Mashup Vol. 5: Wader versus Scherben

Rockmusik Zwei musikalische Epigonen haben die linke Szenerie in Deutschland nachhaltig geprägt: Hannes Wader und die Rockband Ton Steine Scherben. Zwei Modelle mit Unterschieden.

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Ton Steine Scherben im Jahr 1980
Ton Steine Scherben im Jahr 1980

Foto: imago images/teamwork

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In Westdeutschland begann die Wiederauferstehung des politischen Lieds im Zug der 68er-Bewegung. Wichtige Meilensteine waren die Festivals auf der Burg Waldeck. Zeitlich erstreckten sich die in idyllischer Hunsrück-Höhenlage ausgerichteten Zusammenkünfte von 1964 bis 1969. An Künstler(innen) war alles vertreten, was im Genre des politischen Lieds Rang und Namen hatte – Degenhardt, Süverkrüpp, Hein & Oss Kröher sowie viele andere. Auf den Waldeck-Festivals reussierte auch der Nachwuchs – neben Reinhard Mey ein damals weitgehend unbekannter Act mit dem Namen Hannes Wader. Die Rockband Ton Steine Scherben formierte sich 1970 in den Altbau-Beständen und Fabriklofts des Westberliner Stadtteils Kreuzberg. Musikalisch konnte der Abstand zu den Aspriranten des kritischen Lieds kaum größer ausfallen. Lieder wie »Macht kaputt, was euch kaputt macht«, »Rauch-Haus-Song« und »Mensch Meier« waren konstituierend für das undogmatisch-linksradikale Milieu der Siebziger. In der Breite gesehen bot das rote Jahrzehnt (Gerd Koehnen) durchaus unterschiedlichen Ansätzen Platz. So versank auch die Liederfront der Jahrzehntwende keinesfalls in der Versenkung, eher im Gegenteil. Hannes Wader – ein Interpret, der sich besonders stark am US-amerikanischen Folk orientierte – schwenkte nach vier Alben ins Lager der DKP-Traditionalisten ab und kaprizierte sich auf Arbeiterlieder sowie sonstwie renitente Volkslied-Tradition. Die Scherben erfanden sich in der zweiten Hälfte der Siebziger ebenfalls neu, zogen aufs Land, gingen pleite und bildeten schließlich – in Form ihres Frontmans Rio Reiser – den Ausgangspunkt einer stärker auf den Mainstream ausgerichteten Zweit- respektive Dritt-Karriere.

Wader und die Scherben: In Einzelsongs lassen sich die beiden Paradebeispiele musikalisch widerständigen Schaffens kaum vergleichen. Welcher Song sollte es sein? Wader verfasste lyrische Stücke, die punktgenau den Zeitgeist der frühen Siebziger trafen. Beispiele: »Charley« (siehe Clip unten) oder, bis heute die Wader-Nummer schlechthin, »Heute hier, morgen dort«. Mit im Ouevre enthalten waren ziemlich wüste Titel wie der Ihr-könnt-mich-alle-mal-Talkingblues »Kokain« oder die surreale Geschichte vom »Tankerkönig« – eine launische Moritat über Erfolgserlebnisse und Beschränkungen individueller Verweigerung. Die »spontaneistischen« Ausrutscher der Anfangsjahre machte der Sänger später wieder gut. Allerdings waren auch die Arbeiter- und sonstigen Lieder seiner mittleren Phase (Beispiel: »Leben einzeln und frei«) von einer Ernsthaftigkeit und Tiefe geprägt, die dem Großteil der parteipolitisch fokussierten Agitprop-Barden abging. Bei den Scherben ist die Suche nach dem »Schlüsselsong« ebenso schwer. Die »unpolitischeren« Songs, wie sie ab Mitte der Siebziger entstanden (Beispiel: »Land in Sicht«), führten regelmäßig zu Auseinandersetzungen vor oder auch auf der Bühne. Mit einzubeziehen ist in beiden Fällen das »Spätwerk« – in Waders Fall persönlichere Lieder eines abgeklärten Immer-Noch-Linken sowie die Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker, im Fall der Scherben der Sonderfall Rio Reiser, die Rosenkriege um das Vermächtnis der Band und schließlich unterschiedliche Reunion-Versuche.

Last but not least: Ungeachtet von Früh-, Mittel- und Spätwerk zog sich eine wichtige Konstante durch die Vitas der beiden linksmusikalischen Parademodelle. Während Hannes Wader vor allem den traditionalistisch ausgerichteten Teil der deutschen Linken bediente, taten dies die Scherben ebenso für den undogmatischen, alternativgrünen und autonom-anarchistischen Teil. Ein Unterschied, den man einerseits zwar nicht unter den Tisch kehren sollte. Andererseits ist die unterschiedliche Zielpublikum-Bedienung ein Fact, der von beiden Epigonen so nicht beabsichtigt war. Rio Reiser etwa trat Anfang der Neunziger mit einer Entschiedenheit (und auch einer gehörigen Portion Trotz) für die PDS ein, die dem (seinerzeitig eher selbstkritisch gestimmten) Wader abging. Was blieb – und was auch trennte – waren die beiden unterschiedlichen musikalischen Grundmodelle: hier Folk plus das Liedgut der unteren Schichten, da im Kern Rock der hartgebürsteten Stones-Richtung. Sind Wader und die Scherben die deutschen Äquivalente zu Dylan und den Stones? Sicher: Bescheidenheit ist – von Perioden politischer Tobsuchtsanfälle einmal abgesehen – eine deutsche Zier. Im konkreten Fall hat der Vergleich jedoch zumindest einiges für sich.

Hannes Wader

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Auf Hannes Wader traf ich im Rahmen meines persönlich gelebten Low-Cost-Modells: Weil ich mir als junger Fachoberschule-Eleven die vielen Platten nicht leisten konnte, hörte ich mir die neuen Songmacher in First-Class-Umgebung »probehalber« an: in den mit bester Stereotechnik ausgestatteten Anhör-Kabinen, welche die Klassik-, Jazz- und Folkabteilung des ersten Plattendealers am Ort zur Verfügung stellte. Meine beiden ersten Konzerte teilte ich gerecht auf zwischen Progressive Rock der britischen Richtung (Traffic) und kritisch gebürstetes Folk-Songgut (Wader) – wobei ich, die Kifferschwaden auf einem der beiden Events mögen der Grund sein, die Reihenfolge der beiden verdrängt habe. Selbstredend gehörten »Ich hatte mir noch soviel vorgenommen«, »7 Lieder« und »Der Rattenfänger« zum eifrig gepflegten (und gehörten) Teil meiner anwachsenden Plattensammlung. Songs wie »Unterwegs nach Süden«, »Schon so lang« und – etwas darauf – die Moritat vom »Rattenfänger« trafen punktgenau das Lebensgefühl derjenigen, die zwischen diffusen Aussteigerträumen und Gesellschaftskritik hin und her changierten.

Ein Wader-Fan blieb ich auch später – als sich sowohl die linkspolitischen als auch die musikalischen Koordinaten deutlich änderten. Dass einer wie Wader schließlich bei der DKP landete, fand ich zumindest subjektiv verständlich. Der Sänger selbst war kurzzeitig ins Zielvisier der Terroristenjäger geraten. Airplay-Boykotte und andere staatliche Versuche, die Ausbreitung dieser Art Musik zumindest in der Breite zu verhindern, machten es auch ökonomisch naheliegend, auf alternative Vertriebswege zu setzen. Die westdeutschen Kommunisten hatten solche nicht nur in petto. Das »pläne«-Label bot auch politisch weniger festgelegten Musik-Konsument(inn)en ein breites – und durchaus attraktives – Spektrum möglicher Alternativangebote: die Musette-Künstlerin Lydie Auvray etwa, die chilenische Folkband Inti Illimani, Eddy & Finbar Furey oder die kanadische Diskofunk-Formation Parachute Club.

