Es sollte eine Sternstunde des Freihandels sein. So jedenfalls hatte es sich die vorbereitende Vision Group für den III. ASEM-Gipfel europäischer und asiatischer Staaten (Japan, China, Südkorea, die zehn Mitgliedsländer der ASEAN) in Seoul vorgestellt. Ihr Plädoyer für eine ASEM-Freihandelszone ab 2025, das vieles von dem aufnahm, was mit dem WTO-Treffen von Seattle im November 1999 scheiterte, wurde mit Lob ob seines Zeitgeists, aber auch mit widerständigem Pragmatismus bedacht. Vor allem Staaten des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN scheinen wenig geneigt, zugunsten sakrosankter Liberalisierungsdogmen mittel- oder langfristig Handelsnormen und Zollfreiheiten abzusegnen. Wer sich wie Thailand, die Philippinen, Malaysia oder Singapur gerade von der 1997 ausgebrochenen »Asienkrise« erholt hat, kokettiert nur ungern mit neuen Risiken. Niemand weiß schließlich, wie es demnächst jenen gigantischen Märkten des Kontinents ergeht, denen herausfordernde Zäsuren winken. China muss seinen WTO-Eintritt verkraften, Japan eine noch immer nicht beherrschte Wachstumskrise bewältigen, und Indien vom regionalen zum globalen Wettbewerber aufsteigen. Dabei ist allein die Spielklasse von Belang, in der Matadore der Globalisierung wie die Europäische Union und die USA unter sich sind. Die Wachstumserwartungen malaysischer Autohersteller dürfen da höchstens auf ein Ranking in der Regionalliga hoffen.
Gerade die ASEAN-Community kann ein Lied davon singen, was es heißt, dominiert zu werden. Als seinerzeit die Asien-Krise Börsen und Märkte zu sprengen drohte, rekrutierten die ASEM-Staaten zwar einen Hilfsfonds von 50 Milliarden Dollar, doch das Krisenmanagement lag allein in den Händen supranationaler Finanzagenturen. Der IWF entschied über den Einsatz der Mittel und auch darüber, wer mit wie viel Nothilfe rechnen und sich mit Marktöffnungen dafür revanchieren durfte.
Müssen die Staaten der ASEAN nun als protektionistische Bremsklötze ins Gerede gebracht werden? Wohl kaum. Sie haben vor drei Jahren eine Lektion hinnehmen müssen, die so etwas wie Nachhaltigkeit beanspruchen darf. Ihr auch in Europa hofiertes Wachstumsmodell, das ein liberales, extrem exportabhängiges Wirtschaftssystem mit autoritären Regierungsformen zu versöhnen trachtete, war nicht so flexibel und steuerbar, wie es die jähen Wendungen der Globalisierung verlangen. Ein davon gespeistes Krisenbewusstsein hätte es verdient, »globalisiert«, keineswegs aber stigmatisiert zu werden. ASEM könnte das zu einer Philosophie verhelfen, die nicht nur auf eine schrankenlose Verschränkung von Märkten fixiert ist, sondern auch den geistigen Transfer durch den Austausch von Erfahrung pflegt. Immerhin haben sich Politiker in Seoul getroffen. Sie dürften sich zu Recht diskreditiert fühlen, wollte man sie als grobschlächtige Conquista der Globalisierung missverstehen.
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