schlappen EU-Garde und der besonders nutzlosen Govermentsqlique der feigen BRD-Verwaltungseinheit, die sich Regierung schimpft. Wer mit Despoten Verträge schließt in seiner Schwäche, der braucht sich doch nicht zu wundern, dass Despoten vom Range Erdogans mit solchen Laien ein Spiel treibt. Die BRD-Regierungsschauspieler haben zwar Geld, die EU Fritzen auch, aber an Schläue und Hinterlist sind diese einem Erdogan niemals gewachsen. Und wenn sie noch so rumkrakelen, am Ende werden sie dem Diktator seinen Willen tun. Weil sie so feige sind Aber mutig genug, um sich mit Atomgroßmächten wie Rußland anzulegen, dafür langt es bei den intelligenzgeschwächten Möchtegernegenies immer. Kann ihnen nicht mehr zusehen und nicht mehr zuhören, ich benötige eine Brechtüte bei zu langem Gebrauch der westeuropäischen Regierungsschlichtheiten.
Frage 4: Hat Herr Erdogan die Drückmittel gegen USA? Z.B. den Herr Gülen gegen die Nuklearwaffen auf Ancalic umtauschen?
So ein Quatsch. "Gern dabeigewesen". Damals hat sie Wahlkampf gegen Schröder gemacht, der erst in Goslar was von Nein zum Irak-Krieg sagte und dann - hintenrum - auch so allerlei ermöglichte.
http://www.iraktribunal.de/hearing190604/schreer.htm
Hier ist eine Quelle dafür.
Das ist bekannt, macht trotzdem einen Unterschied, ob deutsche Soldaten im Irak eingesetzt werden, oder als NATO-Partner logistische Hilfe außerhalb des Irak leisten.
Wenn ich sehr genau sein will, sind auch die Herstellung von Militaria in D verwerflich, die dann über den Umweg der NATO-Partner im Nahen Osten eingesetzt werden.
Im Kommentar ging es mir um die Differenz zwischen der öffentlich zur Schau gestellten Vasallenschaft von CDU und ihrer bayerischen Sekte CSU mit den Kriegsparteien im Gegensatz zur Zurückhaltung der SPD und den Grünen. Das war nicht nur Wahlkampf, sondern Kalkül um die Fragwürdigkeit der Argumente für diesen Krieg. Wie sich inzwischen herausgestellt hatte, war der Krieg nicht nur fragwüedig, sondern kriminell.
Vermutich ist der Chilcot Report auch Quatsch, einen destabilisierten Nahen Osten gibt es gar nicht und die Kriegsflüchtlinge aus Syrien machen hier nur Urlaub.
wäre Mamma Dilemma gern dabei gewesen
Ja, Mutti Merkel bewarb sich regelrecht darum, wie hier bei Youtube nachzuschauen ist: Merkels Bundestagsrede von 2002 gegen ein deutsches Nein zum US-gewollten Regimechange-Krieg gegen den Irak.
Das ist gut und wichtig, sich das nochmal in Ruhe anzuschauen, auch die Demagogie in Merkels Worten nochmal zu hören, nicht nur ihre Körpersprache zu beobachten.
Dankenswerterweise hat Albrecht Müller heute auf den Nachdenkseiten nochmal daran erinnert.
Cui bono – das ist hier die Frage! Und ich denke – Sultan E. hat sie mit seiner Rhetorik und Handeln selber beantwortet. Das alles erinnert mich an Röhm Putsch 1938! Was mich irritiert, hat die Nato/EU/ Dienste nichts gewusst, was sich da anbahnt? Schwer vorzustellen – auch weil in Incirlik Atomwaffen der USA liegen. Für mich auch sehr eigenartig – die verhaltenen Reisewarnungen aus Deutschland. Weiter, Erdogan wird weiter als EU Grenzwächter gebraucht und die Türkei als 2 stärkste Nato Armee auch. Das alles sieht nicht gut aus, und wer von Gottes Segen und warum sollen ich die “Putschisten“ durchfüttern … spricht, das ist das so ähnlich wie Heine sagte, dort wo Bücher brennen... usw. das Ende ist bekannt.Und wenn`s sich rechnet - da bleibt im Kapitalismus die Menschlichkeit immer auf der Strecke!
