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Freitag-Community Vieles in der Freitag-Community ist suboptimal gelöst. Etwa diverse Diskrepanzen zwischen Kommentaren und Artikeln. Vorschlag: eine Mitkommentar-Zentrale, kurz: MKZ.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Artikel suchen Leser, Leser suchen Artikel: Das Um-Sich-Greifen des allgemeinen Online-Wahns hat das Problem nur verschärft. Aufgrund des unerbittlichen Fortschreitens der Kapitalkräfte sieht sich selbst der linksliberale Freitag gezwungen, einem raffgierigen, nimmersatten und auf Konsum für lau erpichten Publikum eine sogenannte Online-Community auf dem silbernen Tablett zu servieren. Aber lassen wir die lobenden Worte, nehmen wir die Realität, wie sie ist. Die gute Nachricht: der Online-Bereich des Freitag, die sogenannte der-Freitag-Community (kurz: dFC) funktioniert vor sich hin. Die schlechte: Sie funktioniert nicht so gut, wie sie eigentlich könnte. Was liegt also näher, als in guter sozialistischer Tradition nach vorne zu denken und diesbezüglich einen Verbesserungsvorschlag zu unterbreiten.

Eine Mitkommentar-Zentrale muß her! Warum? Wer den Online-Bereich des Freitag (im Insiderjargon: »die« dFC) aufmerksam verfolgt, wird feststellen, dass es einige Diskrepanzen gibt und somit einiges im Argen liegt. Beispiel: die beliebte Spalte MEISTKOMMENTIERT. Anlinken, ausklappen kann man sie nicht. Eisern angezeigt werden lediglich die Besten der Besten, die fünf Artikel, wo buchstäblich die Hölle brennt. Was interessiert die Leser und Leserinnen so, dass es die Finger geradezu magisch zur Tastatur zieht? Dass man gar nicht anders kann, als zu kommentieren? Die Ukraine zweifelsohne – wen wird es wundern? Wird Putin gebasht oder basht er selber? Und auch das Außenseiterthema ist nur scheinbar ein Außenseiterthema: das Geldproblem. Das Geldproblem verhält sich dabei diametral entgegengesetzt zum Ukraineproblem: Geld könnten wir alle etwas mehr vertragen, die Ukraineeskalation hingegen ruhig mal ein paar Wochen Pause machen.

In anderen Themenbereichen sieht es eher mau aus. Olaf Scholz – so ein guter Mann. Aber: Kommunalpolitik funzt beim Freitag nunmal nicht. Quittung: ein läppischer Kommentar. Sicher gibt es Abweichungen von der Regel »Das Hauptthema schlägt den Rest«. Eine Kollegin etwa versteht es beispielsweise, auch pure Livestyle-Reportagen in dieser Polit-Wüste kommentarbringend an den Mann und die Frau zu bringen. Ausbaufähiger Zwischenstand: 25. Woran man sieht: Auch Außenseiterthemen haben eine Chance – manchmal.

Da die Ausnahme auch beim Freitag längst nicht die Regel ist, stellt sich die Frage: Was tun wir nu’ mit dem Problem? Da eine rein sozialistische Lösung (alle Kommentare werden gerecht auf »Menge X« aller Artikel aufgeteilt) wohl nicht das Gelbe wäre, schlage ich eine Mitkommentar-Zentrale (MKZ) vor. Eine solche MKZ würde gleich zwei Problemen nachhaltig abhelfen: a) dem Problem, dass manche Redakteure / Online-Autoren sich die Frage stellen, was sie eigentlich (noch) schreiben sollen, b) dem Problem, dass sich mancher Kommentator die Frage stellt, welchen Beitrag er eigentlich (noch) kommentieren soll. Leuchtet eigentlich ein, oder?

Wie kann eine solche MKZ funktionieren? Natürlich nur demokratisch, was sonst? Besser noch: basisdemokratisch. Es bedarf im Grunde nur einer Anlaufstelle. Die wiederum lässt sich mit wenig Aufwand bewerkstelligen – ein entsprechender Artikel, auf der Hauptseite sinnfälligerweise verlinkt, genügt. Überschrift (Vorschlag): KOMMENTAROREN GESUCHT !! Die Kommentarfunktion dort nutzt man halt einfach, um Kommentatoren zu suchen. Etwa zu dem Artikel über Ole Scholz, beispielsweise:

»He – der Scholz braucht noch ein paar KOMMENTARE! Oder wollt ihr, dass bei der HH-Wahl die Schwarzen durchbrechen?«

Oder: »He – Ich hab’ so ein scheiß-gutes Buch geschrieben, was ich gerade im Selbstverlag selbstvermarkte. Und keiner beachtet dieses Jahrhundertwerk (0 COMMENTS !!, ihr Nieten). Das (und das Leben allgemein) ist wirklich nicht fair.«

Dass eine solche Seite Kampagnenpotenzial hat, liegt auf der Hand. Allerdings könnte die Chose auch andersrum funktionieren – mit einer Seite ARTIKELSCHREIBER GESUCHT !! Das wäre dann quasi das Pendant, die MAZ (Mitartikel-Zentrale). Das Prinzip wäre dasselbe: Ein werter Redakteur oder ein beschäftigungsloser Community-Schreiber (und umgekehrt; weibliche Pendants immer mitgemeint) fragt an, was es denn so Tolles zu schreiben gäbe. Dass da freitagstechnisch noch viel Brachland frei liegt, das braucht man nicht zu sagen. Etwa: »Hallo Raumschiff da oben – mein sagenhafter Neo-Horror-Pulp-Roman mit Selbsterlebnisfaktor im Eigenverlag, Titel xxxx, hat noch keine Sau rezensiert – das wär’ doch mal was?« Oder: »Wir als Selbsterfahrungsgruppe XY haben uns immer noch nicht gefunden !!! Kann jemand abhelfen ???«

Noch besser wäre natürlich: »Wir, die 26 bekannten Star-dFC-Onlinekommentateure A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y und Z stehen Tastatur bei Fuß, um unsere gesammelte Kommentarpower bei einem Artikel zum Thema ›Die Kunst in der Politik oder die Kunst der Politik‹ zu konzentrieren.« Nicht nachfragen – gleich die volle Selbstinitiative. Und was für eine Phalanx, Broder und Grass können da einpacken! Last but not least könnte man aus den zwei vorgestellten Formaten zwei Dauer-Kolumnen herausdistillieren. Die Aufhänger – also die übergreifenden Themen – müßten allerdings schon eine gewisse Zeitlosigkeit gewährleisten. Vorschlag für Format eins daher: »Hundert Zeilen Hass« (hatte Biller mal, aber vielleicht gibt er den Titel her). Format zwei: »Liebe – grenzenlos« (bereits bewährt, wüsste dafür sogar eine Autorin).

Jedenfalls denke ich, diese leichte Form des Kommunismus – immerhin – müßte mit dem Freitag hinzukriegen sein.

TÜV:

Satiregeprüft gemäß der geltenden Bundesabgabenverordnung, § 17, Abs. 2b.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Richard Zietz

Linksorientierter Schreiber mit Faible für Popkultur. Grundhaltung: Das Soziale ist das große Thema unserer Zeit.

Richard Zietz

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