Macron und Merkel bei Trump

Atomdeal Der US-Präsident wird wohl das Atomabkommen mit Iran kippen. Sollten Deutschland und Frankreich Zugeständnisse machen, um den Deal zu retten?
Ausgabe 17/2018
Die unliebsamen Momente der Diplomatie
Die unliebsamen Momente der Diplomatie

Foto: Imago

Ob sie es wollten oder nicht, Emmanuel Macron und Angela Merkel werden in dieser Woche als Bittsteller im Weißen Haus vorstellig, morgen ist dort die deutsche Regierungschefin zu seinen gerade einmal zweistündigen Arbeitsbesuch gebeten. Frankreich und Deutschland haben als Mitunterzeichner und Garantiemächte des Atomabkommens mit Iran allen Grund, bei Donald Trump für dessen Erhalt zu werben. Auf der Kippe steht einer der wenigen Erfolge internationaler Diplomatie in den vergangenen Jahren – eigentlich der einzige.

Gibt der US-Präsident am 12. Mai nicht Order, dass wesentliche Iran-Sanktionen seines Landes ausgesetzt bleiben, verliert dieser Vertrag seine Verbindlichkeit. Einmal verletzt, ist er gegen weitere Verstöße nicht mehr gefeit. Teheran hat bereits erklärt, falls das Junktim Embargo gegen Atomverzicht keinen Bestand mehr habe, werde man zum 2015 stornierten Nuklearprogramm zurückkehren. Das muss nicht automatisch heißen, sich Kernwaffen zu beschaffen, doch könnte die Urananreicherung in einem Maße wieder aufgenommen werden, dass daraus die Fähigkeit erwächst, dies zu tun.

Nicht mit allen Mitteln

Weder Macron noch Merkel können Trump aufhalten, der mit Vorliebe aus dem Weg räumt, was die verhasste Obama-Administration hinterlassen hat. Aber sie konnten ihn mit Nachdruck darauf hinweisen, dass durch seine Entscheidung dem Nahen und Mittleren Osten ein Konflikt droht, der den Krieg um Syrien in den Schatten stellt. Sollte Iran zu welchen nuklearen Ambitionen auch immer zurückkehren, wird Israel seine Drohung erneuern, einen Militärschlag gegen die Islamische Republik zu führen. Selbst einem US-Präsidenten wie George W. Bush schien das ein unvertretbar hohes Risiko. Erst recht Nachfolger Barack Obama.

Frankreich und Deutschland sollten in einem solchen Moment gar nicht erst daran denken, das Abkommen durch kleine oder große Konzessionen an die USA zu retten. Sie würden es damit erst recht zu Fall bringen. Denn was wäre damit bewirkt? Trump fände sein Urteil über den „schlechtesten Deal“ bestätigt. Die Regierung in Teheran, der die Internationale Atomenergie-Agentur IAEA absolute Vertragstreue attestiert, sähe sich vor den Kopf gestoßen. Sie wäre zudem Prestige und Machtverlust preisgegeben, weil im theokratischen Establishment die Skeptiker um Revolutionsführer Ali Chāmenei recht behielten. Schließlich haben sie immer davor gewarnt, Amerika zu vertrauen. Die Vertragspartner in Teheran brauchen daher mehr als Gipfeldiplomatie im Weißen Haus. Sie brauchen positive Testimonials aus der EU, dazu Investitionszusagen, nicht zuletzt aus Deutschland, damit sich Präsident Rohani zu diesem Vertrag bekennen kann.

Für Merkel beschwört das einen Loyalitätskonflikt herauf. Neben Saudi-Arabien drängt vor allem Israel die Trump-Administration, mit Teheran die Konfrontation zu suchen. Wird vom US-Präsidenten Mäßigung verlangt, wäre das ebenso gegenüber Premier Netanjahu geboten. Nur, wer glaubt ernsthaft, dass diese Kanzlerin einmal so weit geht, wie sie müsste? Merkel hat die Sicherheit Israels wiederholt zu einer Frage deutscher Staatsräson erklärt. Welchen Wert hat das, wenn sie dessen Regierung mit der Aussage verschont: Es ist Teil unserer Verantwortung, diesen Atomvertrag auch deswegen zu verteidigen, weil er eurer Sicherheit dient und es daher verdient, gerettet zu werden: Es gibt keine Alternative. Um den Iran-Deal steht es auch deshalb so schlecht, weil seine Fürsprecher nicht mit allen Mitteln dafür einstehen.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

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