Der Sonntag ist den Deutschen heilig. Ein ausgiebiges Frühstück mit Rührei, vielleicht eine Fahrradtour ins Grüne, abends der Tatort. Was könnte zufriedener machen? Wenn es nach Wolfgang Maennig, Ökonomieprofessor an der Universität Hamburg geht, offenbar die Arbeit. Laut seiner Studie sind Akademiker am Wochenende unzufriedener als unter der Woche. Besonders die Männer tendieren zu einer Wochenendneurose. Höher Gebildete, die am Sonntag befragt wurden, gaben eine geringere allgemeine Zufriedenheit an als solche, die unter der Woche befragt wurden.
Woher aber diese üble Sonntagslaune rührt, lässt die Studie komplett offen. Dennoch sorgt sie für Aufruhr. Maennig selbst interpretiert die höhere Unzufriedenheit so, dass Akademiker am Wochenende lieber arbeiten würden, als ihre Freizeit zu genießen.
Fröhlich heruminterpretiert wird auch in der Öffentlichkeit. Akademikervätern unterstellt man scheinbar nur zu gern Arbeitssucht und Entfremdung von der Familie. Sowohl die Kinder als auch häusliche Verpflichtungen seien für höher gebildete Männer einfach zu belastend und hielten sie von den richtig wichtigen Dingen ab, lautet eine verbreitete Lesart. Es scheint geradezu beruhigend, die empirische Gewissheit zu haben, dass all die Pseudo-Vorzeigeväter mit Eltern- und Teilzeitambitionen in Wahrheit schon sonntags kurz vor der Dauerneurose stehen. Irgendwie hat man das doch geahnt, oder?
Maennigs These, dass die Missmutigen sonntags lieber arbeiten würden, belegen die Befragungen aber nicht. Denn abgesehen von der leichten Sonntagsunzufriedenheit sind Akademiker im Durchschnitt immer noch konstant zufriedener als geringer qualifizierte Menschen. Und zwar egal, wann. Sprich: Ärzte sind selbst am Wochentiefpunkt glücklicher als Handwerker an jedem anderen Tag. Kann man da überhaupt von Sonntagsneurose sprechen?
Vielleicht sind die Befragten ja einfach nur traurig gewesen, dass am nächsten Tag der Stress wieder von vorn losgeht. Oder noch simpler: Vielleicht waren sie auch einfach in dem Moment unzufrieden, weil sie einen Teil ihrer kostbaren Wochenendzeit für die Beantwortung eines Fragebogens opfern mussten?
So oder so ist es zu begrüßen, dass in Zeiten, in denen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit immer weiter verwischen, die Studie erneut die Diskussion darüber angestoßen hat. Man möchte Professor Maennig nur wünschen, dass er seine Studie nicht an einem Sonntag mit schönem Wetter fertiggestellt hat.
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