Syriens Rechte werden missachtet

Anti-Terror Die von Präsident Obama angekündigte Ausweitung von Luftschlägen über irakisches Territorium hinaus schert sich wenig um Respekt gegenüber der Souveränität von Staaten
Umkehr ausgeschlossen – der Präsident hat sich festgelegt
Umkehr ausgeschlossen – der Präsident hat sich festgelegt

Foto: Saul Loeb / AFP - Getty Images

Warum gibt es dieses Vorgehen der US-Administration, das trotz angekündigter Anti-Terror-Bündnisse erneut unilaterale Züge trägt? Weshalb werden die Vereinten Nationen nicht wenigstens angerufen? Natürlich lässt sich im UN-Sicherheitsrat nicht ohne weiteres rechtfertigen, dass die Souveränität Syriens grob missachtet wird, wenn die US-Luftwaffe ohne Kontakt und Konsens mit der Regierung in Damaskus über syrischem Territorium operiert und dort Stellungen der IS-Dschihadisten beschießt. Gemessen am ohnehin zerrütteten Zustand der internationalen Beziehungen, wirkt diese Ankündigung Barack Obamas nicht sonderlich konstruktiv und hilfreich.

Man kann dem Kampf gegen den dschihadistischen Aufmarsch schwerlich einen legitimen Anstrich geben, wenn dadurch die Existenz eines Staates und UN-Mitglieds grob missachtet ist. Es wird Recht gebrochen, um militärische Gewalt ausüben und deren Wirkung verstärken zu können. Hinter diesem Verhalten der Obama-Regierung steht offenkundig die Furcht, in den Verdacht zu geraten, mit Bashar al-Assad gegen einen gemeinsamen Feind zu kooperieren und dessen Regime auf diese Weise wieder Legitimation zu verschaffen. Wieder einmal wird Realpolitik der Stimmungsdemokratie geopfert.

Immerhin hat Präsident Assad am 3. Juni in den von seiner Armee kontrollierten Regionen Syriens Wahlen gewonnen, die sicher nicht höchsten demokratischen Standards genügt haben, aber doch als Beleg für ein eindeutiges Stimmungsbild zugunsten des Baath-Systems taugen. Im Übrigen stellen die intern gespaltenen Rebellenfraktionen der Freien Syrischen Armee (FSA) oder andere nicht radikalislamische Gruppierungen des Anti-Assad-Lagers keine alternative Administration dar. Sie können insofern nicht ernsthaft als Partner der Amerikaner in Betracht kommen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regierung in Damaskus zu Obamas „Strategie gegen das Böse“ verhält. Ob sie es mit einem formellen Protest bewenden lässt oder den eigenen Luftraum nicht ohne weiteres preisgibt, bleibt abzuwarten. Assads alleiniger Verbündeter Russland könnte sich im UN-Sicherheitsrat energisch dafür einsetzen, dass die Hoheitsrechte des syrischen Staates zu Lande, in der Luft und auf See gewahrt werden, auch wenn das sicher ohne Wirkung bleibt. Andererseits sollte man nicht unterschätzen, dass Assads Streitkräfte über hoch entwickelte Luftverteidigungsaggregate und Kampfflugzeuge russischer Herkunft verfügen.

Was geschieht mit diesem System, wenn US-Jets über dem Norden und Nordosten Syriens auftauchen? Oder Drohnen eingesetzt werden, was gleichfalls vorgesehen ist, vermutlich schon stattfindet?

Arabische Staaten wie Irak und Syrien, deren innere Erosion ein wesentlicher Grund für den dschihadistischen Vormarsch und Terror ist, erfahren durch die Missachtung ihrer Souveränität und exekutiven Organe weitere Demontage. Ihnen wird die normale staatliche Existenzweise bestritten, was logischerweise die Frage aufwirft, wer springt dafür ein, wenn sie derart degradiert werden?

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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