Männer wir wollen euch!

All-Zwei-Erziehend Die Finanz-, Rollen- und Aufgabenverteilung innerhalb einer Familie ist nicht nur Privatsache.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eine Freundin sagte letztens zu mir: „Immer wenn ich mich beklage und etwas aushandeln möchte, sagt mein Mann zu mir: Stell dir vor du wärst alleinerziehend! Und dann denke ich, dass er schon recht hat.“

Bei solchen Sätzen geht mir das Messer in der Tasche auf. Und zwar ein doppeltes Klappmesser an beiden Seiten. Wie bitte? Wie bitte, junger Mann? Und wie bitte, junge Frau, Sie geben ihm recht??

Aber ja, sie hat recht! Auch wenn es ein alter Hut ist, können wir das bitte nochmal ausbuchstabieren:

Alleinerziehend zu sein bedeutet im schlechtesten Fall: 145 Euro Unterhaltsvorschuss pro Monat und Kind

Das ist, was Alleinerziehende erhalten, wenn der andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt, bzw. zahlen kann. Dabei müssen sie sämtliche Haus-, Hof- und Erziehungsarbeiten alleine bewältigen. Wer es sich kräftemäßig leisten kann, geht nebenher noch Teilzeit arbeiten und stockt auf mit Hartz 4. Wie viel da noch übrig bleibt für einen Babysitter und dadurch für ein Stückchen Privatleben, kann sich jeder ausrechnen. Der oder die Abtrünnige baut sich unterdessen ein neues Leben auf und kuschelt das Kind, wann es der neue Zeit- und Lebensplan eben zulässt. Im Falle einer weiteren Bekannten von mir sind das eben nur drei Stunden die Woche, die der Vater sein Kind nach der Trennung zu sich nehmen will. Mit einem Minimum von 1100 Euro Selbstbehalt für den eigenen Lebensbedarf (bei seiner 50%-Stelle entspricht das seinem kompletten Gehalt) fängt er so noch einmal mit genügend Freizeit von vorne an. Für sie bleiben: 145 Euro Unterhaltsvorschuss, ein „Rund um die Uhr-7 Tage die Woche –Job“ bestehend aus Studium und Kinderbetreuung, keinerlei Zuverdienst-Möglichkeiten und sämtliche Sorgen, Nöte und Ängste von Seiten ihres Kindes alleine auffangen müssen.

Dafür brauchen wir die Politik!

Dass in der familiär bedingten Bedrängnis der im Titel genannten Ressourcenverknappung durch ein Baby oder Kleinkind der hauptverdienende Elternteil weiterhin auf seinem uneingeschränkten Recht auf Arbeits- und Freizeit besteht ist ja bis zu einem gewissen Grade nachvollziehbar, schließlich finanziert dieser auch zum Großteil den Laden.

Dass aber der andere, möglicherweise auch noch unverheiratete Elternteil in seinem neuen 24h-Job auch mal Erholung oder Zeitfenster braucht um sich beruflich weiter orientieren zu können, gerade WEIL die Gefahr immer besteht, am Ende alleinerziehend an der Armutsgrenze dazustehen, wird gerne ausgeblendet. Und wenn dann bei Einforderung einer angemessenen Zeitaufteilung von Seiten des betreuenden Elternteils die Rechnung für den aktuellen Hauptverdiener nicht mehr aufgeht und dessen Abflug in die Freiheit folgt, steht Ersterer dumm da. Ab 240 Euro monatlich kann sich der verlassende Elternteil nämlich schon von seiner Sorgepflicht freikaufen. Das reicht im Glücksfall für die Miete des Kinderzimmers. Essen, Kleidung und Weiteres: Wer bezahlt‘s? Kindertränen: Wer trocknet sie?

Wir beklagen rückgängige Geburten- und steigende Scheidungsraten, fürchten verheerende demographisch bedingte Auswirkungen aufs Rentensystem, während genau dieser popelige „Rentenanspruchsgutschein“ auf maximal 3 Jahre Erziehungszeit das Einzige ist was bei den unverheirateten erziehenden Elternteilen auf dem Konto landet.

Wo bleiben die Ehe-unabhängigen Sicherheiten für die Menschen, die die Kinder, die Zukunft aller (!) großziehen?

Wo bleiben die Strukturveränderungen für Elternbeziehungen auf Augenhöhe? Wo bleibt eine Steuerreform, die zwei Teilzeitverdiener nicht bestraft sondern Familie wirklich fördert? Die Ganztagsbetreuung ab dem Säuglingsalter ist nur eine Option. Echte Wahlfreiheit für Eltern bietet sie nicht. Warum wird ein Betreuungsgeld als Herdprämie sogar und gerade auch von Frauen (!?) verschrien und beschimpft, anstatt lauthals ein adäquates bedingungsloses Grundeinkommen für Hausfrauen- und -Männer mit Kindern gefordert? Und zwar unabhängig von der Großzügigkeit und der finanziellen Lage des anderen Elternteils. Eine dritte Freundin von mir bezieht nämlich jetzt lieber Hartz 4 als weiterhin den Vater ihrer beiden Kleinkinder um Haushaltsgeld bitten zu müssen, was dieser stets zum Anlass nahm um am unaufgeräumten Zustand der Wohnung herumzumäkeln, frei nach dem Motto: „Tu erstmal was für dein Geld.“

Ein Ansatz: Grundeinkommen für Erziehende

Vielleicht käme durch ein Grundeinkommen für Erziehende (das bei geteilter Betreuung dann ebenfalls geteilt würde) auch ein leiser Anerkennungswind in diesen undankbaren „Berufszweig“, in dem man eben nicht immer nur mit einem Kinderlächeln, sondern oft genug auch mit Tobsuchtanfällen für die schlaflosen Nächte bezahlt wird. Und vielleicht würde dieser „Beruf“ dann auch ein wenig attraktiver für Männer.

Die Kinder würden auf jeden Fall gewinnen: Entweder nämlich ihre beiden Eltern als enge Bezugspersonen oder aber wenigstens einen finanziell abgesicherten und weniger von Sorgen belasteten Alleinerziehenden.

Zuerst erschienen auf www.maennerheldinnen.com

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Maennerheldinnen

Wir begeben uns auf die Suche nach Ansätzen, die den Weg zu wirklicher Chancengleichheit und (Entwicklungs-)Freiheit ebnen könnten.

Maennerheldinnen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden