Die Hisbollah hat wieder einmal gezeigt, was sie kann - Beirut im Handstreich unter ihre Kontrolle bringen, die Regierung Siniora der Schwäche überführen und den Libanon an den Rand eines Bürgerkrieges treiben. Daraus lässt sich lernen, das im Westen hoffnungssüchtig beschworene Patt zwischen den Schiiten und ihren Alliierten einerseits sowie dem christlich-sunnitischen Lager andererseits gleicht in Wahrheit einem Kräfteverhältnis, bei dem Erstere schnell die Oberhand gewinnen. Zu verdanken ist das besonders der israelischen Armee. Sie hat mit ihrer Invasion im Sommer 2006 die Hisbollah vernichtend schlagen wollen, tatsächlich aber die Gefolgschaft von Hassan Nasrallah über Gebühr gestärkt. Seither reklamieren die Schiiten als Tribut für die Verteidigung des Landes mehr Einfluss. Die Hinhaltetaktik von Premier Siniora war schon immer provokativ, nun wurde sie durch die politische Dummheit gekrönt, der Hisbollah das Kommunikationsnetz zerstören zu wollen. Sein westlich-schillernder Libanon könnte damit den Bogen überspannt haben. Die Konfrontation mit den muslimischen Milizen ist keine Kraft-, sondern eine Machtprobe, die Siniora und sein Klüngel bisher aus gutem Grund nicht riskiert haben.
Machtprobe
Geschrieben von
Lutz Herden
Redakteur, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“
Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen.
Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zur Wochenzeitung Freitag. Dort arbeitete es von 1996-2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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