Wäre Deutschland auf der Höhe der von seinen Spitzenpolitikern gern reklamierten internationalen Verantwortung, müsste ein Vordenker wie Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hofiert und verehrt werden. Dessen Ideen von einer unverzichtbaren Innovation der Währungsunion, die auf einen Um- wie Neubau zielen, sind absolut auf der Höhe der Zeit.
Gefragt ist jetzt nicht die autoritäre europäische Führungsmacht in Berlin, sondern der aufgeklärte, einsichtige und handlungswillige Hegemon, der durch Autorität und Integrität überzeugt. Wenn es – unter Umständen – Kanzlerin Angela Merkel bis heute verborgen blieb, so müsste es doch ihrer Umgebung, besonders dem Finanz- und Wirtschaftsminister, klar sein: Die Eurozone leidet unter Konstruktionsmängeln, mit denen die permanente Krise programmiert ist. Dieser Währungsverbund leidet darunter, dass es auf Dauer unmöglich ist, eine Gemeinschaftswährung zu haben und als globale Makroökonomie aufzutreten, aber nichts daran zu ändern, dass jeder Mitgliedsstaat für seine eigenen Schulden, seine eigenen Investitionen, seinen eigenen Haushalt, seinen eigenen Arbeitsmarkt und seine eigenen Banken verantwortlich ist. Wenn es für die Euroländer keinen europäischen Bundesstaat gibt, dann muss wenigstens die kollektive Verantwortung füreinander vorangetrieben und institutionell festgezurrt werden – bei den Staatsschulden ebenso wie bei den Banken und nationalen Haushalten. Deren Beschaffenheit ist eine Konsequenz des unterschiedlichen ökonomischen Leistungsvermögens der 19 Eurostaaten
Sprachrohr des Präsidenten
Die Griechenland-Debatte im Juli sollte einmal mehr zu Bewusstsein gebracht haben, an einem Scheideweg zu stehen. Entweder soll der Euro gehalten und stabilisiert werden – oder die Währungsunion wird sich auf Dauer in eine Kampfarena nationaler Ökonomien verwandeln – dann aber muss die Gemeinschaftswährung scheitern. Deshalb führt kein Weg an institutionellen Reformen vorbei. Sie müssen in Strukturen münden, wie sie Wirtschaftsminister Emmanuel Macron vorschweben. Der setzt sich mit seinen Vorstellungen, die seit Anfang der Woche vorliegen, offenkundig als Sprachrohr von Präsident François Hollande in Szene. Der hatte sich sofort nach seiner Wahl im Frühjahr 2012 für eine europäische Wirtschaftsregierung ausgesprochen, um sich aus Berlin eine Absage nach der anderen zu holen.
Macron hat nun nachvollziehbar und einleuchtend präzisiert, worum es geht. Gebraucht wird ein Euro-Kommissar, der eine solche Institution führt und von seiner Befugnis her mehr zu sagen hat als turnusmäßige EU-Kommissare. Nur so lässt sich die Wirtschafts--, Haushalts- und Sozialpolitik der Euroländer koordinieren und ein Transfersystem verwalten, das auch Eurobonds nicht ausschließt. Die kann es gaben, sofern es es gelingt, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen europäischen Währungsfonds zu überführen.
Daraus geht bereits hervor, der Eurokommisar sollte kein Obersparkommissar, sondern das Haupt eine Wirtschaftsregierung sein, die einen Finanzausgleich zwischen den Euroländern koordiniert. Deutschland würde seine eigenen Interessen respektieren, käme es Macron entgegen. Mit ein paar kosmetischen Korrekturen, wie es sie gerade bei der Einbeziehung des ESM in das nächste Griechenland-Programm gab, werden nicht helfen. Wenn die Völker an der südlichen Peripherie der Währungsunion wieder Luft zum Atmen finden und ihre Produktivtät sanieren sollen, kommt es auch ihren Gläubigern zugute. Man muss nur den Mut haben, mit Tabus zu brechen.
Kommentare 13
Ja, danke.
Man kann sich auch einfach vorstellen, wie Deutschland ohne Länderfinanzausgleich aussähe. Bremen wäre dann wohl in etwa so lebenswert wie Marseille oder Neapel, nur mit Scheisswetter dazu......
ein Europa aber wie?
sollte die bestimmende Fragestellung im politischen Diskurs der nächsten Zeit sein. Insofern haben die gegenwärtigen Tendenzen des Auseinanderbrechens auch die gegenläufige Tendenz, diese Diskussion anzustossen.
E. Macron´s Vorschlag ist vielleicht deshalb durchsetzbar, weil er nur minimal in die Strukturen der EU eingreift und nationale Interessen zwar berührt, aber je nach Situation ausgleichbar macht. Wenn unsere Regierung, bzw. die CDU bei den Flüchtligen so sehr Verteilungsquote und und die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention pocht, dann sollten ihr auch so etwas wie "Transferunion" und "gemeinsame soziale Standards" nahe gebracht werden können.
Vollkommene Zustimmung zu Ihrer Ausgangsthese, aber Einwand bzgl. der Schlussfolgerungen: Seit Jahren liegt auf der Hand, dass eine Eurozone mit voneinander getrennten Wirtschaftssystemen nicht funktionieren kann. Entweder man gubt den Euro auf bzw. schränkt ihn grundlegend ein, oder man verschmilzt die Wirtschaftssysteme. Herr Lucke ist jarelang mit dieser Weisheit durch die Talkshows gegeistert, aber niemand wollte das hören.
Im Unterschied zu Lucke würde ich erstmal zur letztgenannten Alternative tendieren-allerdings ist es dann nicht mit Eurobonds getan. Sozial- und Steuersysteme müssten angeglichen werden, ebenso wie Vorschriften zum Arbeitsrecht, Umweltschutz usw. Dann müsste mittels Transerzahlungen erreicht werden, dass die schwächeren Gebiete aufholen. Erinnert Sie das an etwas? Genau, Aufbau Ost. Und jetzt fajren Sie mal nach Brandenburg und suchen Sie die blühenden Landschaften. Wenn wir das nicht hinbekommen haben bleibt es Traumtänzerei, das Experiment auf Europäischer Ebene zu wiederholen.
Der Euro wird sich nicht halten lassen!
Die Franzosen wissen wahrscheinlich, dass Sie damit vor eine deutsche Wand laufen werden. Sie wissen wahrscheinlich auch, dass der Euro ein Geschäftsmodell ist und dass sie zu den Verlierern gehören und noch mehr gehören werden , wenn sich nichts ändert. Sie wollen aber ihr Gesicht nicht verlieren und keiner soll ihnen nachsagen können, sie hätten es nicht versucht.
Um etwas in Bewegung zu setzen, muss man die Sache aber wohl doch radilkaler angehen.
Eigentlich ist alles doch ganz einfach. Bekanntlich muss wer "A" sagt in der regel auch "B" sagen. Genau das haben die EURO-konstrukteure wissentlich verdrängt und gehofft, sie könnten nur die vorteile einstreichen und den "rest" vergessen. Aber die realen zwänge sind eben deshalb zwänge, weil sie sich früher oder später zwingend geltung verschaffen.
Nur, das wollen die vorteilssüchtigen eben nicht wahrhaben. Und wehren sich mit sturheit, ignoranz und muskelspielen - und das, obwohl ihr sachverstand ihnen beständig das gegenteil nahelegt.
Schade, so wird es eben zäh und schmerzhaft weitergehen bis sich die notwendigkeiten am ende doch durchsetzen. Viel leid könnte verhindert und viel zeit gewonnen werden, aber so wie es ist, wird die EU, und vor allem ihre bürger/innen, wohl in das unvermeidliche hineingefoltert werden (müssen).
