Politiker, vor denen wir uns fürchten müssen

Politikerranking Welcher Politiker, welche Politikerin hat derzeit das meiste Zeug zu »Gruselkabinett«? Wer ist verhasst, wer polarisiert mehr als andere? Sechs Kandidaten zur Auswahl.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Sicher – »Gruselkabinett« ist eine stark subjektive Wertung. Zum einen orientieren sich einschlägige Einordnungen stets an den eigenen persönlich-politischen Präferenzen. Im Klartext: Wo der eine PUTIN !! TSIPRAS !! WAGENKNECHT !! schreit, skandieren die anderen ihr MERKEL !! SCHÄUBLE !! GABRIEL !! Wieder andere hingegen sind der Meinung, dass diese ganze Personalisierei ersatzlos abgeschafft gehört (wie beispielsweise auch dieser dFC-Blogger). Alternative: der intellektuell distinguierte, abstrakte, konstruktive Dialog. Ob Eichmann, Hitler oder das Polit-Personal der aktuellen Epoche: Nicht mehr die Charaktermaske trägt Schuld, sondern nur noch »das System«. Mantra der neuen, aufgeklärten Epoche: Jeder ist austauschbar. Kein Grund, konkrete Personen mit Spott, Wut oder Häme zu überziehen. Regel eins also: Benimm dich!

