Alles ein Abwasch XIX –Internetregeln

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Heute habe ich meinem – mitabwaschenden Ehegatten – erklärt, wie es mit dem Benehmen im Internet so ist. Das interessiert ihn nicht sonderlich und deshalb hört er auch störungsfrei zu. Schon mal gut. So sollte es im Internet auch sein, dachte ich. Du erklärst der Netzwelt was und die sind alle still. Klasse. Ist aber nicht so.
Ich erklärte ihm die Regel, die besagt, dass man nichts posten sollte, das man dem Empfänger nicht auch direkt sagen würde.

Er aber widersprach wider mein Erwarten, das sei doch völliger Blödsinn, nicht ohne Grund würden die größten Anwürfe, Widersprüche und Missfallensbekundungen ja schriftlich abgegeben, auch im realen Leben. Mittels Beschwerdebriefen und schriftlichen Einsprüchen. Schriftlich dreht man – wenn mans kann – immer ein bisschen auf. Sonst hat ja die ganze Beschwerde keinen Sinn. Ich wandte ein, dass man das ja auch nur so lange treiben könnte, wie es nicht justiziabel ist. Und dann fiel mir ein, dass dies im Netz ja auch meist so ist. Man geht auch immer nur bis an diese Grenze, wo man sich noch keine Beleidigungsklage einhandelt. Also er hat Recht, finde ich.

Meine Gedanken – während ich so im Glas herumwischte - schweiften ab.
Es ist schon so, dass im realen Leben eine virtuell aufgebaute Abneigung zusammensinken kann wie der Schaum auf dem Latte Macchiato.
Ich hatte mal – vor vielen Jahren – eine Erzfeindin in einem anderen Forum. Meine Güte fand ich die heuchlerisch, verlogen. Ihre Texte kommentierte ich sehr hart. Dauernd lag ich mit ihr im Clinch. Sie bemühte sich um Ausgleich, aber das tat ich innerlich als heuchlerisch ab. Immerhin ich ließ nach mit meinen Attacken, denn ich wollte „innere Größe“ beweisen.
Es kam – wie es nicht immer kommen muss – das reale Leben griff ein. Einige Damen des Forums trafen sich zweimal in Frankfurt. Auch jene so schön von mir aufgebaute Widersacherin war dabei.
Und – was soll ich sagen. Sie war so ganz anders als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie war offenherzig und freundlich. Sie berichtete - zwar nicht gleich, aber doch recht bald - über die Probleme von Existenzgründern im damaligen Internet-Boom. Sie war – das bekam ich später mit – unglaublich tapfer und konnte kämpfen und auch einstecken. Im realen Leben besser als im Netz, wie mir schien.

Beim zweiten Treffen ergab es sich, dass wir uns ein Doppelzimmer mit Ehebett teilten. „Mann, Bess, sagte ich ihr, dass ich mit Dir mal in einem Bett lande.“
Sie drehte sich rum und tätschelte freundlich meine Schulter. So kann’s gehen. Gestern noch im Netz verfeindet, morgen in einem Bett. Immer dran denken rate ich allen. Ich selbst allerdings halte mich nicht (immer) dran.
Wo kämen wir denn da hin. Tsss.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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