Was passiert, wenn eine Demokratie an dem scheitert, was sie sich als Kernkompetenz zugute hält, nämlich Wahlen zu veranstalten, diese vor Störungen zu schützen und den Siegern die gewonnene Regierungsmacht zu sichern? Ist sie dann tot? Schwer erschüttert und diskreditiert auf jeden Fall.
In den Augen ihrer Anhänger verliert sie unweigerlich an Vertrauen und muss Schäden hinnehmen, die einer Kernschmelze gleichkommen. In den USA hat die Demokratie den Kampf gegen den Kapitalismus schon lange verloren, genau genommen von Anfang an, nun mehr und mehr auch den gegen Rechtsradikale und Nationalisten, gegen die gewalttätige antirepublikanische Anmaßung und den Zerstörungswillen eines Präsidenten, der wie kein anderer die Verfassung zu schützen hätte und sie wie kein anderer demontiert. Washington am 6. Januar 2021 war nur ein höchst signifikanter Exzess, dem andere vorausgingen und weitere folgen werden.
Als Kampfansage gedacht
Zum letzten Mal kam es 1814 zu vergleichbaren Szenen, als britische Truppen das Kapitol während des zweiten Unabhängigkeitskrieges (1812-1815) in Brand steckten und verwüsteten. Doch das waren Begleiterscheinungen eines Krieges zwischen dem USA und Großbritannien.
Über 200 Jahre später muss sich das politische System der USA vorführen lassen, weil es sich als unfähig erweist, mit der Illusion seiner Großartigkeit und Unverwundbarkeit zu brechen. Der Obskurantismus Trumps wurde nicht erst mit der beharrlichen Weigerung offenbar, den Wahlausgang vom 3. November anzuerkennen. Er war für seine Amtszeit von Anfang maßgebend – als Kampfansage gedacht, als solche präsent und virulent. Warum hat es sich als aussichtsloses Unterfangen erwiesen, dem wirksam entgegenzutreten?
Eine Amtsenthebung hat 2019 eine Mehrheit im US-Senat verhindert, sodass die jetzt inbrünstig beklagte „Zerstörung der Demokratie“ zügig vorankam und die Devise galt: Diese Zerstörung lassen wir nicht stören. In der Tat, sie war durch einen institutionellen antidemokratischen Schutzwall besser geschützt als die US-Demokratie selbst. Nennt man das Systemversagen? Systemfehler? Oder besser Systemoffenbarung?
Nicht wirklich geschützt
Die USA sind damit Deutschland voraus. Aber nicht über Gebühr. Es gibt verwandte Vorgänge, die sich vom Sturm des Trump-Mobs auf das Kapitol nicht substantiell unterscheiden. Was sie vereint, ist der Umstand, dass staatliche und parlamentarische Autorität angegriffen wird, ohne auf einen erkennbar relevanten, vor allem von sich überzeugten, leidenschaftlichen Widerstand zu stoßen.
Am 30. August 2020 haben während eines rechtsradikalen Aufmarsches in Berlin Hunderte von Demonstranten, ausgestattet mit verfassungsfeindlichen Standarten – die sah man stundenlang in der Stadt, ohne dass etwas passierte. Was wäre geschehen, wenn Kurden die PKK-Fahne gezeigt hätten? – die Treppe des Reichstages und damit des Parlamentsgebäudes besetzt. Die Polizei in Berlin, die ansonsten mit Hundertschaften anrückt, um besetzte Häuser zu räumen und privatkapitalistisches Eigentumsrecht durchzusetzen, stellte sich dem nicht entgegen. Wie das Kapitol in Washington war das Reichstagsgebäude in Berlin nicht ausreichend geschützt, obwohl absehbar war, was heraufzog.
Im Empörer-Modus
Am 18. November lotsten AfD-Abgeordnete mehr als eine Handvoll Anhänger mit provokativer Absicht in die Lobby des Bundestages, damit sie dort Abgeordnete beschimpfen und bedrohen konnten, die dem ebenfalls ungeschützt ausgeliefert waren. Moralisierende Reaktionen im Empörer-Modus während einer aktuellen Stunde am Tag danach wirkten mau. Sie bleiben Zeichen von Hilflosigkeit, solange die für eine demonstrative Sabotage des Parlaments zuständigen AfD-Abgeordneten weiterhin ungerührt und ungestört ihr Mandat auskosten können.
