Die PR-Maschine läuft schon seit November: Die Hauptstadt wird einen verpackungsfreien Supermarkt bekommen, in Berlin-Kreuzberg. Original Unverpackt wird er heißen, „kein eingeschweißtes Gemüse, keine Tetra Paks“ sollen in den Regalen stehen. Wer dort einkauft, muss die Waren in mitgebrachte Behältnisse umfüllen. Plastikhüllen aller Art werden dort also im wahrsten Sinne des Wortes in die Tonne getreten. Das scheint ja auch nur zeitgemäß. Reduzieren, verzichten, entschleunigen: Alle sprechen davon, und die dauerhafte mediale Begleitung ökologischer Themen hat eine beruhigende Wirkung. Wenn alle sagen, dass das Umweltbewusstsein steigt, muss da doch etwas dran sein.
Entsprechende Erfolgsmodelle etwa aus Frankreich und den USA scheinen dem Projekt Rückenwind zu geben. Dass auf der Internetseite des britischen verpackungsfreien Supermarkts Beunpackaged inzwischen der Hinweis trading has ceased, the ethos behind the project lives on erscheint, soll den Vorabjubel nicht trüben.
Innerhalb von nur 24 Stunden hatte Original Unverpackt sein Crowdfundingziel von 20.000 Euro erreicht, nun kratzt es schon an der 90.000er-Grenze. Diese Summen und 25.000 Facebook-Likes führten nicht nur zu einer erhöhten Berichterstattung, sondern auch zu sehr hohen Erwartungen. Viel leiser ging derweil ein ähnliches Projekt in Kiel an den Start. Dort hat schon Anfang des Jahres der ebenfalls plastik-freie Markt Unverpackt eröffnet, ganz ohne den Berlin-üblichen Hype.
Tatsächlich ist es irre: Gummibärchen gibt es in Tütchen, die in einer großen Muttertüte behütet werden, Milch wird weiterhin vor allem in Tetra Paks statt in Flaschen verkauft. 16 Millionen Tonnen Abfall jährlich sind die Konsequenz. Richtig unsinnig wird es, wenn lose Nahrungsmittel wie Äpfel in dünnen Plastiksäckchen landen. Jedes Jahr landen rund acht Milliarden dieser Fitzeltüten direkt nach Gebrauch im Müll. Das ist skandalös – findet auch die EU-Kommission und erwägt ein Verbot der dünnen Dinger. Dicke Plastiktüten dürfen demnach aber bleiben. Denn angeblich muss man einen Jutebeutel mindestens 130 Mal benutzen, bis er sich ökologisch rechnet.
Das müsste man nun mal auf die zwei neuen Modellsupermärkte umrechnen. Und es bleibt eine weitere gemeine Frage: Ist das Unverpackt-Konzept überhaupt alltagstauglich für eine Mehrheit? Wer hat schon Zeit und Nerven, seine Einkäufe so detailliert zu planen, dass er immer ein Dutzend passender Schachteln, Gläser und Dosen dabeihat?
Kommentare 6
Und wir dürfen dabei unseren Stoffbeutel dem Bäcker nicht über den Ladentisch reichen, damit er dort Brot und Brötchen direkt einwirft. Papiertüte muss sein... "Vorschrift". Eine Tüte abzulehnen bei Nordsee, hat auch keinen Zweck...
(UN)Ökologisch betrachtet... werden wohl die SUVgesteuerten nach dem Besuch der Biobauern auf dem Lande dann solch verpackungsreduzierten Auslagen ansteuern...
Ich werde wohl nie verstehen, warum wir immer so (us-)trendgesteuert leben sollen... und uns nicht eigene Gedanken zum Umfeld machen können.
Das entspricht dem Reinheitsgebot... im überregulierten Hygienedeutschland.
..."Und wir dürfen dabei unseren Stoffbeutel dem Bäcker nicht über den Ladentisch reichen, damit er dort Brot und Brötchen direkt einwirft. Papiertüte muss sein... "Vorschrift""...