"Erdogan lässt Piloten festnehmen, die russischen Kampfjet im November abschossen" Das kann ich nicht einordnen, sie?
Cui bono - der Dritte Mann
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte Mann.
Die öffentlich Handelnden sind Marionetten in einem Spiel, bei dem der Dritte Mann oder mehrere Dritte die Fäden ziehen. Um sogenannte Werte der ideellen Kategorie geht es dabei nicht, sondern um WERTE in Cash, weil irgend jemand die Rechnungen bezahlen muß, die solch ein Spiel kostet.
Da flattert mir doch prompt das über den Bildschirm: "Freigegebene Geheimakten belegen paramilitärische Sabotagepläne der CIA für den Mittleren Osten im Kalten Krieg" (Telepolis, 19.7.16)
Das muss gar nichts mit dem aktuellen Ereignissen und dem zutun haben, was u.a. 2013 in der Österreichischen Militärischen Zeitschrift zu lesen war: "... Ein Blick auf die Landkarte erklärt die besondere geopolitische Lage der Türkei und warum sie so wichtig für die westliche Energieversorgung ist. Die Türkei liegt mitten in der „Energie-Ellipse“ (Naher Osten/Zentralasien), in der ein Großteil der weltweiten Gas- und Ölreserven lagern. Die Trassen von den wichtigsten Förderländern zu den wichtigsten Verbraucherländern führen zwangsläufig über die Türkei, wenn man Russland und Iran umgehen will. Mit jeder weiteren Pipeline stärkt die Türkei ihre Position als Energiekorridor.
Um ihre Bedeutung als Transitland für Europas Gasversorgung und die Ölversorgung der USA zu festigen, unterstützt die Türkei im internationalen Verbund Pipeline-Projekte in die Fördergebiete Nahost- und Zentralasiens.[18]) Tendenz steigend! Aufgrund ihrer geopolitischen Lage ist die Türkei an fast allen Pipeline-Projekten - mittelbar oder unmittelbar - beteiligt, ob amerikanisch, europäisch oder russisch.[19]) Im Wettstreit zwischen South Stream und Nabucco-Pipeline hat Ankara sogar eine Schlüsselposition. Die Türkei ist aber nicht nur ein Drehkreuz für „Gas- und Ölpipelines“, vielmehr kann die Energieversorgung unschwer mit der „Wasserversorgung“ verbunden werden. Denn wer vitale Versorgungslinien planen und sichern möchte, muss neben Gas- und Ölpipelines auch die „Fernwasserleitungen“ in die geopolitische Gesamtbetrachtung einbeziehen. Hierbei spielt das GAP-Projekt eine zentrale Rolle. ..."
Dazu dieser sprunghafte Erdogan, der sich anscheinend wieder mit Russland versöhnen will ...
Etwaige Zusammenhänge sind sicher rein zufällig. Bei Zweifeln fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker nach Beruhigungsmitteln ...
Tony Cartulucci macht in einem Beitrag im Blog Land Destroyer vom 18.7.16 zu Recht darauf aufmerksam, dass, wenn der Putsch etwas mit zunehmenden Differenzen zwischen Washington und Erdogan zu tun haben sollte, sich als eine Folge zeigen müsste, dass der bisherige treue US-Vasall Ankara u.a. engere Beziehungen zu Europa, Russland und Iran anstreben müsste, ebenso die Türkei ihre Rolle bei der Zerstörung von Syrienbeenden müsste, aber auch nicht weniger als die eigene NATO-Mitgliedschaft in Frage stellen würde. Cartulucci ist da eher skeptisch. ich wäre auch überrascht, sollte das passieren, sollte u.a. aus den neuerlichen Entschuldigungen Ankaras bei Russland mehr werden.