Am 26. Februar 2009 hielten Mitglieder der Linksfraktion im Plenum Spruchbänder mit den Namen afghanischer Kinder hoch, die kurz zuvor ums Leben kamen, die verbrannt waren, als im Raum Kundus auf deutschen Befehl zwei gekaperte Tanklastzüge bombardiert wurden. Die Parlamentarier mussten ihr Gedenken umgehend unterbrechen und den Saal verlassen. Sie hätten gegen die Hausordnung verstoßen, befand Parlamentspräsident Lammert (CDU). Der Zivilisationsbruch in Kundus kam gegen den Bruch einer Geschäftsordnung nicht an.
Den Verursachern der Provokation vom 18. November, den AfD-Abgeordneten Bystron und Hemmelgarn, wurde bis Ende Februar das Rederecht im Bundestag entzogen, nicht durch das Bundestagspräsidium, sondern den eigenen Fraktionsvorstand. Das Recht auf Präsenz im Plenum bleibt davon unberührt.
Schreckt die bürgerliche Demokratie vor der Anmaßung eines faschistoiden Rechtspopulismus zurück, weil sie ihn unterschätzt oder seine bereits latente Macht und Mobilisierungsfähigkeit viel zu sehr fürchtet, um sie wirksam einzudämmen? Und weil sie darin auch eine Machtressource zu erkennen weiß, mir der man gegebenenfalls handelseinig werden kann? Wie das die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) glaubte, als sie 1933 mit der NSDAP das Kabinett Hitler bildete.
Auch da sind die USA Deutschland voraus, aber weniger als warnendes Beispiel, sondern in Sichtweite. Wie halbherzig und inkonsequent seit fast einem Jahr hierzulande eine stringente, Menschenleben rettende Corona-Politik verfolgt und vor allem verteidigt wird, ist nur ein Symptom dafür.
Kommentare 51
Wenn Demokratie der Modus ist in dem wir leben und er zugleich von allen Seiten kritisiert wird, so als seien sämtliche demokratischen Ländern im Grunde keinen Deut besser, als die nächstbeste beschissene Diktatur, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn das irgendwann man verfängt. Nennt man wohl Eigentor.
Ich hoffe sehr, dass ich mich täusche. Vor dem sich abzeichnenden Überbietungswettbewerb "Wer ist der Super-Demokrat?" graut mir schon jetzt. Hier in Deutschland, dem Heimatland von Gründlichkeit und Funktionalität.
Und was die Parallelen zu 1933 angeht: ja, es gibt Berührungspunkte. Und es gibt auch Unterschiede. Die Angstlust vor 1933 reloaded treibt einige recht skurrile Blüten. Sumpfblüten.
Ich empfehle - mal wieder - zeitwiliges Innehalten. Auf die eigene Atmung achten. Schaum vorm Mund abwischen. Kuppel gut durchlüften. Und das eigene Chaos (Kopf-Kino) jetzt gründlich sortieren.
Es gibt eine Zeit nach Covid19. Wetten das ...?
Dann werden klare Köpfe gebraucht. So etwas von gebraucht.
Tja, die Demokratie. Die EU-Kommission lässt sich vom reichtums"verwaltenden" Globalkraken Blackrock beraten. Hätte eine Volksabstimmung das abgesegnet? Wohl kaum? Ach, dann braucht man halt ein paar publicitysüchtige Knallköpfe um davon abzulenken? Ja, so geht Demokratur.
Mich hat die Erstürmung des de facto ungeschützten Kapitols an den versuchten Überfall auf die Hallische Synagoge erinnert. Polizeipräsident der Stadt und Innenminister Stahlknecht wussten nichts von Jom Kippur und offensichtlich auch nichts von dem in D erforderlichen 24/7-Schutz der Synagogen. Ein sehr erstaunliches Unwissen. Glaubhaft? Das Sahnehäubchen war dann, dass Stahlknecht, der ja beinah sogar MP in S-A geworden wäre, wegen einer vorlauten Äußerung zu der lächerlichen GEZ-Erhöhung zurückgetreten wurde. Nicht aber wegen der Schutzlosigkeit der jüdischen Gemeinde an deren höchstem Feiertag.
Churchill soll mal gesagt haben, alles, was in der Politik geschieht, geschieht mit Absicht. Das wird nicht immer der Fall sein, aber sicher öfter, als man das als Laie so glauben mag.
Na und wenn das bei der Erstürmung POC gewesen wären, dann...
Was ist eine stringente, Menschenleben rettende Corona-Politik? Die chinesische Variante mit vernagelten Wohnungstüren und drohender Lagerhaft? In D haben wir Millionen von schnellbesohlten Virologen und Hobbypolitikern aller Fachbereiche. Daraus ergeben sich Handlungsmöglichkeiten und auch Handlungsunmöglichkeiten für jede deutsche Regierung.
Mir erscheint auf den lautstarken Demos übrigens so manche Kritik an der Regierungscoronapolitik wie spätpubertäre Renitenz. Aber auch das ist ja ein Menschenrecht.
Das völlig falsche Verhalten gegenüber der AFD fing schon in der konstituierenden Sitzung an, die Jahrzehnte lang vom ältesten Abgeordneten eröffnet wurde. Das wäre Alexander "Vogelschiss" Gauland gewesen und das wollte niemand. Also griff man zu Verfahrenstricks und ließ die Sitzung den Abgeordneten mit der längsten Parlamentszugehörigkeit halten. Hätten sie Vogelschiss-Gauland doch damals reden lassen. Ein falsches Wort und er hätte nicht die Bundesrepublik und ihr Parlament blamiert sondern seine Partei und sich. Bei Volksverhetzung oder einer anderen Straftat wäre ruckzuck Gauland´s Immunität aufgehoben und er angezeigt worden. So viel Souveränität sollte schon möglich sein.
"Schreckt die bürgerliche Demokratie vor der Anmaßung eines faschistoiden Rechtspopulismus zurück, weil sie ihn unterschätzt oder seine bereits latente Macht und Mobilisierungsfähigkeit viel zu sehr fürchtet, um sie wirksam einzudämmen? Und weil sie darin auch eine Machtressource zu erkennen weiß, mir der man gegebenenfalls handelseinig werden kann?"
Ich denke, es ist an allem was dran. Nur fehlt eins: klammheimliche Zustimmung.
Schauen Sie mal hier im Forum, wie tief der Antikommunismus die Gesellschaft durchdringt. Links=Rechts ist das Motto, das die Demokratie zersetzt. Sein Zweck besteht darin, ausbeuterische Verhältnisse wertneutral erscheinen zu lassen. Die fortschreitende Brutalisierung des Kapitals treibt dann alles nach rechts, was sich davon nicht abgrenzen kann. So geschehen in den letzten ca. 50 Jahren.
Die sogenannte Mitte ist rechts! Man denke an das "Zentrum" der Weimarer Republik.
In einen anderen Zusammenhang habe ich bemerkt, man solle sich mal vorstellen, die das Capitol gestürmt haben, sind Farbige gewesen?! Und hier, keine Hunde, keine Gummigeschosse, keine Nationalgarde und wichtigster Aspekt – wo war die präventive Aufklärung des FBI? Sicherheitsleute die mit den Eindringlingen zusammen Handybilder machen – arm auf die Schulter … sehr merkwürdig! Und da komme ich zu den Reichstag, wo zum Glück, vier Polizisten verhindert haben in das Gebäude einzudringen! Meine Schlussfolgerung – es gibt keine Zufälle – nicht in den USA und nicht am Reichstag in Berlin! Man stelle sich mal vor, in Berlin wären das Linke gewesen? Es gibt Kräfte – die wollen Bürgerkrieg und wer nur auf die USA zeigt und überrascht ist, der soll auf die “Butterblumenwiese“ - oder er ist unfähig oder schlimmer, sympathisiert mit Verächter des GG. Leider immer wieder die These, das hat keiner gewusst noch bemerkt! Lächerlich!
Es gibt einen grundlegenden Denkfehler des mitte-linken Bürgertums, der sich gut mit folgendem Satz aus einem Artikel von Georg Diez und Emanuel Heisenberg von 2017 auf SPON illustrieren lässt:
„Der taumelnde Kapitalismus droht die Demokratie mit in den Abgrund zu reißen - so eng sind die beiden Konzepte miteinander verwoben.“
Daran ist falsch, dass
1. der Kapitalismus ein Konzept sei,
2. der Kapitalismus taumeln würde,
3. Kapitalismus und Demokratie miteinander verwoben seien.
Dass der Kapitalismus nur in einer Demokratie gedeihen kann, ist ein Mythos und historisch nicht zu belegen.
Der "Kapitalismus droht die Demokratie mit in den Abgrund zu reißen", damit er eben, jedenfalls nach Überzeugung bestimmter Kapitalfraktionen, nicht ins Taumeln gerät. Genau das ist der objektive Zweck des Faschismus.
Mit der Einsicht in den Zusammenhang stürzt, vor dem praktischen Zusammensturz, aller theoretischer Glauben in die permanente Notwendigkeit der bestehenden Zustände. Es ist also hier absolutes Interesse der herrschenden Klassen, die gedankenlose Konfusion zu verewigen.