Sind Feindbilder »out«? Sicher: Die Lösung »Alle halten sich an den Händen, bis der Morgen graut und diskutieren die Chose vernünftig aus« wäre ideal. Jedenfalls in der idealen aller Welten. Da auf die Menschheit, bis es so weit ist, voraussichtlich noch einiges zukommt, hier eine (subjektive) Auflistung der schlimmsten System-Charaktermasken und Polit-Psychopathen, die der Planet derzeit in petto hat.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ee/Donald_Trump_by_Gage_Skidmore.jpgDonald Trump. Das Mutterland der Demokratie switcht in die gelenkte Berlusconikratie über. Spätestens im November. Vor dem schmetternden Gleichschritt der Tea-Party-Kolonnen steht lediglich die Old Lady eines nicht gänzlich unliberalen Ex-Präsidenten (und selbst die weist bei genauerer Betrachtung nur einen Vorteil auf: dass sie nicht im erstbesten Wutanfall den Planet atomar zerstäubt). Ex-Louisiana-Gouverneur Huey Long galt als Mussolini-Verschnitt. In Wirklichkeit speiste er jedoch die Armen und wurde vom FBI darum abserviert. Trump hingegen hat mit der Liga des legendären Kingfish definitiv nichts zu tun. Zu erwarten ist von seiner Präsidentschaft lediglich eins: keine Armenspeisung – dafür aber die demokratierückstandslose Oligarchisierung der United States. Sowie, als Nachtisch oder Vorspeise: drei bis vier zusätzliche Kriege respektive den Dritten Weltkrieg. Politischer Hassfaktor: Es lohnt sich eventuell, darüber nachzudenken.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b9/Angela_Merkel_%28August_2012%29_cropped.jpgAngela Merkel. Mutter Theresa oder Hexe, die ihre Feinde verzaubert? Selbst im Freitag gehen die Meinungen hierzu auseinander. Die Kanzlerin schwebt als Buddha-Statue über dem politischen Geschehen. Unten mag es qualmen – wobei ein Drittel des Landes Griechen basht, ein weiteres Flüchtlinge jagt und das letzte Drittel beides zusammen tut: Die Kanzlerin bleibt staatsmännisch ruhig. Wobei sie es nicht unterlässt, den ihren an der richtigen Stelle den Rücken zu stärken. Ansonsten streichelt die Kanzlerin gern Köpfe (natürlich medienwirksam). Ein Faktor, der den Deutschen traditionell als Beweis für das Vorhandensein von Gemüt gilt. Das Wichtigste allerdings: Nur mit Merkel ist die gesellschaftspolitische Sedierung, die mit der von ihr geleiteten Austerisierung einhergeht, praktisch umsetzbar. Es lebe das (oder: der) Biedermeier! MERKEL FOREVER !! Politischer Hassfaktor: jedem politisch denkenden Menschen in freier Dosierung anheimgestellt.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/66/Wolfgang_Schäuble_par_Claude_Truong-Ngoc_juin_2013.jpgWolfang Schäuble. Der Schatzmeister des Imperiums, die Eiserne Bank. Die deutsche Version des Game-of-Thrones-König Stannis Baratheon – von Heinrich Brünings Geist gebeamt in die aktuelle Realität. Mr. Stahlhart. Stampfte die Griechen in Grund und Boden. Erreichte, dass man vor deutscher Effizienz wieder zittert. Fleischgewordenes Symbol der Austeritätspolitik; darüber hinaus sämtlicher deutscher Sekundärtugenden, die einem so in den Sinn kommen. Motto: Auch wenn es hinten und vorne kracht: Was er für richtig hält, exzerziert der Deutsche gnadenlos durch. Hinterher darf er sich an Richard Wagner delektieren (der – hier kommt der im Nationalcharakter offensichtlich eingebaute Irrsinn erst richtig zu Geltung – das Ganze ursprünglich als Kritik an den deutschen Zuständen gemeint hatte): Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selber willen zu tun. Politischer Hassfaktor: Das Wasser des Rheins reicht gegenwärtig nicht aus, diese Glut zu löschen.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/81/Jens_Stoltenberg.jpgJens Stoltenberg. Für 08/15-Politikconsumer ist der NATO-Generalsekretär ein unbeschriebenes Blatt. Verglichen mit seinem Vorgänger Rasmussen mag der Sozialdemokrat aus dem Norden moderat rüberkommen (der berühmte Aufatem-Faktor, siehe Donald Trump). Das heißt allerdings nicht, dass man ihn nicht fürchten sollte. Im Gegenteil. Ob Ukraine oder die aktuell laufende Umfunktionierung des Anti-IS-Kriegs in einen Krieg gegen die Kurden: ein NATO-Generalsekretär sollte bei aufgeklärten, friedliebenden Leuten immer auf der Hassliste weit oben stehen. Auch in dem Fall, wenn gerade nicht ein Hardliner mit Schaum vor dem Mund dem Bündnis vorsteht. Und – kein Grund zur Beruhigung: das Etikett »Charaktermaske« ausnahmsweise mal einen Sinn ergibt.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Sigmar_Gabriel_%282013%29.jpgSigmar Gabriel. Das fleischgewordene Gesicht der deutschen Sozialdemokratie. Hass ist in Anbetracht von Gabriel und seiner Partei, der Ess-Peh-Deh vielleicht nicht das richtige Wort. Würde man indess an die Verachtungs-Skala unten weitere zehn Stufen anbauen: Gabriel ratterte in Sekundenschnelle weitere zehn Minuspunkte durch. Nichtsdestotrotz ist das Gabriel-Gebashe ungerecht. Denn, seien wir ehrlich: Hat diese Partei seit Oskar Lafontaine überhaupt jemanden hervorgebracht, der nicht als Wiedergänger von Noske und Ebert betrachtet werden kann? Darüber hinaus: Selbst der Hass-Thron ist bei der SPD ein notorisch unsicherer Thron. Neuester Aspirant: der biedere schleswig-hosteinische Parteibeamte Thorsten Albig. Vorschlag: Keine eigene Kanzlerkandidatur, lieber Mutti und brav bei 15 Prozent plus bleiben. Tschä, der Sozialdemokrat hat’s schwör.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/c/c7/WP_Kim_Jong-un_von_Thierry_Ehrmann.jpgKim Jong-un. Selbst unter strammen Linken gilt die Diktatur in Nordkorea als das Land hinter den sieben Bergen, als das letzte verbliebene Gott-steh-uns-bei der großen Weltpolitik. Neuester Clou des enthusiastischen nordkoreanischen Micky-Mouse-Fans: Liquidierung eines Generals wegen Einschlafen bei einer Rede des Großen Führers. Um das Ausmaß des Verbrechens zu unterstreichen, wurde die öffentliche Hinrichtung gleich mit einer Bazooka vollzogen. Warum ist der Mann auf dieser Liste? Zugegeben – der Eintrag »Kim Jong-un« ist billig. Wäre Recep Erdogan – um die Liga zu verdeutlichen, in die es in diesem Punkt geht – nicht geeigneter? Banzai-Großangriff auf die Opposition im Inland plus kriegerisches Herummarodieren im derzeitigen Großkrieg-Schwelfeuer Nummer eins? Das Ganze von der NATO abgesegnet (siehe Jens Stoltenberg)? Ja. Ebenso aufnehmen in die Liste müßte man dann allerdings den pakistanischen Premier, die komplette Feudal-Familienriege der Golf-Scheichtümer (inklusive Saudi-Arabien) und und und.

Und leider hat diese Liste nunmehr nur sechs Plätze.

Verwendetes Bildmaterial:

Donald Trump – Foto: Gage Skidmore. Quelle: Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“

Angela Merkel – Foto: César. Quelle: Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch)

Wolfgang Schäuble – Foto: Photo Claude TRUONG-NGOC. Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“

Jens Stoltenberg – Foto: Kjetil Ree. Quelle: Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“

Sigmar Gabriel – Foto: Moritz Kosinsky / Wikipedia. Quelle: Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“

Kim Jong-un – Foto: Thierry Ehrmann. Quelle: Wikimedia Commons. Lizenz: „Creative Commons Namensnennung“ in Version 2.0 (abgekürzt „CC-by 2.0“)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Richard Zietz

Linksorientierter Schreiber mit Faible für Popkultur. Grundhaltung: Das Soziale ist das große Thema unserer Zeit.

Richard Zietz

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden