Da hat sich der Präsident eine Personal-Rochade einfallen lassen, die viel Spiellaune und Siegeswillen offenbart: Sergej Iwanow, bisher Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, wird zum Verteidigungsminister befördert, und der Vorgänger, Marschall Igor Sergejew sieht sich als Präsidentenberater abgefunden. Eine Funktion, vor der man nicht weiß, ob sie nur das Gefühl vermitteln soll, auch weiter im Karriere-Laufrad unterwegs sein zu dürfen, oder wirklich eine Spielart von gehobenem Lobbyismus darstellt, der nicht auf Abstieg oder ein repräsentatives Pensionärsdasein hinausläuft. Ein ähnliches Schicksal hat Innenminister Wladimir Ruschailo ereilt, der nunmehr dem Nationalen Sicherheitsrat als "Koordinator" dient.
Dieses bislang weitreichendste Revirement seit der Präsidentenwahl vor reichlich einem Jahr zeugt von der klaren Absicht Putins, den "starken Staat" mit einem Machtnukleus auszustatten, der Effizienz verspricht. Iwanow und Gryslow kommen nicht nur aus der Generation des Präsidenten, sondern auch aus dessen Petersburger Vorzeit. Ihre Loyalität bürgt dafür, dass ein präsidialer Wille seinen Weg finden - dass im Kreml zuverlässig, akkurat, unspektakulär regiert werden kann. Kein exaltiertes Patriarchat mehr wie in der Ära Jelzin. Putins reformerische Logik zielt dabei weniger auf eine im Westen gern unterstellte autoritäre Machtkonzentration - sie votiert für eine konzentrierte Autorität von Macht, die Russland adäquate politische Strukturen verschafft. Man könnte von der Suche nach dem verfassungskonformen Führungsmodell einer Präsidialrepublik sprechen, die Russlands demokratischen Gehversuchen seit 1991 nicht die Krücken aus der Hand schlägt, aber auf ihre Brauchbarkeit hin prüft.
In einem Brief an das Volk hatte Putin im Dezember geschrieben: "Es gibt keinen mächtigen Staat, und es wird keinen solchen geben, wo Schwäche und Armut herrschen. Man muss begreifen, von der erfolgreichen Bewältigung unserer innenpolitischen Aufgaben hängen unser Platz in der Welt, unsere neuen Rechte ab." - Mit anderen Worten, die Philosophie vom starken Staat bedarf der sozialen Grundierung. Solange der Staat seinen Bürgern nur als Obrigkeit entgegentritt und nicht mindestens ebenso als sozialer Leistungsträger, bleiben Großmachtambitionen psychotherapeutisch gefärbte Selbstbeschwichtigung. Ex-Verteidigungsminister Sergejew wollte mit seiner Vorliebe für die Raketentruppen offenkundig nicht auf dem Boden dieser Realität landen. Die von ihm verschleppte Militärreform soll nach Putins Willen einem Koordinatensystem gehorchen, das Russland den Status einer mittleren Großmacht zuweist - nicht mehr und nicht weniger. Ein Soft-Power-Modell, das sich neben strategischem Potenzial auf staatliche Stabilität, Qualität der Bildung und kulturelle Ausstrahlung konzentriert. Ein Understatement verglichen mit jüngster Geschichte, das ohne homogene Administration im Kreml nur ein Versprechen bliebe.
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