Schorndorf, die Stadt am Rand des Stuttgarter Speckgürtels, zwischen High Tech und großzügig angelegten Obstgärten auf den Vorläufern der Schwäbischen Alb. Auch sonst zählt Schorndorf eher zum solventen Teil der Republik – dort, wo abends um acht die Bordsteine hochgeklappt werden, wo der Kehrwoche-Plan den Wochentakt vorgibt und schwäbische Arbeitsamkeit das Leben bestimmt.
Was sich am Wochenende mischte, ist schwer zu sagen. Nur eins ist gewiss: Das Bild von Schorndorf scheint nicht mehr zu stimmen. Die Auseinandersetzungen, die im Verlauf des sonntäglichen Stadtfestes begannen, gerieten im Verlauf der Nacht zeitweilig außer Kontrolle. Die Einsatzpolizei vor Ort mußte weitere Einheiten aus umliegenden Nachbarstädten ordern, um der Lage vor Ort Herr zu werden. Erst mit zusammengezogenen Kräften gelang es, die Gruppen jugendlicher Randalierer, die sich in Gruppen zu 30 bis 50 zusammengefunden und teils gegenseitig aufeinander losgegangen seien, zu zerstreuen.
Allerdings ist jugendlicher Übermut nur die eine Seite. Wie die Medien vermeldeten, kam es im Verlauf der Ausschreitungen auch zu sexuellen Übergrifflichkeiten. Die ARD-Nachrichten, die das Thema zunächst totschwiegen, äußern unter dem Aufmacher Der kurze Weg von Schorndorf nach Köln nunmehr ihre Besorgnis, dass die AfD die Übergriffe – in der Zahl wohl drei – für sich ausschlachten und instrumentalisieren könne. Wobei bereits das Stichwort »Köln« die nötige Einnordung vornimmt: Nicht die Tat ist schlimm sondern vielmehr ihre Ausschlachtung.
Die Frage jedoch bleibt: Wie sind die Ereignisse zu werten? Und wie ist die Medienberichterstattung zu interpretieren, die – von lokalen Ausnahmen abgesehen – erst mehr als 24 Stunden nach den Ereignissen einsetzte? Frage: Greift die aufsässige Stimmung, die sich auf dem Hamburger Gipfel Luft verschaffte, nun auch auf deutsche Kleinstädte über? Oder ist das Ganze als ganz normale Stadtfest-Rauferei zu werten? Linksliberale werden zudem zu überlegen haben, ob sich in Schorndorf vielleicht zwei Arten Aufstand Bahn brachen: sexuelle Übergriffe (ein Part, bei dem die eigene Schutzklientel im Visier steht und wo man wohl eher zum Kleinreden tendieren wird) und »normaler« Putz gegen die Staatsmacht, dessen jugendliche Träger das Terrain akzeptabler Kritik verlassen haben und die darum selbstverständlich zu verurteilen sind.
Ob die AfD hier ein Fädlein findet, mit dessen Hilfe sich der dümpelnde Wahlkampf auf Touren bringen lässt, wie es um jugendliche Frei- und Entfaltungsräume im Rems-Murr-Kreis tatsächlich bestellt ist: Abhängen werden die Antworten unter anderem von der Frage, ob man auch bei kleinteiligen Ereignissen wie hier bereit ist, unvoreingenommen und mit offenem Blick hinzusehen.
Kommentare 16
Genau, Schorndorf am Arsch der Welt. 23 Minuten mit der S-Bahn von dort und man ist in Ihrer Welt, aber anscheinend nicht in Stuttgart. Stuttgart ist übrigens die Stadt wo die Bürgersteige hochgeklappt werden und wo es kein Nachtleben gibt (da darben auch heute noch alle Schwabenkinder und haben nichts zu beißen am Speckgürtel). Ich muss das wissen, denn ich bin dort geboren - wohl dank den Bürgersteigklappern (den Gestrigen). Hamburg kenn ich zwar auch nur vom Hörensagen, aber dafür wohne ich dort seit Jahren, trotzdem habe noch nie, never ever, gewaltbereite Autonome gesehen. Deshalb war ich schwer schockiert und vollkommen überascht, als agents provocateurs (diese Pfeffersäcke unter falscher Flagge) meine Stadt in Schutt und Asche gelegt haben.