Vielleicht geht es doch nicht ganz so weiter, wenn Länder wie Frankreich oder die EU-Kommission oder auch die EZB darauf drängen, dass es im Sinne Macrons Veränderungen gibt.
Also bei aller Europa-Liebe, aber mit europäischen Steuern ist es doch nicht getan. Hier wird doch wieder versucht, Gelder aus Deutschland abzuschröpfen.
Als ob nicht gerade die deutsche Einheit mit lediglich 16 Mio. Bürgern gezeigt hätte, was das kostet! Die können sich ja selbst 25 Jahre später immer noch nicht selber finanzieren. Sollen wir dann also die Kosten für alle 500 Mio. EU-Bürger übernehmen?
Denn darauf soll es doch hinaus laufen... immer schön die Hand aufhalten, nur bloß nichts selber dazu beitragen (und wie in Frankreich das Renteneintrittsalter runtersetzen).
Auch sind die EU-Institutionen bekanntermaßen noch nicht mal demokratisch legitimiert, und das EU-Parlament ein Papiertiger.
Endlos Geld drucken wird auch nicht helfen, denn von einem Euro, der nichts wert ist, kann man sich auch nichts kaufen.
Europa ist doch bereit schon gescheitert, und bedarf grundlegenster Reformen. Nur ist eben die Sinnhaftigkeit einer EU-Zentralregierung höchst zweifelhaft, eben weil die einzelnen Staaten höchst unterschiedlich sprechen, wirtschaften, leben. Die Länder streben eher nach Regionalisierung statt Zentralisierung. Das muss nicht per se schlecht sein.
Nein Danke, sorry! :-(
Volle Zustimmung. Leider, muss man dazu sagen. Denn ich wollte, dass Europa eins wäre. Ist aber nicht so und noch eine Jahrhundertaufgabe!
Wenn man das Haus Europa stabil bauen will muss man unten ansetzen. Es ist wie im realen Leben. Alles wächst von unten nach oben. Der Baum, der Mensch, das Haus. Kein Haus wird von oben nach unten gebaut. Daher: Ein föderales Europa mit dem Prinzip der guten Nachbarschaft und der Kooperation, mit einem großen Anteil Eigenverantwortung. Es ist meiner Meinung nach unmöglich, die griechische Wirtschaft auf das gleich Niveau wie Deutschland oder Holland zu bringen. Die Mentalität ist anders. Die Geschichte ist eine andere. Und Europa ist nicht die USA. Die Geschichte der USA ist ein völlig andere. Europa muss autochton, d.h. selbständig nach eigenen Regeln, regiert werden. Wir brauchen viele föderales Regionen in Europa, diese können auch bestehende politische Grenzen überschreiten. Diese Regionen sollen in Strassburg bzw. Brüssel vertreten sein und dort sollte eine, soweit möglich, gemeinsame Politik gemacht werden. So könnte Europa "funktionieren".
Wer den Euro will, muss eben die anderen Strukturen -wie im Beitrag beschrieben- auch implementieren und daran scheitert das Ganze und auf Sicht sowohl der Euro als auch der europäische Gemeinschaftsgedanke.
Merkel und co.-wahrscheinlich so alles, was heute in der BRD politisch und neoliberal rumdünkelt wie cdsuspdgrüne, dürften
dem kaum zustimmen, dann wäre die Vormachtstellung der Deutschen dahin.
Derzeit resp. in den letzten Jahren hat sich die brd-wirtschaft auf kosten der Exporte so gut entwickelt. Das war nur möglich, indem der Bastakanzler -bekanntlich mit dem Beinamen der Genosse der Bosse- einen Niedriglohnsektor in der brdigen schuf und so die Produkte für den Export -also u.a. in die EU-Länder wie eben Griechenland- so günstig machte, dass die jeweils heimische Wirtschaft nicht konkurrenzfähig war. Die Folgen bei -z.B. Griechenland sind hinlänglich bekannt. Und als dann die -profitorientierten Banken, darunter deutsche u französische ihre Griechenland geliehenen Gelder zu verlieren drohten und dabei durchaus in die Bankrottnähe geraten waren, wurde u.a. Ackermann (der, dem die Kanzlerdarstellerin eine Fete zum 60. im Kanzlergarten ausrichtete) bei Merkel vorstellig und nordete sie ein. Flugs half sie. Mit der Folge, die vielleicht nicht alle kennen. Der griechische Wähler ist inzwischen Makulatur, denn was er wählt interessiert z.B. Mr. Grexit (Schäuble) nicht. In Europa und v.a. Griechenland wird nunmal wieder DEUTSCH gesprochen (Kauder welsch). Und was es da an sozialen Verwerfungen gibt, hohe Kindersterblichkeit, ein nicht mehr funktionierendes Gesundheitssystem, der Raub von Renten -und immer mehr resp. weniger- von denen inzwischen viele Familien leben. Ja und Arbeitnehmerrechte da wird man in der Union nicht müde zu behaupten, die existieren natürlich.
Bald gibt es ja mit ttip auch das ökonomische Ermächtigungsgesetz, mit dem auch der deutsche Bundestag etwa zur Bedeutungslosigkeit verdammt werden soll.
als Ablenkungsmanöver für das ganze dient derzeit das Flüchtlingsproblem, auf dessen kosten sich merkel und co. reinwaschen will.
War es ein von den Nazis umgebrachter Denker mit scharfer Zunge, der angesichts solcher Aussichten: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.
Geld ist Kredit, Vertrauen, hinter dem $ stehen mehr Schulden, als hinter dem €, aber die Welt vertraut darauf, daß die USA ihre Konkurrenten mit pemanentem Krieg hinreichend schädigen, nach Brzeziński am besten gegeneinander, wie es in Europa gerade mittels der Ukraine vorgeführt wird.
Darum kann die USA in der Welt shoppen, indem die Banken bunte Zettel drucken.
Bleiben die europäischen Staaten NATO- Vasallen, ist die EU dem Untergang geweiht. Bleibt der € ohne EINE Kontrolle, ist dieses Boot, in das wir uns gesetzt haben, nur ein Mittel, uns gegenseitig in die Tasche zu fassen: Krieg schaffen ohne Waffen.
Solange die Entscheider auf ihrer Welle von nationalem Populismus reiten, kann und wird uns das Gift des Nationalismus umbringen.
In der tat, INDYSIGNER, genau das, was Sie beschreiben, ist exemplarisch die position derer, die zwar "A" sagen zu den vorteilen, aber "B" - die mitverantwortung für das ganze - ablehenen, weil das IHNEN nichts bringt.
Wem es nur darum geht, andere "auszunehmen" und ansonsten seinen bornierten egoismus zu pflegen, der braucht über gemeinsames Europa zum nutzen aller in der tat nicht reden!
Macron hat nun nachvollziehbar und einleuchtend präzisiert, worum es geht. Gebraucht wird ein Euro-Kommissar, der eine solche Institution führt und von seiner Befugnis her mehr zu sagen hat als turnusmäßige EU-Kommissare. Nur so lässt sich die Wirtschafts--, Haushalts- und Sozialpolitik der Euroländer koordinieren und ein Transfersystem verwalten, das auch Eurobonds nicht ausschließt. Die kann es gaben, sofern es es gelingt,den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen europäischen Währungsfonds zu überführen.
Gut, dann führen wir ein, das die Meistzahler aufgrund Ihres Stimmrechtes die Restriktionspolitik fortführen könnten, sollte Ihnen etwas nicht passen. Was genau sollte sich denn ändern?
Sicher wäre eine Finanzierung anderer Staaten eine Möglichkeit auf eine Einigung in Problemfragen in Zusammenarbeit aller hinaufzuzielen. Ein Sonderkurs vieler osteuropäischen Staaten wäre somit nur sehr erschwert möglich.