Es gab Monarchen, die unter dramatischeren Umständen gehen mussten. Im Weltkriegserinnerungsjahr 2014 wäre der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. zu nennen, der ins niederländische Exil entkam, statt vor einem Kriegsverbrecher-Tribunal zu stehen. Sein Land sah er so wenig wieder wie sein Verbündeter Karl I., nachdem Österreich-Ungarn am 11. November 1918 kapitulieren musste. Die beiden Monarchien zugeschriebene nationale Selbstvergewisserung hatte ausgedient, ihr staatstragendes Mandat erst recht.
Dem Thronverzicht des spanischen Königs Juan Carlos fehlt eine derart historische Aura. Sein Abgang erinnert an die Demission abgewählter oder gescheiterter Regierungschefs. Ein pragmatischer Entschluss ohne Ehrensalut und Reiterei. Sind deshalb aufflammende Debatten über Spaniens Monarchie überflüssig, weil dieselbe ein Schattendasein fristet und kaum der rhetorischen Mühe wert ist, als Anachronismus verklagt zu werden?
Vermutlich würde es dem Land keinen Identitätsverlust bescheren, müsste die parlamentarische Monarchie der parlamentarischen Demokratie weichen. Schließlich wurde das von der Republik 1931 abgestoßene Königtum noch zu Leb- und Herrschaftszeiten des Diktators Franco reaktiviert, auch wenn es sich danach in den Dienst einer demokratisierten Gesellschaft stellte. Dass die gegen franquistische Rückfälle auch dank des Königs immun war, zeigte sich am 23. Februar 1981. Während die Putschisten ein ganzes Parlament als Symbol für die in ihren Augen verhasste Demokratie als Geisel nahmen, beschwor Juan Carlos vor einer Fernsehkamera seine Treue zur Verfassung. Insofern trifft nicht zu, dass zu recht muss gehen, wer ohne Spuren geht.
Nur verspielte das Königshaus leider viel Vertrauen, als die Eurokrise millionenfach soziale Existenzen schröpfte. Zwar beteuerte Juan Carlos, die hohe Jugendarbeitslosigkeit lassen ihn nicht schlafen, doch sah man ihn nie bei den Indignados an Madrids Puerta del Sol, stattdessen bei der Elefantenjagd in Botswana oder bei Gala-Veranstaltungen des spanischen Fußballs wie zuletzt beim Champions League-Finale in Lissabon. Da schien der König als Werbeträger gefragt. Ein Markenzeichen wie Real Madrid, nur eben nicht so erfolgreich wie die "Königlichen". Das einzusehen, hieß Konsequenzen ziehen.
AUSGABE
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 23/14 vom 5.06.2014
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