Römischer Raubbau

Italien Wieder hat eine EU-Regierung mit öffentlichen Geldern zwei angeschlagene Bankhäuser bedacht und damit ein seit 2015 geltendes Reglement gebrochen
Ausgabe 26/2017
17 Milliarden Euro hat Italien der Großbank Intesa Sanpaolo zur Verfügung gestellt
17 Milliarden Euro hat Italien der Großbank Intesa Sanpaolo zur Verfügung gestellt

Foto: Olivier Morin/AFP/Getty Images

Vor Tagen, beim Gipfel in Brüssel, hat die EU den Eindruck erweckt, man fühle sich wieder im Aufwind. Der Sinn für das Gemeinsame erfasse die Schar der Mitglieder. Deutschland und Frankreich würden sich als Führungsnationen annähern und vor Tatendrang brennen. Diese Wende zum Guten kommt zu jäh und zu unerwartet, als dass sie von Bestand sein könnte. Zumal der Staatenbund mit seiner Glaubwürdigkeit umgeht, als sei die beim Abdecker am besten aufgehoben.

Wozu wurden 2014 Vereinbarungen für den Umgang mit insolventen Banken getroffen und für Anfang 2015 vom EU-Parlament in Kraft gesetzt, wenn dabei nichts mehr verpönt ist als der Praxistest? Die italienische Regierung hat am Wochenende für die Großbank Intesa Sanpaolo 17 Milliarden Euro an Beihilfen zur Verfügung gestellt, auf dass sie die bankrotten Häuser Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca auffängt und vor Pleite bewahrt. Fließen in dieser Weise öffentliche Gelder, wird das Versprechen gebrochen, wonach in der EU Steuerzahler nicht mehr zuerst für Bankenrettungen aufzukommen haben. Doch schon bei der Traditionsbank Monte dei Paschi in Siena griff im Dezember der Staat ein. Nur gehört es zu den Essentials der Europäischen Bankenunion, dass nach der Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) bei maroden Finanzinstituten das Prinzip des Bail-in zu gelten hat. Das heißt, nationale Abwicklungsbehörden können im Konkursfall die Ansprüche von Eigentümern, Aktionären und Sparern mit Einlagen von über 100.000 Euro abschreiben und in Eigenkapital umwandeln, um Verluste und Kosten einer Bankenabwicklung zu decken. Erst wenn das ausgereizt ist, darf auf öffentliche Mittel zurückgegriffen werden. Wenn nun die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Spendierlaune des italienischen Premiers Gentiloni billigt, betreibt sie Raubbau an einem europäischen Gesetzeswerk, das es mit mehr Gerechtigkeit in der Finanzwelt versuchen und die Kausalität zwischen Banken- und Staatsschuldenkrise aufbrechen sollte.

Ein Luxus, wie es scheint. Die erstrebte gemeinsame Einlagensicherung aller EU-Länder wird durch Italiens Bail-out mehr denn je zur Utopie. So nimmt ein Projekt Schaden, mit dem das vereinte Europa zu Recht für sich werben könnte.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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