Der in Talkshows parlierende, Preis-geehrte, mit Konstantin Wecker (und Reinhard Mey) tourende und zwischenzeitlich mit einer Autobiografie aufwartende Hannes Wader ist im Grunde ein Phänomen des neuen Jahrtausends. Konkret: jener Großkoordinaten-Neuzusamnensetzung, die sich mit dem Implodieren der Sowjetunion und dem weltweiten Siegeszug des Neoliberalismus ergab. Spröde und ein bißchen unnahbar war der Sänger schon immer; selbst wenn er mit Wecker, einer ausgemachten Rampensau, Konzerte gibt oder zusammen mit den Toten Hosen eine Punkversion von »Heute hier, morgen dort« intoniert, merkt man die inneren Kämpfe, die ständige Reflexion und auch die Ernsthaftigkeit hinter all dem Schaffen. Mangelnder Humor ist dabei nicht das Ding – im Gegenteil. Eher ist es der biografische Ballast, der Freitag-Autor Christian Baron zu einer in Buchdeckel gefassten Gesamtbetrachtung veranlasste: die Herkunft aus der Arbeiterklasse und der damit verbundene Abstand zu den Riten und Gepflogenheiten »der da oben«. Zumindest das »antiimperialistische« Milieu hat ihm bis heute die Treue gehalten. Seit dem Ableben von Franz Josef Degenhardt gilt Hannes Wader – mehr vielleicht noch als sein Bühnenkollege und Compagnero Konstantin Wecker – als der linke Chronist im Land. Mitsamt allen Wirrungen, aller Selbstkritik auch und allen Punkten, die man als bewusster Mensch einfach nicht zurücknehmen, nicht glätten, nicht aufgeben kann. Machen wir einen Schlenker und schauen uns an, wie es auf der Rockmusik-Seite aussieht.

Ton Steine Scherben

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Umstritten war auch die Kreuzberger Hinterhofband Ton Steine Scherben von Anbeginn an. Polizei-Razzien sowie Boykotte des Musik-Mainstreams trafen die Berliner Deutschrocker nicht minder stark als manche Sangeskollegen von der Burg Waldeck. Deutlich andere Akzente setzten Rio Reiser (Gesang), R.P.S. Lanrue (Gitarre), Kai Sichtermann (Bass); Nickel Pallat (Gesang, Management), Funky K. Götzner (Schlagzeug) und der zeitweilig zwei bis drei Dutzend sonstige Personen umfassende Rest der Scherben-Family indess in gleich drei Punkten: a) was die musikalische und textliche Ansage anbelangte, b) der Einheit von »message« und sonstiger Öffentlichkeitsdarstellung, c) in Sachen Vertrieb. Den Vertrieb nahmen die Scherben von Beginn an in eigene Hände. Desgleichen Tour-Organisationen und Ähnliches – wobei die linke Szene über lange Strecken der Siebziger der Haupt-Bezugspunkt war. Dem Mainstream begegnete man vorzugsweise mit Kompromisslosigkeit. Zumindest in den Anfangsjahren konnte diese Haltung durchaus recht plastische Formen annehmen. Ein bis heute unvergessenes Highlight gelebter Siebzigerjahre-Renitenz: die TV-Diskussionsrunde, in der Scherben-Manager Pallat das Studio-Equipment mit einer Axt kaputtschlug.

Reichte das, konnte die Art Haltung über die Jahre tragen? Selbst den Scherben wurde es mit der Zeit zu viel. Mitte der Siebziger zog die – personell eng mit den Besetzer(inne)n des Kreuzberger Rauch-Haus verbandelte – Formation aufs Land. Die Songs der späteren Jahre – Beispiele: »Heut nacht« etwa, oder – noch später – »Jenseits von Eden« waren persönlicher, teils visionärer, teils jedoch auch resignativer. Die Politik der ersten Person stieß zunehmend an ihre objektiven Grenzen. Hinzu kam Dauerstress mit linken Veranstaltern – Ansprüche, denen die Band dauerhaft nicht gerecht werden wollte. Nicht nur ökonomisch – auch psychisch war die täglich gelebte Anspruchs-Melange dauerhaft nicht durchzuhalten. Die Gruppe richtete sich einen Bauernhof in Fresenhagen, Nordfriesland, ein. Kooperationstechnisch setzte sie auf verstärkte Zusammenarbeit mit den drei Krautrock-Formationen Missus Beastly, Embryo und Sparifankal – ebenso wie die Scherben ein integraler Bestandteil der entstehenden Alternativbewegung. Typisches Songbeispiel dieser Periode: »Der Turm stürzt ein« (siehe Clip oben) – ein Hillbilly-Rock’n’Roll, welcher die Hoffnungen und Befürchtungen des damaligen Publikums wie im Brennglas bündelte.

Die Antwort auf die Frage, ob das trug, haben die Zeitläufte gegeben: Nein. Der heutigen Grünen-Spitzenpolitikerin Claudia Roth dürfte die finanziell desolate Situation der Band eher wenig anzulasten sein. Roth hatte Anfang der Achtziger das Management der Gruppe übernommen und lebte – ihrer eigenen Autobiografie zufolge – auch ein paar Jahre mit dieser zusammen. Der Entschluss, aus dem Szene-Ghetto auszubrechen und aus den Scherben der Scherben irgendwas Neues zusammenzukitten hätte jedoch so oder so angestanden. Was folgte, war die Solokarriere von Ex-Scherben-Sänger Rio Reiser. Reiser spulte sich erfolgreich ein in den linken Mainstream, absolvierte weiter die obligatorischen Soli-Auftritte und werkelte – mit unterschiedlichen Ergebnissen – an seiner neuen Rolle als Popsänger. Die Song-Ergebnisse waren durchwachsen. Teils stand das Reiser-Oeuvre erkennbar in der Tradition seiner alten Band (Beispiel: »Menschenfresser«), teils lieferte er rockigere Varianten von später Neuer Deutsche Welle (»König von Deutschland«). Linker Populist blieb er bei allem stets – ob beim Engagement für die sich neu formierende PDS oder anlässlich von Schlager-Abwegen zusammen mit der Kollegin Marianne Rosenberg. Lapidar könnte man es auf folgenden Punkt bringen: Ebenso wie ihr Publikum waren auch die Ex-Scherben-Mitglieder älter geworden.

Das Erbe

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Das spektakuläre Ende der Scherben-Epoche kam mit dem Tod von Rio Reiser am 20. August 1996. Alkohol, angegriffene Gesundheit, Näheres-weiß-man-nicht: Als einer der wenigen deutschen Künstler starb auch Reiser am Ende den klassischen Rock’n’Roll-Tod. Um Hannes Wader war es in den Neunziger Jahren ruhiger geworden. Künsterisch fallen in die Periode eine Reihe unterschiedlicher Alben – teils mit neuen Songs, teils anspruchsvolle Vertonungen auf der Volks- und Kunstlied-Schiene. Als eine Art künstlerischer Neuerfindung erwies sich die Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker. Die Kurzversion im Zeitraffer: Teils solo, teils im Gespann mit den Sangeskollegen Wecker und Reinhardt Mey gelang Wader eine Art Comeback – wobei sich, in etwa zeitgleich mit den Verwerfungen im neoliberalen Bankensystem infolge der Krise 2008–2012, auch die obligatorischen Ehrungen und Referenzen einstellen. Man könnte sich im Anblick der späten Wader-Karriere in Details verlieren – etwa, wer wen beim gemeinsamen Auftritt mit den Toten Hosen an die Wand spielt. Was bleibt, sind jedoch zwei Parts: ein Set zeitbeständiger Klassiker (darunter nicht zuletzt die zeitaktualisierte Neuversion des Bürgerrevolutionsklassikers »Trotz alledem«) und eine Reihe neuer Songs, die persönliche Reflexion auf typischem Wader-Niveau abliefern.

Die Erbschaftsfrage steht trotzdem im Raum. Hannes Wader wird in zwei Jahren Achtzig. Die Frage, wer die wahren Erben der Scherben sind, ist in der einschlägigen Szene ein stetig wiederkehrendes Thema. Bei Hannes Wader wird man aufpassen müssen, dass böse, widerborstige Songs wie etwa »Charley« nicht in den Hintergrund treten zugunsten einem weichgezeichneten Bild des Sängers. Ansonsten: Reminiszenzen gab es – solche in Albumform inklusive. Auch wenn viele dieser Reminiszenzen eher bemüht und/oder artifiziell klingen als authentisch: Als Inspiration für die neue deutsche Singer-Songwriter-Szene sollte man die Vorbildfigur Wader nicht unterschätzen. Weniger vielleicht als Song-Modell (in der Hinsicht läuft Wader vielleicht zu eng in der Spur des klassischen angloamerikanischen Folks) denn als Haltung, in Bezug auf die Art und Weise, die Dinge zu betrachten und auf den Punkt zu bringen. Wie auch immer: Wer die spezielle Art Weltbetrachtung schätzt, wird sicher auch mit Songs des Hamburger-Schule-Countryablegers Tilman Rossmy sowie denen des Neo-Barden Gisbert zu Knyphausen was anfangen können.

