Irgendwann müsse eine Revolution in das Stadium ihrer Reorganisation eintreten, ist als Satz des französischen Bourgeois-Revolutionärs Georges Danton aus dem Jahr 1794 überliefert. Die unverhüllte Aufforderung, Frankreich möge sich seiner jakobinischer Aufrührer entledigen. Was mit dem 9. Thermidor prompt geschah. Robespierre und St. Just kamen aufs Schafott, die Republik der Eigentümer begann.
Die Umstürzler von Kiew bedürfen solcher Flurbereinigung nicht, weil sie sich treu bleiben und keine Revolutionäre sind. Reorganisieren müssen sie sich natürlich trotzdem. Das Ergebnis heißt Pjotr Poroschenko, thront als Milliardär über einem Imperium aus Süßwaren- und Autofabriken und ist aussichtsreicher Anwärter auf die Präsidentschaft. Er verdrängt die in Deutschland mit so viel medialer Zuneigung bedachte Lichtgestalt eines Vitali Klitschko. Was könnte desillusionierender sein? Aber deshalb schon vom ukrainischen Thermidor reden? Vielleicht tut man Poroschenko Unrecht, und er bedient das neue Format des oligarchischen Revolutionärs und wendigen Wirtschaftsführers. Wirbelte es ihn in seiner Vita nicht schon rasant hin und her? Erst ließ er sich bei Viktor Janukowytschs Partei der Regionen nieder, dann war er Außenminister des Orange-Lagers, schließlich wieder Wirtschaftsminister bei Janukowytsch.
Frage des Personals
Dieser Schwunghaftigkeit ist nicht einmal Julia Timoschenko gewachsen, die auch kandidiert, aber den Fuß nicht mehr so richtig in die Tür kriegt, seit sie denselben aus dem Gefängnis setzte. Auch Swoboda-Bewerber Oleg Tjahnibog ist für Poroschenko kein Gegner. Der Verlust der Krim klebt an ihm, da kann seine Partei noch so krakeelen. Die Halbinsel kam sezessionistisch so richtig in Bewegung, als die unversöhnliche Swoboba-Avantgarde das gegen die ukrainischen Russen gerichtete Sprachgesetz im Parlament dekretieren ließ.
Nicht auszuschließen, dass Poroschenko schon im ersten Wahlgang gewinnt, empfiehlt er sich doch als Garant der Mitte, in die es ihn bisher noch nicht getrieben hat. Doch scheint es gleichsam möglich, dass sich der Schoko-König und die Öl-Prinzessin im zweiten Wahlgang gegenüber stehen. Es würde sich dann um die beiden Figuren handeln, die 2005 das erste Kabinett des orangenen Präsidenten Viktor Juschtschenko scheitern ließen.
Wie gesagt, in der Ukraine werden aus Umstürzen nie Revolutionen. Es ist schlichtweg eine Frage des Personals.
AUSGABE
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 14/14 vom 03.04.2014
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