"Alles wie aufs Tempelhofer Feld" - kleine Replik

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"Alles wie aufs Tempelhofer Feld. Und kein Vorhang und keine Schirme"

(Theodor Fontane: Mathilde Möring)

Mein obiges Zitat will belegen: Das war schon immer so aufs Tempelhofer Feld - kein Grund also, sich zu zu echauffieren, wenn ein alter Zustand wiederhergestellt ist. Obwohl: Das gibts ja nicht, dass "alte Zustände" sich wieder herstellen. Irgendwie ist die Natur nicht mehr die Gleiche wie vorher. Sie ist jetzt asphaltiert. So ist der Mensch, er macht immer alles dicht. (Mein Beitrag zur Naturdebatte)

Er ist weg der Flughafen, auch ein kürzlicher privater Putschversuch mittels Notlandung scheiterte.

www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/tempelhof-flugzeug-notgelandet-article897492.html

Vor vielen Jahren schon haben wir den Tempelhofer Flughafen "absolviert", mein Mann und ich. Haben uns die imposante Leere des Raumes zur Gemüte geführt und aufgepasst, dass wir nicht auch einen horrro vacui dort kriegen. Wo doch dort die Luft von Geschichte dröhnt und die Brücken zur Freiheit als Hungerharke in den Himmel ragen. Apropos Hunger: Immerhin gabs wenigstens Bockwurscht.

Einmal wäre ich fast da abgeflogen. Aber ein Computer Buchungsfehler hat uns dann doch wieder nach Tegel verfrachtet.

Um den Flughafen fand 2008 eine offene Feldschlacht statt. Das war ein Theater. Gefallen ist ein gewisser Herr Friedbert Pflüger von der CDU, aber durchaus weich irgendwohin. Joachim Gauck wäre auch ein guter Flughafenverteidiger gewesen. Dass sie den damals nicht eingesetzt haben - was für ein Versäumnis, wo es doch um die Freiheit ging. Der hätte den Flughafen zum endlosen Weiterbetrieb gebracht und alle Businessmen der Welt ob Russenoligarch oder US-Tycoon hätten ihm zu Füßen gelegen - zeitweise. Er wäre der Flugkapitän der Herzen geworden. Und das mit den "sieben Brücken" hätte er in Luftbrücke abwandeln können.

www.n-tv.de/politik/Gauck-singt-mit-Maffay-article978836.html

Am eindringlichsten fand ich, dass im Zuge dieser Schließkrämpfe um den Flughafen ältere Damen-West ordnungsgemäß bitterlich weinten. Die hatten gar nicht geschnallt, dass der Flughafen vorher schonmal jahrelang außer Betrieb war.

Und jetzt nutzt der Berliner alternative Mittelstandsbürger die neuen Freiräume und inszeniert sich als "Volk". Freiheitsrausch auf dem Rollfeld. Und immer die Radfahrer. Furchtbar.

Als Wahlberlinerin muss ich da auch noch eine Hymne anhängen:

Einen abgewandelten Brecht-Refrain

(Ballade von den Seeräubern)

Oh Himmel strahlender Azur
Enormer Wind die Fahnen wellt
Und denk ich an die Freiheit pur
Denk ich ans Tempelhofer Feld.


Ha, damit genug gek(r)ämpft.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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