Alles ein Abwasch VIII

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Sind wir arm?

Die lange Nacht über die Armut auf www.dradio.de

habe ich mir in Ansätzen angehört. Drei Stunden Armutsschilderung, Definition, Wege aus...usw. Irgendwann bin ich drüber eingeschlafen, mit dem Knopf im Ohr. So etwas was hinterlässt Spuren und Fragen im Alltag am Trog – am Abwaschtrog, meine ich.

Sind wir eigentlich arm?, fragten wir uns.

Wir haben kein Haus, kein Auto, nicht mal ein Boot. Zu DDR-Zeiten hatten wir mal ein kleines Motorboot, aber das hat meinen Mann so genervt, mit dem ständig defekten Motor und dem Anreißen, da hat er’s preiswert weggegeben.

Bei uns kommt raus: Wenn wir ein bisschen aufpassen, können wir sogar was sparen – auf eine Reise, eine Anschaffung oder Unvorhergesehenes. Nach dem Mietspiegel droht uns in unserer Pankower Platte in den nächsten Jahren keine gravierende Erhöhung. Die blanke Tücke sind immer Zahnsanierungen, aber da haben wir uns ein bisschen versichert.

Also arm sind wir nicht, aber inzwischen weiß ich, dass es vierköpfige Familien gibt, die mit dem gleichen Geld auskommen müssen und – die sind dann wirklich arm.

Wir haben uns auch über diese merkwürdigen Streitereien um die Armutsdefinition unterhalten. Es ist perfide, Leuten, die sich als arm empfinden, weil sie Hartz IV bekommen oder aufstocken müssen, die Armut in den Ländern Afrikas vor die Augen zu stellen. Wer in diesem Lande unverschuldet bleibend ausgegrenzt wird, weil er oder sie keine Arbeit finden oder haben, die sie ernährt, dann sind die arm. Wenn man es anders handhaben oder definieren wollte, wäre das ein anderes Land. Ein noch gespalteneres als es schon ist. Es scheint Leute zu geben, die so etwas gern hätten.

Von einer Mitarbeiterin der berüchtigten ARGE habe ich kürzlich zufällig erfahren, dass kein Tag vergeht, an dem nicht ein Streifenwagen bei ihnen hinfahren muss und schlichten, weil sich wieder jemand aufgeregt, die Mitarbeiter bedroht hat oder sonst wie ausgerastet ist. Sie meint – abgesehen vom Armutsrisiko – ist dieses Hartz IV-Gesetz rein fachlich ein absolutes Armutszeugnis, aber davon sind die Medien ja voll.

Schürze ab, Handtuch über den Trockner, Ende für heute.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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