Über Nacht

Kommentar I Wäre Hugo Chávez am 2. Dezember mit 51 : 49 als Sieger aus dem Verfassungsreferendum hervorgegangen, hätte man das im Westen vermutlich als ...

Wäre Hugo Chávez am 2. Dezember mit 51 : 49 als Sieger aus dem Verfassungsreferendum hervorgegangen, hätte man das im Westen vermutlich als Bestätigung empfunden, dass Venezuela mehr denn je totalitärer Finsternis verfalle und von einem Autokraten beherrscht werde, der die Demokratie verachte, mit seinen Ölmilliarden den sozialen Messias gebe und politische Loyalität erkaufe, ein zweites Kuba errichte, Castro wie einen Heiligen verehre und als hemmungsloser Populist für ein abstoßendes Revival alter Mythen sorge - er leiste sich nämlich den so absurden wie frechen Anachronismus, einen Sozialismus des 21. Jahrhunderts für sein Land zu wollen.

Da Hugo Chávez jedoch sein Referendum mit 49 : 51 verlor, hat in Venezuela die nicht mehr existente Demokratie über die Allmacht eines Diktators gesiegt, der Sozialismus eine schwere Niederlage erlitten und ein Volk keine Lust mehr, sich als Objekt autoritärer Begierden missbrauchen und mit sozialen Wohltaten füttern zu lassen. Über Nacht tropft der Heiligen Familie der abendländischen Musterdemokratien plötzlich die Botschaft von den Lippen: Venezuela habe gute Chancen, wieder eine zivilisierte Nation zu werden.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen.

Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zur Wochenzeitung Freitag. Dort arbeitete es von 1996-2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

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