»Bei Zweifeln fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker nach Beruhigungsmitteln ...«
Brauchen wir doch nicht. Mein Vorschlag ist einfacher. Die Biersteuer bringt bundesweit etwa 600 Millionen Euronen. Das ist natürlich jämmerlich und fraglich, ob damit die Verwaltungskosten überhaupt gedeckt sind. Ich schlage darum vor, die Biersteuer ersatzlos zu streichen und damit den Verbrauch anzukurbeln, das hebt die MWSt und beruhigt ungemein.
Nachdem die South Stream Pipeline nicht in die Türkei soll, wird die North Stream 2 gebaut und vermutlich die Poseidon Pipeline, eine uralte Option, von Griechenland nach Italien verlegt. Ukraine hat sich als schlechter Partner in GasGeschäften erwiesen und sowas meidet ein ehrlicher Kaufmann, wie die Pest.
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Merkels Plan, Samsoms Plan, türkische Pläne oder alles ESI?
"Tiefe Wunden in Brüssel" und offene Fragen
15.000 Entlassungen im BildungsbereichTürkei geht gegen Gülen-Schulen vor
Säuberung der Ämter, da erkennen wir doch eine Handschrift, sowas kann die freie Welt nicht dulden, in der eine Demokratische und Soziale Grundordnung herrscht.
Systemische Sichtweise notwendig
„Keine Frage, das vereinte Europa, der Westen überhaupt, die NATO im besonderen, können der Türkei Tayyip Erdogans nichts anhaben, ohne sich selbst zu schaden. Sie haben sich viel zu sehr auf dieses islamisierte Regime eingelassen, als dass sie jetzt von ihm lassen könnten.“
Ich würde sogar sagen, „der Westen überhaupt [und] die NATO im Besonderen“ haben der Türkei die Steigbügel für ihre gegenwärtige exponierte Stellung gehalten. Deren augenblickliche Rolle ist nur vor dem Hintergrund der gescheiterten Nah-Ost-Politik der „Westlichen Wertegemeinschaft“ zu verstehen, die den gesamten Nahen Osten in Schutt gelegt hat.
Auch in diesem Fall gilt es, eine systemische Sichtweise anzuwenden: Bei einem Mobile bewegt sich nie ein einzelnes Element alleine.
Es gibt hierfür kein besseres Beispiel als Europas Verweigerung, den vielen Nah-Ost-Flüchtlingen in Europa eine humanitäre Perspektive anzubieten und der damit verbundenen Kakofonie. Während mit Ausnahme Deutschland Europa die Grenzen dichtmachte und ansonsten ziemlich untätig blieb, wurde die Türkei aktiv, nahm jede Menge dieser Flüchtlinge auf und entwickelte darüber hinaus ein Lösungsangebot an die EU, das in einen Deal einmündete. – Die Türkei wurde zum Retter in der Not, zum Retter vor allem der Frau Merkel! Und damit zum bestimmenden Faktor, der der EU letztlich aber auch ihr eigenes Unvermögen vorführte.
Gauweiler und Wimmer fordern Reue von Merkel
Im Prinzip ja,
aber der Karneval beginnt erst am 11.11. um 11 Uhr 11.
Das Problem ist doch nicht Erdogan, der sich um der Karriere Willen in jungen Jahren an die CIA verkauft hat. Das Problem ist auch nicht Gülen, der ebenso auf der Payroll von Langley steht. Nicht einmal Merkel, die von Kindesbeinen an auf Loyalität zur Agency konditioniert wurde, ist das Problem.
Das Problem sind doch die Damen und Herren, welche die ganze Welt als ihr persönliches Schachbrett betrachten, auf dem ohne Zögern jederzeit ein paar Millionen Bauern geopfert werden können, nur damit der Notendruck und die unbegrenzte Käuflichkeit Alles und Jeden nicht zum Erliegen kommt.
Wer bitte kommt auf die Idee, den Schachfiguren die "Schuld" am Verlauf des Spiels zu geben?
Gegen Jahresende, sagen Experten, bahnt sich in der Türkei eine ökonomische Krise an.
Der Wirtschaftsboom der letzten 10 Jahre wurde auch per Ausverkauf möglich gemacht. Seehäfen, Flughäfen, vormals staatliche Monopolbetriebe für Tabak und Alkohol, Lottogesellschaften und so weiter wurden ins Ausland verkauft.
Das Tafelsilber ist futsch, der Tourismus am Boden. Das wird auch Folgen für den Bausektor haben, einen der wichtigsten Wachstumsfaktoren.
Erdogans Versuche während der letzten Wochen, die außenpolitische Isolation der Türkei zu überwinden, dürfte Folge eines massivem Drucks der Wirtschaft gewesen sein, auch dem des Wirtschaftsflügels der Erdogan-Partei, der AKP.
Erdogans Reaktionen auf das Putsch-Szenario vom letzten Wochenende schaden wiederum dem Wirtschaftswachstum. Tausende Verhaftungen, zehntausende Rausschmisse von Menschen aus wichtigen Berufen, Kriminalisierung der Opposition - die Türkei isoliert sich politisch mehr denn je.
Das kann der Wirtschaft nicht gefallen.
Und dass auch die Oppositionsparteien sich offiziell gegen den "Putsch 2016" stellten - was sollten sie denn sonst tun? Ein Parteiverbot riskieren?
Innerhalb der AKP brodelt es, auch unter den Parlamentariern der AKP. Manche glauben, Erdogan sei derzeit geistig irgendwie derangiert. Für eine gar nicht mal kleine innerparteiliche Opposition hat er selbst gesorgt.
Womöglich wird eine Mehrheit innerhalb der AKP demnächst Erdogan die Gefolgschaft verweigern.
na dann...ist ja demnächst mit einem inner-oppositionellen
partei-putsch zu rechnen.
wenn neo-liberale wirtschaftspolitik auf national-religiöse erwartungen trifft...
oder die staatliche repression funktioniert wie in ägypten...
19.07.2016 19:28 Uhr Megaleak bei Erdoğans AKP WikiLeaks wird "dauerhaft angegriffen"
WikiLeaks will geheime Dokumente zum Putschversuch in der Türkei veröffentlichen. Nach der Ankündigung werden die Server pausenlos angegriffen - die berühmte Whistleblowing-Website beschuldigt die türkische Regierung.
apatit 19.07.2016 | 17:25
Nein kann ich nicht einordnen, hat vielleicht etwas mit der neuen Linie gegenüber Russland zu tun. Muss aber nicht.
Ja, es kan nur eine Freiheit geben, nur eine Demokratie, nur eine "freie Welt". Da kennen wir freiheitlich-demokratisch nichts. Wer hat den die Welt erobert, der Westen oder wer? Also, das, was wir als Westen kennen, Europa und seine Abkömmlinge. Wo kämen wir denn hin, wenn wir Alternativen und Konkurrenten auch noch fördern würden? TINA lebt weiter, auch wenn ich kurz dachte, sie hätte beim Brexit ihren letzten Atem ausgehaucht.
Die äußern sich aber ziemlich zurückhaltend, auch wenn sie den Cyberangriff in einem wahrscheinlichen Zusammenhang mit ihrer Ankündigung sehen.
»Über 300.000 E-Mails und 50.000 Dokumente sollen es insgesamt sein, die die türkische "politische Machtstruktur" aufdecken könnten.«
Ich glaube, wenn da eine eindeutige Beweislage vorläge, hätte Wikileaks schon im Vorfeld andere Töne gespuckt. Unangenehm ist das für einen Autokraten aber allemal.
Ich halte das für wahrscheinlich. Das passt auch zu Erdogans Entschuldigung für den Flugzeugabschuß. Ich glaube, in Folge der Armenien Resolution des deutschen Bundestages und der darauf folgenden Veränderung in den deutsch/türkischen Beziehungen, versucht Erdogan sein Verhältnis zur EU und zu Russland wieder auf den Stand vor dem Abschuss zu bringen.
Im Prinzip ja, aber BrExit ist erst der Anfang von TINA; am Ende steht die totale Freiheit, totaler, als wir uns das gar nicht vorstellen können.
Wenn geheime Dokumente der türkischen Regierung existieren, sind dort mit hoher Wahrscheinlichkeit auch andere Regierungen beteiligt. Folglich haben andere Regierungen genau so ein Interesse daran, diese Veröffentlichung zu verhindern.
Darauf kannst du 1001 Verschwörungstheorie entwickeln; tun wir hier natürlich nicht :-)
"Die Wiederannäherung der Türkei an Russland sei ein diplomatischer Berfreiungsschlag, sagte der Direktor des Außenpolitik-Think-Tanks Carnegie Europe, Jan Techau, im DLF. Die Türkei versuche aus ihrer Isolation herauszukommen. Die Partnerschaft sei aber schon früher gepflegt worden." DLF, 2.7.16
Niemand will eine Verschwörungstheorie entwickeln.
Shit aber auch :-)))
Ich schlage darum vor, die Biersteuer ersatzlos zu streichen und damit den Verbrauch anzukurbeln....
wenn die Größenordnung der dann eingesparten Biersteuer so jämmerlich ist, wie soll das dann umgerecht auf ein Glas den Konsum ankurbeln?
Da haben Sie wohl Ihr eigenes Argument negiert.
.... und niemand hat die Berliner Mauer gebaut.
.... jetzt müsste man nur noch diesen NIEMAND beim Namen nennen.
Ab jetzt wird Erdogan - angelangt auf der maximalen Spitze seiner "Macht" - nur noch verlieren. Seine Finanziers werden sich von ihm abwenden, da er mit seinem autoritärem Show-Aktionismus keine Wirtschaft stabilisieren kann. Der Tourismus aus Europa wird in der Türkei rasant an wirtschaftlicher Bedeutung verlieren und damit ein ökonomisches Disaster hervorrufen. Auch die Geldtransfers der - aus ökonomischen Gründen gezwungenermaßen ausgewanderten - Türken werden geringer werden, da immer offensichtlich die Selbstbereicherung der AKP Fürsten wird. Die geheimen Petro-Deals der IS und Kurden mit der Türkei werden ebenfalls aufhören. Er hat kein ökonomisches und darauf basierendes politisches Konzept. Wie Dikaturen enden haben Indonesien, Äthiopien, Iran, Chile und Argentinien gezeigt. Jetzt hält ihn nur noch das Geld der EU und die USA, aber diese Unterstützung kann ebenfalls morgen zu Ende sein- es sei denn Rußland hilft ihm. Dies werden weder Herr Trump noch Frau Clinton zulassen. Leider werden bis dahin viele türkische Bürger durch Erdogan, dem Verlierer - der sich selbst in Kürze den Titel GröTaz (größter Türke aller Zeiten) verleihen wird, noch zu leiden haben.
Es ist eine mehr als schmerzhafte Erkenntnis, aber: Erdogan hat mit seinem Pseudo-Putsch gegen sich selbst auf ganzer Linie gewonnen. In der Türkei und weltweit. "Wo immer ein Türke lebt, da ist die Türkei", so sein Credo. Und zwar nicht jenes europäische Staatsmodell eines Kemal Pascha, genannt Atatürk, sondern seine islamofaschistische Türkei!
Mehr als nur ein Hauch von Reichstagsbrand wabert durch das Jahr 2016.
Du weißt doch auch, dass jede noch so erdachte ausgeklügelte Verschwörungstheorie an die Finessen der realen Verschwörungen nicht heranreichen kann.