Karl Marx
Ach das wäre mir wurscht. Ich glebe weder am Kapitalismus, noch an der derzeitigen Form der Demokratie, nur schlechter sollte es nicht werden.
"Der "Kapitalismus droht die Demokratie mit in den Abgrund zu reißen", damit er eben, jedenfalls nach Überzeugung bestimmter Kapitalfraktionen, nicht ins Taumeln gerät(...)"
Ich stimme Ihnen praktisch vollumfänglich zu. Lediglich ist o.a. Detail m.E. unpräzise, weil Demokratie - in gewissen Grenzen, eben nicht in den Betrieben - schon im Interesse des Kapitals liegt. Autokratie ist langfristig zu unflexibel, ergo konkurrenzunfähig.
Erst wenn der Kapitalismus tatsächlich taumelt, ist Faschismus die Option. Deswegen werden dessen Apologeten mit Samthandschuhen angefasst, damit sie im (absehbaren) Ernstfall bereit stehen. Vorher sind sie belächelnswerte Irre und erhalten sogar den Ritterschlag des politischen obwohl sie nur Gewalt wollen. Dieser Drahtseilakt geht momentan etwas daneben, das gibt sich aber bald. Vom Proletariat droht mangels klassenbewusster Führung vorerst keine Gefahr.
Wer sollte denn diese klassenbewusste Führung sein? Wer sie bilden?
faschismus/populimus/kleptokratische regime sind möglich,
auch wenn nicht "der kapitalismus taumelt".
@harsdörfer hat voll-umfänglich recht: punkt
s.o.
aber durch faschistische regime kommt der kapitalismus
nicht raus aus dem taumeln.
im gegenteil: das f-regime kommt in zusätzliche konflikte,
z.b. gegen andere staaten ( der außenpolitisch-gewaltarme
francismo hat sich durch isolation in stagnation manövriert)
„Daran ist falsch, dass
1. der Kapitalismus ein Konzept sei,
2. der Kapitalismus taumeln würde,
3. Kapitalismus und Demokratie miteinander verwoben seien.
Dass der Kapitalismus nur in einer Demokratie gedeihen kann, ist ein Mythos und historisch nicht zu belegen.“
Zu 3: Ja, China, ist der Gegenentwurf, der diese Idealvorstellung zerstörte.
Zu 2: Ja, hört man in linken Kreisen 2x/Jahr, außerhalb der Blase reicht es nicht mal mehr zu einem Achselzucken.
Aber 1: Hm. Er selbst vielleicht nicht, aber er scheint mir eingebettet in ein größeres Konzept, das des entseelten Funktionalismus. Es entlässt in der Regel Methoden, große Funktioniermaschinen. So darf man sich den Kapitalismus vorstellen. Aber auch die Wissenschaft, als Methode die sich gerne der Kritik entzieht, da sie so prima funktioniert. Luhmann stellt sich die Kommunikation so vor. Interne Systembewegungen stoßen an die Grenzen der eigenen Funktionalität und wenn die Beule des Lebendigen dabei zufällig eine andere System-Monade trifft, so irritiert sie diese. Diese Irritation wird dann dort systemintern gedeutet. Das ist dann Kommunikation. Alles ist dann Kommunikation, gar kein häßliches Bild, an sich, Aber so?
Funktioniermonade stößt an Funktioniermonde, System an System. Das soziale System, das psychische und das biologische sitzen mit dem Rücken zueinander. Treffendes Bild, für Systeme die sich nichts zu sagen haben, weil sie grundlegend andere Sprachen sprechen. Natürlich kann man das beliebig ausdifferenzieren, so dass sich alles bewegt, aber eigentlich nichts tut. Aber es funktioniert irgendwie doch alles. Wie bei Luhmann oder Kafka.
"Vom Proletariat droht mangels klassenbewusster Führung vorerst keine Gefahr."
Welches Proletariat? Müsste das nicht erstmal aufwachen? Davon scheint es mir einigermaßen weit entfernt zu sein.
"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer", hieß es mal bei Goya. Sollte man nochmal drüber nachdenken.
der kapitalismus ist zuvorderst eine sozial-ökonomische praxis.
die von radikal-liberalen konzepten initiiert wurde,
über diese aber hinauswuchs und eine eigen-dynamik entwickelte,
die von den wenigen(few) profiteuren gelobt wurde
und von den meisten (the many) bis heute
als (dringend) zu zähmendes monster betrachtet wird.
heute gibt es daher zahlreiche hybride konzipierungen,
mit denen die praxis der kapitalismus-formen
begleitet/verklärt werden.
