Beckmann vom Besten

Talkshow Lange nicht so eine qualifizierte und unterhaltsame Sendung gesehen wie die gestrige späte Beckmann-Sendung. Die Teilnehmer versöhnten mit der Langweile des Wahlkampfes

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Beckmann vom Besten

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Gestern diskutierten die sachkundige, ironische Juristin und Schriftstellerin Juli Zeh, die Korrespondentin aus den USA, Melinda Crane, die den Überblick hat und behält, der Schauspieler Ulrich Matthes, schon immer SPD-Sympathisant, die Journalistin Ursula Weidenfeld sowie der Merkel Biograph und SZ-Journalist Stefan Kornelius über ihre Sicht auf die Wahlen und den Wahlkampf.

Juli Zeh meinte, der Vorwurf, dass der Wahlkampf langweilig sei, hätte aus ihrer Sicht zuviel von einer Konsumentenhaltung.

Melinda Crane fand es eher beneidenswert, dass der Wahlkampf "langweilig" ist und die Parteien miteinander Koalitionen bilden können, etwas was in den USA undenkbar scheint. Eigentlich sei die zunehmende Personifizierung von Politik - die in den USA oft kritisiert wird - hierzulande viel kritikwürdiger. Und Merkel werde - erstaunlicherweise - sowohl von britischen Blättern der Konservativen, als auch vom "Guardian" zumindest favorisiert. Das kann man deuten wie man will: Als Beliebigkeit oder Klugheit.

Einig waren sich alle Teilnehmer,dass die FDP am Boden der Bedeutungslosigkeit angekommen ist, aber sicherlich wieder im Parlament vertreten sein wird.

Dass sowohl Europa, als auch die NSA-Enthüllungen kaum eine Rolle im Wahlkampf spielten, hängt mit der Komplexität der Probleme zusammen. Niemand wollte dieses schwierige Thema in der Wahl aufgreifen, alle erwarteten aber nach den Wahlen neue Initiativen.

Merkel besinnt sich

geschickt aufs Nationale

Als Stefan Kornelius die Strategie Merkels zu Europa erläuterte, fiel mir auf, dass die Kanzlerin da schon ein bisschen bei der Alternative für Deutschland (AfD) geklaut hatte. Sie werde wahrscheinlich dafür plädieren, weniger Macht nach Brüssel abzugeben, sondern die nationalen Institutionen zwar zu stärken, aber zu "nivellieren", abzugleichen, gemeinsame Leitplanken für deren Agieren - auch was das Soziale betrifft - zu implantieren. Mir gefiel der Gedanke gut. Am Horizont sieht Kornelius dabei auch die Notwendigkeit, neue Gesetze und Regeln zu installieren. Bis zur Verfassungsänderung geht da seine Vorstellung sogar bis zur Volksabstimmung über unser Grundgesetz.

Wahlenthaltung

versnobter "Großdenker"

Juli Zeh, die gerade in diesen Tagen zusammen mit anderen Künstlern eine Petition gegen die NSA-Überwachung an die Kanzlerin übergeben hat, erklärte bei der Gelegenheit, dass Künstler z. B. sich im Moment ungern politisch engagieren. Politisches Engagement gelte als "peinlich" so wie die Teilnahme an Wahlen auch einigen "Großdenkern" nicht stilvoll erscheint, wie sich an den Äußerungen Sloterdijks, Welzers und Prechts ja festmachen ließ. Hier hat sich ein Freitag-Blogger schon mal dazu geäußert.

https://www.freitag.de/autoren/stefanhetzel/beavis-und-butt-head-vor-der-urne

Was an Merkel fehle sei vielleicht die Fähigkeit zu einer pathetischen Rede, die den europäischen Gedanken nicht nur am Euro festmache, sondern mitreißend auf die Ideale und auch - bitteschon - an "Visionäres" appelliere. Ein Europa des Friedens z. B. - da waren sich alle einig. Aber auch darin einig, dass sie eine solche Rede nicht halten könne, das sei einfach nicht ihr Stil, den Ulrich Matthes "down to earth" nannte. Da hat sie ihre Grenzen. Das ist wahr.

Ein faires Fax

von Ulrich Matthes

Was Ulrich Matthes am Wahltage für ein Fax an Merkel schicke, mit der er schon mal eine Bulette zusammen gegessen hatte, enthüllte er heiter. Er werde ihr mitteilen, er habe sie wieder nicht gewählt, aber er schätze ihren unprätentiösen, uneitlen und pragmatischen Politikstil. Etwas, das ihm nach den präpotenten Typen wie Schröder und auch Kohl unendlich wohltuend erscheine und das auch die Politik nachhaltig präge. Eine stilvolle Abschlussäußerung nach einer lebhaften und höchst unterhaltsamen Debatte.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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