Präsident Baschar al-Assad wird mit der Rückkehr Syriens in die Arabische Liga weder rehabilitiert noch hofiert. Vielmehr ist der Tatsache Rechnung getragen, dass er einen souveränen Staat führt, und das derzeit alternativlos. Sein Regime konnte internen wie externen Gegnern widerstehen, die seit 2011 dessen Sturz betreiben. Assads Armee und Milizen haben erbittert und gnadenlos um den Machterhaltgekämpft. Den 22 Mitgliedern des arabischen Staatenbundes dürfte das bekannt, manchen davon nicht fremd sein.
Wenn sie die Suspendierung aufheben, fällt das ins Fach „Realpolitische Entscheidung“. Die wird getroffen, um auf der Höhe des eigenen regionalen Geltungsanspruchs zu sein. Man sollte das nüchtern zur Kenntnis nehmen, statt wie in Deutschland aufgebrachte bis hysterische Reaktionen folgen zu lassen, bei denen die Furcht durchschimmert, von den Ereignissen überholt zu werden.
Längst betreiben die Arabischen Emirate, Ägypten, Jordanien und Tunesien wieder Botschaften in Damaskus. Der Irak, Algerien und Palästina wollten die ihren nie schließen. Ende April traf der saudische Außenminister Prinz Faisal Staatschef Assad, um ihm gleichfalls diplomatische Normalität zuzusichern. Diesen Stimmungsumschwung zu ignorieren, schien nicht länger opportun. Die von China moderierte Entkrampfung zwischen Teheran und Riad tat ihr Übriges. Womöglich lässt sich nun sogar der Jemen-Krieg beenden, zumindest aber eindämmen. Da der Iran und Saudi-Arabien jeweils jemenitische Konfliktparteien protegieren, scheinen Übereinkünfte über eine dauerhafte Waffenruhe denkbar. Wie viel damit gewonnen wäre, zeigt der vom Bürgerkrieg geflutete Sudan.
Wer sich in Syrien während der letzten zwölf Jahre mit dem Label „Opposition“ versah, konnte auf westlichen Beistand rechnen, ob es sich um Al-Qaida-Filialen, Hardliner der syrischen Muslim-Bruderschaft oder islamistische Freischärler aus dem Kaukasus handelte. Gerade weil Überzeugungstäter dieser Provenienz die einzige säkulare Ordnung im Nahen Osten schleifen wollten, hatte Assad stets einen Teil der Bevölkerung, vor allem die staatstragende alawitische Minderheit, auf seiner Seite. Es war eine Konsequenz des geopolitischen Kalküls bei der Schlacht um Syrien, dies in den USA oder im Westen überhaupt nach außen hin auszublenden. Assad abzuräumen, hieß, dessen Verbündeten Iran zu treffen.
Ein bislang missglücktes Unterfangen. Es reiht sich ein in Fehlschläge wie die Irak-Besetzung der USA nach dem Angriffskrieg von 2003 oder den durch eine NATO-Luftinvasion erzwungenen Abgang Muammar al-Gaddafis in Libyen. Im einen Fall hinterließen die Eroberer eine von Terror zerrissene Gesellschaft, im anderen einen gescheiterten Staat. Das westliche Dispositiv, durch Interventionen einen Regime Change voranzutreiben, sich aber aus der politischen Verantwortung zu stehlen, wenn darauf Krieg und Chaos, Leid und Vertreibung folgen, wurde zum Fiasko für alle Beteiligten. Weder in Syrien noch im Irak oder in Libyen wurde Demokratie und Menschenrechten gedient, wie es US-Präsidenten, angefangen mit George W. Bush, verkündeten. Den meisten arabischen Staaten dürfte inzwischen klar geworden sein, wie sehr das hegemoniale Prinzip der US-Nahostpolitik abgewirtschaftet hat. Die Arabische Liga wird regelrecht dazu gedrängt, sich als Teil einer multipolaren Weltordnung zu begreifen. Sie rafft sich zu Entschlüssen auf, als gäbe es die schon.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.