„Was passiert, wenn eine Demokratie an dem scheitert, was sie sich als Kernkompetenz zugute hält, nämlich Wahlen zu veranstalten, diese vor Störungen zu schützen und den Siegern die gewonnene Regierungsmacht zu sichern? Ist sie dann tot? Schwer erschüttert und diskreditiert auf jeden Fall.“
Das kann ja nicht alleiniger Parameter sein.
Wissen Sie – dazu fällt mir auch Deutschland ein, wo das »Parteienkartell aus CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNEn« immer nur Sieger produziert und ganz überwiegend eine Politik gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger seit 20 Jahren gewährleistet, denen man die Besitzstände klaut, die man in Teilen in die Armut getrieben hat, deren Rentenkassen immer und immer wieder geplündert wurden usw. Sie kennen meine diesbezügliche Kritik:
Diese „rechtradikale“ Entwicklung hat Gründe, die in signifikanter Weise mit der Politik eben dieses »Parteienkartell aus CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNEn« zusammenhängt. – Und ja, es gehört weggejagt.
Ich kann mir auf gar keinen Fall vorstellen, z.B. Armin Laschet (Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen), Friedrich Merz (Politiker, Jurist und Lobbyist) und Dr. Norbert Röttgen (Politiker und Rechtsanwalt) die „Regierungsmacht zu sichern“. Auch nicht die Kandidatinnen und Kandidaten der anderen Parteien des Parteienkartells.
Diejenigen, die Sie hier zum Schutz der Demokratie aufrufen, können nur aus der „außerparlamentarischen Opposition“ akquiriert werden. Und sie werden sich über Aktionen, wie wir sie ja auch von Frankreich (Gelbwesten) kennen, artikulieren müssen.
Demokratie ist nicht bereits an Wert an sich.
Korrektur: Demokratie ist nicht bereits ein Wert an sich.
Und noch etwas:
Führende westliche Medien schreiben von "Rechtsextremen", die das Kapitol gestürmt hätten. Nun, es mag sein – es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass sich Rechtsextreme, Kriminelle und Gewalttäter unter die Protestler gemischt hatten, so wie Linksextreme und Kriminelle bei anderen Demonstrationen auch. Nur, wenn pauschal all jene US-Bürger, die mit dem Wahlausgang nicht zufrieden sind, rechtsextrem sein sollten, dann können die USA ja wohl kaum der Hort der Menschenrechte und der Demokratie sein, wie es dieselben Medien stets darzustellen versuchen, denn es handelt sich ja offenbar um einen nicht unerheblichen Anteil der US-Amerikaner.
Auch in Deutschland besteht die üble Angewohnheit, all jene, die der etablierten Politik nicht folgen, als „Rechtsradikale“ resp. „Rechtsextreme“ zu denunzieren. Sie werden pausenlos mit Schmähbegriffen überzogen. Woher wissen die jeweiligen Autoren eigentlich, dass die Negativ-Beispiele, die sie für ihre „Beweisführung“ präsentieren, repräsentativ für die gesamte beschimpfte Population sind. – Jedenfalls suggerieren sie das ständig!
Im Kapitol waren ja reihenweise Abgeordnete präsent. Offenbar hat sich kein einziger gefunden, der sich diesen Leuten entgegenstellt. Wie anders das Bild vom Putschversuch im spanischen Parlament 1981: Da sind der Ministerpräsident und noch einige weitere stehengeblieben, als der Putschist unter Abfeuerung von Warnschüssen befahl, sich auf den Boden zu legen. Das war lebensgefährlich. Den Leuten im Kapitol entgegenzutreten hätte etwas Mut erfordert, aber wäre wohl kein Lebensrisiko gewesen. Dennoch war da kein einziger Abgeordneter standhaft. Von jedem Soldaten und jedem Polizisten, ja letztlich von jedem Bürger wird verlangt, dass er sein Leben riskiert für die Verfassung...
++ In den USA hat die Demokratie den Kampf gegen den Kapitalismus schon lange verloren, genau genommen von Anfang an,... ++
Ehrlich gesagt, hätte ich nie gedacht, dass die Demokratie gegen den Kapitalismus überhaupt jemals gekämpft hat. Das war und ist niemals das Ziel einer bürgerlichen Demokratie gewesen.
"Wer sollte denn diese klassenbewusste Führung sein? Wer sie bilden?"
Das müssen die klassenbewussten Teile des Proletariats tun. Davon sind diese weit entfernt. Da steht noch viel beharrliche Arbeit an, eine Alternative gibt es aber nicht.
"@harsdörfer hat voll-umfänglich recht: punkt"
Da kommen wir wohl nicht überein. Nur ein Denkanstoß: Wenn es so wäre, warum hätte das Bürgertum überhaupt je nach Demokratie gestrebt? Das hat es ja nachweislich getan und große Teile tun das heute noch genauso.
Das ambivalente Verhältnis des Bürgertums zur Demokratie hat Karl Marx in "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" beleuchtet, interessanterweise bezogen auf eine zum Trump-Putschversuch vergleichbare Situation.
Wie sich das englische Bürgertum seine "marktkonforme" Demokratie mittels Ideologie und Gesetzgebung geschaffen hat, kann man in Karl Polanyis "The Great Transformation" nachlesen.
Zudem muss man wohl zwischen bourgeois und citoyen unterscheiden. Leider gibt die deutsche Sprache diese Unterscheidung nicht her.
Sie haben Recht, insofern hinter jedem Begriff auch ein bestimmtes Konzept steckt.
Der Finanzminister (SPD) entschied, daß dem antifaschistischen VVN-BdA die steuerliche Gemeinnützigkeit entzogen wird. Attack, Campact genauso.
Das charakterisiert den Sonntagsreden Antirechtsradikalismus der "Politiker der Mitte".
Zur Frage der Kernkompetenz der bürgerlichen Demokratie, weil das hier anklingt: Das heißt ja nicht, dass man gutheißt, dass und wie sie sich das zugute hält. Aber weil sie daraus Legitimation schöpft, ist es ein Schlag ins Kontor, wenn ausgerechnt das in Frage gestellt wird.
Stimmt. das ist letztlich individuell. 'Die Bedeutung des Begriffs ist sein Gebrauch', meinten Quine und Wittgenstein und Philosophen und Psychologen wissen, dass diese der individuellen Klärung bedürfen, trotz der Leitplanken des kollektiven Gebrauchs.
im bewußtsein vieler -->demokratietheorien(wikip.)
seh ich als essentiell an:
durch ablehnung von willkür-herrschaft
und traditionellen institutionen/privilegien(kirchlicher/aristokratischer u.a. art),
konstituiert sich die (wahl-)bürgerschaft.
sie fordert verfassungs-rechtliche grundlagen und kontroll-instanzen
für entscheidungen in und über die gesellschaft.
dabei sind personen-rechte mit eigentums-verfügungs-rechten oft:
verknüpft gedacht.
neben/mit dieser bewegung für demokratische selbst-bestimmung
entstand eine bewegung für eine ökonomische neu-regelung.
die radikal-liberale markt-wirtschaft mit der auflösung
staatlicher restriktionen/konzessionen, die bestand hatten,
und den handel mit (grund-)eigentum, waren und arbeits-kräften
entfesselten, war das gespenstische ideal des kapitalismus.
hinter vielen bewegungen stehen: v i e l e , diverse konzepte,
die begriffe zum schillern bringen können.
s.o.
Der Vergleich von Lutz Herden ist schief, obwohl er in die richtige Richtung steuert:
Die vor dem Kapitol versammelte Mischung aus US-Nazis und Evangelikalen ("Gott will Schusswaffen für alle Christen") IST ETWAS ANDERES als die Aufmärsche der deutschen "Querdenker" ® -Geschäftsmacher. Auch wenn sie in ihrer Mitte die Nazis sich "einbetten" lassen, die dann mit Reichskriegsflagge die Treppe des Reichstags hochstürmen.
Das Problem dahinter:
Die Honoratiorenparteien des Besitzbürgertums haben dem Faschismus wenig entgegenzusetzen, wenn es drauf ankommt: 1000 x gezeigt hat sich das bekanntlich in der Geschichte.
Da unterscheidet sich die CDU bisher - ohne Merz als Chef - von den Republikanern in den USA. (Aber wir schweigen hier von der Seeheimer-SPD und ihrem Fast-Wahlverlierer-Gegenstück in den USA.)
Damit dieses Kräftverhältnis so bleibt, sind 2 Dinge zu beachten: die Polizeigewalt und die Aufstellung der Linken:
Gegen die Gewalt von Faschisten am Kapitol hätten Gewerkschaften und Linke mobilisieren müssen, findet der US-Bürgerrechtler Bill Fletcher
Von Donald im November bestellte Veteranen (ehemalige Spezialkräfte der Army) unter anderem Proud Boys haben fristgerecht geliefert. Mir war es im Herbst klar, das da was kommt.