Nee oder, ist das Ernst????
Ich meine mal so aus 14 Jahren Deutschlandabstinenz, ist das echt so ????
Also, wundern würde es mich nicht......, in Bremen hatte ich in der nachbarlichen Familienbäckerei gefragt, ob ich deren gefiltertes Frittieröl bekommen könnte, für meinen Diesel-Bully......, Eierkartons für die losen Eier vom Bauernhof hatte ich denen auch stets weitergereicht. Die Antwort....., sehr gern! Am nächsten Tag aber: Wirklich sehr gern, nur wir dürfen das Öl nur an einen zertifizierten Entsorgungsbetrieb abgeben!.......
Dicke Plastiktüten dürfen demnach aber bleiben. Denn angeblich muss man einen Jutebeutel mindestens 130 Mal benutzen, bis er sich ökologisch rechnet.
Aber was hieran ein Problem, beziehungsweise worin hier die wirkliche Begründung liegen soll, wird mir nicht klar?
Erstmal wäre interessant zu wissen, nach welcher Nutzungsdauer sich eine dicke Plastiktüte "ökologisch rechnet"?
Desweiteren kann ich nur über meinen Jutebeutel berichten, der praktischerweise und leider viel zu selten gefunden, zwei lange Riemen hat, die man sich auch über die Schulter hängen kann, und den ich inzwischen seit ca. zehn Jahren nutze, und zwat fast täglich!........, viel interessanter wäre es m. E. das Gesamtkonzept "Supermarkt" in Frage zu stellen, denn Lebensmittel ohne Umverpackung findet man auf jedem Wochenmarkt. Und wenn die meisten Menschen dort wegen der Marktzeiten nicht hingehen können, sollte man sich fragen, wie es zu solch protektionistischen Marktzeiten gekommen ist und wie man die ändern kann.
"Solange unser Müll nicht komplett kompostierbar ist, sind also ein paar Plastiktüten im Abfall kein Schaden sondern im Gegenteil eine sinnvolle Zwischennutzung des Rohstoffs Öl, den man nachher sowieso für die Müllverbrennung benötigt."
Stimmt m. W. n. und daher finde ich Papiertüten für Brot und Brötchen, wenn sie aus recyceltem und ungebleichtem Papier sind, auch nicht schlimm....., aber eine dicke Plastiktüte einem Jutebeutel vorzuziehen, das leuchtet mir nicht im geringsten ein, wenn etwas Öl zur besseren Verbrennung zugegeben werden muss, ist das zwar nicht gut, aber es besteht noch immer dieMöglichkeit, dass nicht.
..."ob ich deren gefiltertes Frittieröl bekommen könnte, für meinen Diesel-Bully......, Eierkartons für die losen Eier vom Bauernhof hatte ich denen auch stets weitergereicht. Die Antwort....., sehr gern! Am nächsten Tag aber: Wirklich sehr gern, nur wir dürfen das Öl nur an einen zertifizierten Entsorgungsbetrieb abgeben!"...
Die dürften es nicht einmal selbst in ihren Heizöltank kippen......!,
sondern müssen die fachgerechte Entsorgung nachweisen. Unter anderm gilt glaube ich das Verfüttern an Schweine als fachgerecht.
"Ist Milch in Flaschen wirklich besser? Schließlich müssen die Flaschen sehr aufwändig gereinigt werden."
Eine Frage, die ich mir auch gestellt habe....., einerseits haben wir in Deutschland keinen Wassermangel, andererseits haben Brick-Packs in Verbindung mit Hochtemperaturverbrennung eine recht gute Umweltbilanz, weil für die auch viel Recyclingpapier verwendet wird.
Von daher macht es in Deutschland wohl keinen so grossen Unterschied, in Südeuropa wiederum ist Wasser Mangelware und Hochtemperaturverbrennung gibt es hier kaum :o(......, hier in Lissabon bekommt man Frischmilch in Plastik-Papier-Bricks.....