Die Scherben haben ihre eigenen Rosenkriege ausgefochten – unter anderem auch um das zwischenzeitlich verkaufte Rio-Reiser-Haus in Fresenhagen. Seit x-Jahren bereits kämpfen zwei Interpretationsversionen der Vergangenheit um Deutungshohheit: die von Rio Reisers Familie und diejenige ehemaliger Bandmitglieder. Buchtechnisch sind die jeweiligen Sichtweisen üppig dokumentiert (sachdienliche Hinweise: hier, hier und hier). Bedeutend(er)e Reunion-Versuchen hat es ebenfalls gegeben: erstens die Band Neues Glas aus alten Scherben (teils andere Leute, klingt allerdings sehr authentisch), zweitens ein »offizieller« Reunion-Versuch mit neuem Sänger zu Anfang des Jahrzehnts. In Sachen »Welche Künstler(innen) halten die Fahne weiter hoch?« gab es einen Dokumentarfilm; abschließend vermerkt sei an der Stelle vielleicht noch die Zusammenarbeit von Kai Sichtermann und »Funky« Götzner mit dem Nürnberger Liedermacher Gymmick.

Fazit: Beide Modelle sind zweifelsohne in die Jahre gekommen. Hannes Wader ist – zusammen mit seinem Compagnero Konstantin Wecker – das überragende Sinnstiftungsmodell für ein eher altlinks sich orientierendes Publikum. Die Scherben sind mit ihrem politischen Pendant, der Partei »Die Grünen« gealtert – wobei der Renitenzfaktor, den Scherben zu Ehren sei es erwähnt, bei der Rockband um einiges höher ausfällt als bei ihrer ehemaligen Managerin und ihren Mitstreiter(innen). Die Frage, wie es weitergeht, ist an der Stelle vielleicht weniger von Belang (irgendwie weiter geht es schließlich immer). Ein abschließender Spot sollte allerdings einigen Acts gelten, die bereits in den Achzigern die Grenzen zwischen den beiden beschriebenen »Scenes« überschritten – beispielsweise der Aktivist und 2015 verstorbene Liedermacher Walter Mossmann, der aus der Münchener Anarcho-Szene kommende Straßenmusiker Tommi oder, unkaputtbar bis heute, Klaus der Geiger. Die Frage, welche Rockband die message der Scherben am besten auf den Punkt bringt, ist schwerer zu beantworten. Ich persönlich favorisiere da die Hamburger Politpunk-Combo Slime (siehe Clip oben) – eine eigene Entität, die an der Stelle lediglich in die adäquate Tradition gestellt werden soll. Auch in tagesaktuellen Auseinandersetzungen ist das Scherben-Repertoire nach wie vor unabkömmlich. Beispiel: diese »Rauch-Haus-Song«-Neuvertonung anlässlich der aktuellen Mieter-Proteste in Berlin.

Fragen nach dem Erbe sind insgesamt blöd – ebenso wie vermutlich Vergleichziehungen in Richtung Dylan und die Stones. Fact ist, so simply: Musik dieser Art wird es so lange weitergeben, wie die politischen Verhältnisse es erforderlich machen.

Mashups (siehe Wikipedia) sind Samplings, bei denen zwei oder mehr Musikstücke zu einem zusammengesamplet werden. Die »Mashup«-Textreihe kapriziert sich auf Schlüsselsongs – wobei in jeder Folge zwei vergleichbare Popmusik-Stücke im Mittelpunkt stehen. Die Folgen:

Mashup Vol. 1: Hardrock versus Country

Mashup Vol. 2: Stones versus Dylan

Mashup Vol. 3: Feuerzeugballaden

Mashup Vol. 4: Funk versus Soul

Mashup Vol. 5: Wader versus Scherben

Mashup Vol. 6: Clash versus Cure (folgt)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Richard Zietz

Linksorientierter Schreiber mit Faible für Popkultur. Grundhaltung: Das Soziale ist das große Thema unserer Zeit.

Richard Zietz

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