24 Stunden Berlin

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Ich liebe Dokumentationen über den Alltag von Menschen, Alle Folgen von „Die Kinder von Golzow“ haben wir uns angesehen und auch die Langzeitgeschichten über einige Bewohner vom Berliner Bundesplatz.

Und heute nun läuft auf RBB und ARTE die umfangreich beworbene Dokumentation24 h Berlin, die das Leben von Menschen in dieser Stadt begleitet – Stunde um Stunde.

Schnell wechselt man von Ort zu Ort und von Mensch zu Mensch.

War man eben noch bei einem gutsituierten Hochzeitspaar, wo die Braut gerade für ihren Mann einen kleinen Tanz aufgeführt hat, geht’s weiter zum infarktverdächtigen Patienten in der Notaufnahme der Charite. Häppchen, Häppchen von Leben. Das verzweifelte Abendgebet eines Heroin-Junkies verfolgt die Kamera ebenso wie den stressigen Job des Fahrers eines Abschleppwagens. Deutlich wird, dass das Leben in dieser Stadt seinen "Preis" hat.


Eine junge Frau fährt mit dem Fahrrad von der Heinersdorfer Siedlung - uns gegenüber - über die Rieselfelder in Richtung Innenstadt zum Prenzlauer Berg und singt mit ihrer Freundin für die Kneipengänger vom Kollwitzplatz. Mit einer klasse Stimme übrigens. Ein Berliner, der aus Burkina Faso stammt, musiziert mit seinen Freunden.

Auch die „Großkopfigeren“ kommen vor, der Bildchef Diekmann fällt toughe Entscheidungen ,Klaus Wowereit begrüßt die erste Direktmaschine aus Peking.

And so on and so on.

Die Erzählweise ist so, wie das Leben inzwischen ist. Schnell, schnell und schnell wechselnd. Wie schreibt der Soziologe Richard Sennett in seinem Buch „Der flexible Mensch?“ Es gibt sie kaum noch, die durchgehenden Lebenserzählungen, es gibt patchwork, ständig wechselnde Lebenslagen, sich ändernde berufliche Möglichkeiten oder auch Risiken. Und genau so ist auch diese Doku.

Dass zu der Unruhe, die das Leben ohnehin kennzeichnet, auch noch zu viel eigene Unruhe produziert wird, störte uns. Auch die mit Jingles angekündigten Wechsel der Szenen erinnern an Werbesendungen, die Doku findet ihren Rhythmus nicht.

Gefilmtes Leben ist nie ganz echt, so sehr man sich auch bemühen mag. Man spürt den Leuten die Anspannung an. Selbstdarstellung überdeckt das wirkliche Selbst. Wer zeigt sich heute noch wie er ist. Einiges wirkt aber – gerade deswegen – ganz authentisch. Die Leute sind halt heute so.

Wenn man in Berlin lebt, die Plätze kennt, ist es zusätzlich reizvoll, sowohl auf sehr Vertrautes, als auch total Fremdes zu blicken. Die Stadt hat Raum für alle.


Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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