Darum lohnt sich hier in der dFC nicht einmal, darüber nachzudenken, die Realität ist spannender.
nach verhängung des ausnahme-zustands hat die regierung zugriff auf alle konten.
jetzt ist sie von allen rücksichten befreit.
mit den brüchen in der ökonomie
müssen die kleinen leute allein klarkommen,
einspruchs-rechte sind von gesern.
Erstaunliche Duplizität der Ereignisse. Bei einer zufälligen Begegnung mit einem Nachbarn auf der Straße heute Nachmittag genau zu dem Thema der gleiche Einwand bezogen auf die USA, was die Todesstrafe betrifft. Weil so naheliegend, war mir das doch glatt entfallen.
außer einem kurzen weltspiegel-extra: nix zur türkei.
mit maischberger beschaut sich die bundesrepublik
ihren terroristisch geritzten nabel.
Mich würde nun doch interessieren, wieviel Einfluss Erdogan auf die bei uns lebenden Türken hat. Denn bereits in der Vergangenheit hatte er ja mit seinen Besuchen gezeigt, wie wichtig ihm die Einflussnahme war. Sollte sich die Lage in der Türkei also weiter verschärfen, insoweit noch jeder Erdogan-Kritiker damit rechnen muss, auf irgend eine Weise zur Rechenschaft gezogen zu werden (auch im Ausland!), dann haben wir noch eine ganz andere Baustelle zu bearbeiten.
Erdogan zeigte sich nun als Stabilitätsfaktor in seiner Türkei aber nur in bestimmten Gebieten der Türkei,wird das so wahrgenommen?So ein Exempel wird Erdogan jetzt zementieren,als Drohung an alle Kritiker-Todesstrafe.
Ihre Erwähnung- Sonderstatus Erdogan-Herr Herden-hat was.Abhängigkeiten hat er ja schon geschafft. Erdogan hat kein Mitspracherecht in der Ausbildung der Imame.Es war für nicht akzeptabel,daß er hier sprechen durfte.Zu spät nein gesagt.
für mich
DANKE - das ist eine wundervoll substantielle und kultivierte Replik auf die flegelhafte Formulierung weiter oben, "So ein Quatsch!". Kultiviert und kultivierend. Tut einfach gut. Prima hier in dFC!
Leider war das von diesem Despoten nicht anders zu erwarten, aber die EU und die MerkelreGIERung arbeiten gern mit Despoten.
Siehe auch Maghreb-Staaten. War seit Jahren vorhersehbar. Gruslig. Kommt seinem Kalifenstaat immer näher, und alle schauen zu. Reaktionen WEICH GESPÜHLT.
Oder hat das alles System...
Türkei-Krise: Erdogan-Fans verbreiten Angst in Deutschland
... was macht eigendlich Frau Merkel?
Weis eigentlich jemand was im Nachbarstaat Armenien vorsichgeht? Habe heute bei Euronews von einer Geiselnahme von Polizisten gehört, die seit dem 17.07. im Gange sein soll und gestern Abend abermals eskalliert sein soll?
https://deutsch.rt.com/gesellschaft/39564-geiseldrama-in-armenien-dauert-an/
https://deutsch.rt.com/asien/39514-geiseldrama-in-armenischer-hauptstadt-jerewan/
Komisch, dass in den Medien bei uns nichts darüber zu finden ist, gerade nach der Armenien-Resolution.
"Komisch, dass in den Medien ..."
Wesentlich an einer Zeitung ist zunächst und vor allem,
was sie bringt, und was sie nicht bringt.
Kurt Tucholsky
Zeitgeist und!
http://hgeiss.de/scholl-latour.jpg
Ja Apatit, leider......
Ist es überzogen zu sagen,daß die Türkei alle Voraussetzungen hat für einen Bürgerkrieg? Es reicht doch schon,was sich an Kriegen in der islamischen Welt abspielt oder?Sicher spricht da die Angst aus mir.Gibt es Interessenten an dieser Instabilität?Und wem nützt diese dann?
Überzogen ist das nicht. Aber wenn man an die Kurden denkt läuft ja schon seit Jahren ein kleiner Bürgerkrieg.