Verbrannte Erde - wo man auch hinsieht.
Beste Grüße - offenen Blickes!
In Stuttgart hat die Polizei vor knapp 7 Jahren auch mal eine Schlacht geübt. Nur fand sich damals niemand der Feuer machen wollte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dietrich_Wagner
Erzählen Sie das bitte mal Ihm.
Schwerverletzte kriegen sie immer hin, auch ohne Feuer.
Ich hatte vor knapp 50 Jahren mal Glück, höre auf dem linken Ohr ein bisserl weniger, aber nicht dramatisch.
Bei einem Bekannten der jetzt eine Glatze hat wurden die Narben auf dem Kopf sichtbar, auch Polizeiknüppel.
Stuttgart 21 war eine riesen Sauerei. Nur der G20-Krawall kam mit Ansage - von beiden Seiten! Ich stelle mich da auf keine Seite. Da bin ich mitte, auch wenn das des Teufels ist.
Ja, wenn der Jens Spahn auf Breitbart trifft und Polizisten an Seminaren für kreatives Schreiben teilnehmen (?), dann wird Schorndorf zu G20 oder gerne auch "Köln"und jede Wirtshausschlägerei zum Sprengstoffattentat.
https://www.welt.de/politik/article166782369/Deutschland-laeuft-Gefahr-gewaltaffiner-zu-werden.html
Komisch nur, dass es in Schorndorf gerade schwierig zu sein scheint, jemanden aufzutreiben, der etwas von den Ereignissen mitbekommen hat, die die Polizei im benachbarten Aalen offenbar nit Hilfe einer Kristallkugel beobachtet hat, made by AfD?
„Nach und nach äußern Offizelle in Schorndorf Widerspruch gegen diese Darstellung, die in den vergangenen Tagen so viele Medien auf die Stadt aufmerksam gemacht hat – auch Fernsehsender und über Deutschland hinaus. „Es gab keine verletzten Polizisten, wenig Verletzte unter den Beteiligten, keine schweren sexuellen Straftaten und keine hunderte randalierende Jugendliche“, stellt der Oberbürgermeister Matthias Klopfer klar. „Der klare Auslöser“ sei für ihn die Meldung des Polizeipräsidiums Aalen, abgeschickt am späten Sonntagnachmittag.“
Mal abgesehen davon, dass auch in Schorndorf jetzt etwas mehr Arabisch gesprochen werden dürfte als in den guten alten biodeutschen Zeiten, scheint beim Stadtfest the same procedure as every year stattgefunden zu haben:
„Hier wurde wieder einmal aufgebauscht, was in den letzten 20 Jahren keine Sau interessiert hat“, schreibt eine Frau in der Internetplattform Facebook. „Besoffen pöbelnde Jugendliche hat es auf der Schowo schon immer gegeben.“ Auch an die sexuellen Übergriffe erinnere sie sich aus ihrer Jugend – nur, dass solche Dinge jetzt anders gewichtet würden.“
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stadtfest-vorfaelle-in-schorndorf-schowo-randale-wird-in-frage-gestellt.7482000d-0f07-45fc-a82d-91eb83d53c49.html
Merke: Für seriöse Medien sollte auch unter dem Druck von Spahn, AfD und Pegida gelten, dass gründliche Recherche allemal besser ist als der schnelle Schuß.
So gut, oder so schlecht. Vielleicht hat dann auch obenstehender Spontan-Artikel ein klitzekleines bißchen dazu beigetragen, das Produzieren von »Fake News aus der Provinz« ins Blickfeld zumindest des kritischen Teils der Öffentlichkeit zu rücken.
Das aber auch nur, wenn man Seriousguys Kommentar dazu liest. An sich, sorry, können Sie ihren Artikel nicht mit dem Label “Helfer zur Aufklärung“ verkaufen.
Naja – verkaufen tu’ ich hier sicher schonma’ garnix ;-).
Noch ein O-Ton des Schorndorfer Bürgermeisters:
Stadtverwaltung und Polizei waren zu wenig sensibel. Wir hätten frühzeitig merken müssen, dass es Zeit ist, die Jugendlichen sehr freundlich auf das Alkoholverbot ab 22 Uhr hinzuweisen und darauf, dass sie etwas länger trinken dürfen, weil Stadtfest ist. Um 23 Uhr hätten wir das noch freundlicher formulieren müssen. Und um halb 12, als es die ersten Auseinandersetzungen gab, hätten wir sagen müssen: Jungs, jetzt ist Schluss mit lustig. Jetzt werden die Wodkaflaschen ausgeleert und ihr verlasst innerhalb der nächsten 60 Minuten das Festgelände. Das haben wir die letzten Jahre immer so gehalten. Dieses Jahr haben wir die Politik der langen Leine versucht – das hat sich nicht bewährt.
Genau, Schorndorf am Arsch der Welt.
Wenn ein Weltbürger spricht, dann genau so!
sollte auch unter dem Druck von Spahn, AfD und Pegida gelten, dass gründliche Recherche allemal besser ist als der schnelle Schuß. – Ja, aber immerhin hat es der Kollege gut gemeint: Er wollte doch nur die Linksliberalen mit ihren Macken (Willkommenskultur, Ablehnung von jugendlichem Putz gegen die Staatsmacht) konfrontieren.
Stimme Ihnen weitesgehend zu! Dennoch will ich die sexuellen Übergriffe nicht relativieren bzw. als unter Alkoholeinfluss begangene Straftat von Männern egal welcher Herkunft bagatellisieren. Ich beziehe mich auf das obige Zitat von Ihnen!
scheint beim Stadtfest the same procedure as every year stattgefunden zu haben
Ähnlich auch dieser Augenzeuge:
"Wenn ich in den vergangenen zwei Tage in die sozialen Medien und einige Zeitungen geschaut habe, habe ich meinen Heimatort Schorndorf nicht wiedererkannt:
Horden von Migranten sollen bei unserem Stadtfest gewütet haben. Ein marodierender Mob sei durch die Straßen gezogen. Die Polizei sei überfordert gewesen.
Alle, die jetzt von einem zweiten Köln oder Hamburg sprechen, muss ich aber enttäuschen: Diese Sicht auf die Ereignisse ist völliger Quatsch und maßlos übertrieben.
Fast alles wie immer
Wir haben uns am Samstag, wie jedes Jahr während des Stadtfestes "Schorndorfer Woche", im Schlosspark in Schorndorf verabredet. Wir standen zusammen, haben Musik gehört. Wie viele andere auch.
In den Jahren zuvor ist es immer so gewesen, dass der Park um halb zwölf von der Polizei so langsam geräumt wurde. In diesem Jahr nicht."
http://www.huffingtonpost.de/felix-schorndorf/ein-augenzeuge-aus-schorn_b_17516620.html
Jetzt hat der "Weltbürger" Erklärungsbedarf!
Ergänzung: Polizei korrigiert ihre Angaben zum Schorndorfer Volksfest
Man muß schon ein bißchen Verständnis haben: »100« und »1000« liegen so weit nicht auseinander (eigentlich nur: eine einzige klitzekleine Null). Außerdem spielen Fakten keine Rolle, wenn es um Deutschlands Zukunft geht. CDU-Spahn hat dies ja auch anlassbezogen auf den Punkt gebracht: »Schorndorf ist nur ein Sinnbild dafür, was jeden Tag an vielen Orten in Deutschland passiert.«
Fazit: Wir sind alle Schorndorf. Und mit Wahlkampf hat das alles nichts zu tun.