46 Prozent der Amis mögen Donald nicht, finden aber seine Politik gut. Das sind türkische Macht-/Kraftverhältnisse und nahe am Militärputsch. Pelosi fürchtet um den Weltfrieden und den Inneren Frieden. Fox News bezichtigt verdeckte Antifa Personen und verbreitet Lügen.
Zerrüttet und gespalten, eine verlogene "freie" Presse und eine nicht mehr vertrauenswürdige Polizei gefährden das System. Die Börse befeuert mit steigenden Kursen. Die Braven bleiben (um sich vor Corona zu schützen daheim) und überlassen dem Mob die öffentlichen Plätze und Strassen.
Dabei lässt Donald Bomber über Iran fliegen und übt militärischen Druck auf China aus. Die Antwort aus Nordkorea kam sofort.
Die SPD steuert aussenpolitisch um und Röttgen, Merz sowie andere Atlantiker geben sich der Illusion hin, sie könnten die USA demokratisch wieder an sich anbinden. Völlige Selbstüberschätzung entbehrt jeglicher Realität.
Der Putsch wird geübt und vorbereitet. Wenn die Biden Regierung in den nächsten vier Jahren hier keine Besserungen (vor allem innenpolitisch) liefert, wir die USA ein Problem für den Weltfrieden.
Nur ein starkes Europa kann uns vor diesen nicht kalkulierbaren Verhältnissen stabilisieren, im Spannungsfeld von Ost und West.
Schwierig. Ich lese gerade ein Buch mit einer Textsammlung zur Semiotik, "Zeichen über Zeichen", mit einer wirklich tollen Einleitung des Herausgeber Dieter Mersch.
Sagen wir mal, es ist sehr komplex. :-)
Der Punkt ist, dass Begriffe zwar im Grunde völlig beliebig verwendet werden könnten, allein, da die Mehrzahl anderer sie eben wie gewohnt verwendet, folgt einem dabei niemand. U.a. das fällt unter Wittgensteins Argument der Unmöglichkeit einer Privatsprache.
Insofern ist man schon ein Stück weit gezwungen konventionell zu bleiben, was z.B. Heidegger dazu brachte zu behaupten, dass es die "Sprache spricht" (und nach neuen Begriffen zu suchen), was intuitiv seltam ist.
Da man sich, wieder Wittgenstein, aber sogar die eigene Innenwelt begrifflich erst erschließen muss und diese so wenig die die Natur da draußen einfach fertig da ist und nur noch benannt werden möchte ist das eine wichtige Hürde, die viele Naturwissenschaftler reißen.
Das ist aber erst das Basislager, der richtige Spaß beginnt dann erst, zumal noch solche Störfaktoren wie das Unbewusste hinzu kommen, die das rationale Großprojekt prinzipiell torpedieren, wie weit, darüber kann man streiten.
Wenn dann aber alles nur noch Text oder Zeichen ist, wird es auch wieder schwierig, hier würde ich Wittgenstein bei seinem Käfer in der Kiste Beispiel widersprechen wollen, wenn er sagt, die Kiste könnte auch leer sein.
Affekte sind ja ihrerseits ein voll ausgebildetes Kommunikationssystem und auf diese senkt sich das Kommunikationssysteme Sprache herab, beides vermischt sich unauflösbar und ist daher irreduzibel. Ein selten verstandener Punkt. (Zudem ist Sprache wesentlich holisitisch, eine Einsicht die Kant noch fehlte, auf wenn manches sich wie eine Vorahnung liest.)
Das setzt m.E. auch dem Strukturalismus gewisse Grenzen, wenngleich ich am Ende des Tages nicht sehe, dass sich alles deutend in ein rationales Gesamtgefüge integrieren lässt, aus einer Vielzahl von Gründen, einige sich psychoanalytischer Natur, andere spiritueller.
Spiritualität könnte der dritte Deckel sein, der herbasenkt und mit den schon verschmolzenen verbindet, aber vielleicht ist sie noch mehr eine radikale Öffnung, für die uns gegenwärtig die Begriffe fehlen und, wie oben ausgeführt, es würde auch nicht viel bringen, sie zu verwenden (es gibt ja technische Begriffe), solange die Erfahrung nicht geteilt und die Begriffe sortiert sind, aber Spiritualität selbst weist m.E. über die Rationalität und ihre Begrifflichkeit hinaus. Mehr weiß ich nicht.
"Wenn die Biden Regierung in den nächsten vier Jahren hier keine Besserungen (vor allem innenpolitisch) liefert" ---
Sehe ich ähnlich wie Du, aber woher nimmst Du Deine Hoffnung?
