In Polen ungeliebt

Sakrileg Allein wegen ihrer Auffassungen zur „nationalen Frage“ ist Rosa Luxemburg in ihrem Geburtsland kaum mehr eine Erinnerung wert
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 09/2021

Am 10. April 2010 ereilt Polen ein Schicksalsschlag, der geeignet scheint, dem Land einen historisch verbürgten Opferstatus zu bestätigen. Als eine Regierungsmaschine in der Nähe der westrussischen Stadt Smolensk abstürzt, überlebt niemand. Unter den Toten sind Präsident Lech Kaczyński, hohe Militärs, Parteiführer, Veteranen der Exilregierung aus dem II. Weltkrieg – sie sterben auf dem Weg nach Katyn, wo der 4.400 polnischen Offiziere gedacht werden soll, die dort im Mai 1940 auf Geheiß Stalins erschossen wurden, um einen Teil der polnischen Elite auszulöschen. Der Absturz, offenbar ausgelöst durch schlechte Sicht und die Weigerung Kaczyńskis, eine vorzeitige Landung zu erlauben, bedient einen Mythos: Polen muss leiden,