Seit den 1980er Jahren sind die Durchschnittseinkommen in den USA nur noch gesunken.
Deshalb wird Trump gewählt - weil nach 30 Jahren Abstrampeln großer verzweifelter Wählergruppen die Scharlatane Glauben finden.
Die Demokratische Partei heute hat mit dem Wohlstand der breiten Masse, für den Kennedy oder Roosevelt standen, nichts mehr zu tun. Genauso wenig wie die Seeheimer-SPD etwas mit der Gewerkschafts- und Sozialpolitik unter Kurt Schumacher oder Willy Brandt zu tun hat.
Warum soll also ausgerechnet die Biden-Regierung die Situation drehen können - ja überhaupt wollen??
"Nur ein starkes Europa kann uns vor diesen nicht kalkulierbaren Verhältnissen stabilisieren, im Spannungsfeld von Ost und West."
Ich hoffe, Sie meinen ein vereintes Europa! Ein starkes Eu. könnte nämlich leicht ein noch viel größeres Problem für den Welt-"Frieden" werden.
Auf seine Regionalität beziehend und in der Sache ein einiges Europa, versteht sich. Ohne nationale Ansprüche! Wäre meine Vorstellung.
Meine Hoffnung bezieht sich auf die nicht unerheblichen Wähler der Unentschlossenen. Welche man gewinnen kann, wenn ihnen Vernünftiges angeboten wird und dann auch umgesetzt wird. Zum Beispiel, mehr Zugang zum Bildungssystem für die Armen, Gesundheitswesen, Beteiligung der Jugend an Demokratie (Reduzierung des Wahlalters auf 16 etcetera)
Mit der jetzigen Mehrheit im Kongress (da hat Donald sich ein Eigentor geschossen) ist vieles möglich. Nur muss es auch praktiziert werden. Vier Jahre sind kurz, doch die USA ist auch zu einer friedlichen Trotzreaktion der Menschen fähig.
... Dieter Mersch ... der auch eine interessante Website hat.
Wenn wir hier schon bei den Sprachphilosophen gelandet sind, was nicht meine Absicht war, dann auch noch Robert Brandom.
Der sowieso. Freut mich, dass Sie den kennen.
"Das ambivalente Verhältnis des Bürgertums zur Demokratie hat Karl Marx in "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" beleuchtet..."
Genau. Nur vom Faschismus wusste er naturgemäß noch nichts. Ich halte es da mit Trotzki. Auch das reicht m.E. nicht, nagelt aber die Basics fest.
Dann könnten Sie vielleicht mal den "Trotzkisten" August Thalheimer lesen, der seine Faschismusanalyse an eben jenem 18. Brumaire aufgehängt hatte.
Eine Zusammenfassung gibts hier: http://www.peter-ruben.de/schriften/Gesellschaft/Ruben%20-%20August%20Thalheimers%20Faschismusanalyse.pdf
halten kann man sein wissen, wie es einem beliebt.
wenn man seinen wissens-horizont erweitern will, hilft oft schon ein wiki-artikel:
--->"faschismustheorie".
Danke!
Was war nochmal dieses Wikipedia? ;-)
Sehr guter Text! Nochmal danke. :-)
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv17.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv16.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv15.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv14.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv12.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv11.html
http://web.ccytet.gob.mx/gmx/video-ohio-state-v-alaba-tv10.html
In China gab es keine vernagelten Türen und auch keine Lagerhaft! Das ist antichinesische Propaganda!
Die Rechten werden noch gebraucht für das Kapital! Es könnte ja zu Arbeiterstreiks und Aufständen kommen! Da arbeitet die Polizei und der Staat dann gerne mit seinen paramiltäriachen Trupps. Ist doch das selbe in sehr vielen Ländern. Wären es Linke die solche Aktionen durchführen würden, gäbe es Massenverhaftungen, weil mit denen kann der Staat nun wirklich nicht viel anfangen. Oder stellt euch vor es gibt Krieg? Da braucht man doch die Nationalisten! Der bürgerliche Staat hat den Faschismus immer griffbereit, falls mal die parlamentarische Demokratie nicht mehr brauchbar ist, um die Kapitalakkumaltion fortzusetzten! Irgendwann müssen Arbeiterrechte und Gewerkschaften zerschlagen werden, so oder so!
Auch wenn das vielleicht keiner mehr liest:
„Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“
schrieb Marx im 18. Brumaire.
Wenn da mal nicht noch eine Tragödie drin ist ... Die Farce haben wir mit Trump hinter uns.