Fördert das Internet den politischen Dialog?
Das fragte heute im politischen Feuilleton von Deutschlandradio Kultur ein kreuzbraver Journalist. Natürlich hatte er abschreckende Beispiele parat, die wichtigtuerischen Einlassungen eines gewissen Friedbert Pflüger zum Beispiel. dem er ankreidet, dass er sich mit dem kumpelhaften „Du“ der Kreativen und Proleten an seine Leser wendet. Oder er belustigt sich über die Twitterbotschaften eines gewissen Thorsten Schäfer Gümbel: Aber, das kann man selbst nachlesen.
www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1016886/
Das Fazit von Uwe Bork ist, dass das Internet politische Kommunikation im Grunde nur inszeniert, persönliche Nähe, Dialoge vorgibt, die keine seien. Nur: Das weiß natürlich der halbwegs kundige User dieser Instrumente schon selbst.
Was aber Uwe Bork nicht zu wissen scheint oder zu wissen vorgibt, das sind die guten und nützlichen Vernetzungstendenzen, die mit dem Internet zu verzeichnen sind. Er sieht nur eine Art von Zweier-Modell: Hier der Politiker, da die Empfänger von dessen Botschaften. In Wahrheit aber ist diese Hierarchie gerade im Internet aufgebrochen, die Empfänger politischer Botschaften, die Wähler, politische Akteure vernetzen sich untereinander und darin liegt u.a. der Gewinn.
Diesen Gewinn aber scheinen manche Zeitgenossen als Gefahr zu sehen. So plädiert Uwe Bork für die gute alte Mitwirkung im realen Leben und natürlich für die Teilnahme an der Wahl. Ja sicher. Gut, gut. Aber, dass man seinen Abgeordneten hin und wieder mal mit bestimmten Fragen „löchern“ kann, ist nur mittels des Internets möglich. Und überhaupt: Dass Nachrichten sich so schnell verteilen und auch ohne definitionshoheitliche Gebrauchsanweisung auskommen, das scheint viele Internetkritiker zu irritieren. Vor allem, wenn sie im Kommentarwesen tätig sind.
Also statt gegen den Einsatz des Internets anhand von ungekonnten Beiträgen zu wettern, besser für den Erwerb von Medienkompetenz und politischem Wissen werben. Das ist immer gut, im Leben und im Internet.
Ach so und noch ein Link zu nützlicher politischer Betätigung im Internet:
Albrecht Müller von den "Nachdenkseiten" über Meinungsmache der offziellen Medien
Kommentare 7
liebe magda,
seit brechts kritik am zentral berieselnden radio ein dauerthema. das netz ist besser als sein ruf bei den zentralen.
wenn wir uns hier duzen, ist das nicht kumpelhaft, wie die zentralisten meinen, sondern altehrwürdige anrede, wogegen das "Sie" monokel und vatermörder trägt und ein kunstprodukt adeliger zentralisten war.
@Magda
"Aber, dass man seinen Abgeordneten hin und wieder mal mit bestimmten Fragen „löchern“ kann, ist nur mittels des Internets möglich ..."
Einspruch Euer Gnaden!
Ich habe das erfolgreich regelmäßig per Fax und Brief zustande gebracht (die wurden teilweise persönlich beantwortet und es handelte sich dabei keineswegs um "Einzelfälle").
Zustimmen möchte ich @h.yuren in seiner Aussage "wenn wir uns hier duzen, ist das nicht kumpelhaft, wie die zentralisten meinen, sondern altehrwürdige anrede, wogegen das "Sie" monokel und vatermörder trägt und ein kunstprodukt adeliger zentralisten war."
Als "gelerntem" Rheinländer, der ständig zum "Du" neigt, kenne ich den Vorwurf der "Distanzlosigkeit" (meist aus Berliner oder norddeutscher Richtung stammend) recht gut. Das sehe ich aber vollkommen anders - siehe @h.yuren -
Hallo, Brechts Kritik kannte ich gar nicht. Aber ich denke wie Du, dass das Netz besser ist als sein Ruf und auch das "Du" freundschaftlich gemeint sein kann. Mich hat die generelle Abwertung in dem Kommentar gestört.
"Einspruch Euer Gnaden!
Ich habe das erfolgreich regelmäßig per Fax und Brief zustande gebracht (die wurden teilweise persönlich beantwortet und es handelte sich dabei keineswegs um "Einzelfälle")."
Aber es gibt doch auch Menschen, die nicht so politikerfahren sind wie Du. Für die ist es eben leichter, per Internet zu intervenieren.
Und gerade bei Petitionen, bei denen man viele Stimmen aktivieren muss, ist doch das Internet sehr nützlich.
Vielleicht fallen Dir ja auch noch welche ein?
"Doch liegt das Gold an einer ganz anderen Stelle. Das Internet bietet die Möglichkeit sich mit "ganz normalen" Menschen über politische Themen und gesellschaftliche Probleme zu unterhalten, die man im normalen Leben vielleicht, oder sogar sehr wahrscheinlich, nie getroffen hätte."
Ich denke, dass ich das in dem Blogbeitrag auch schon angesprochen habe. Darin liegt in der Tat der größte Gewinn des Internets.
Kann dem nur zustimmen.
Hier in der Provinz gäb's für mich real nur den Stammtisch der LINKEN, aber virtuell eben euch. (Oder ist in dem Zusammenhang virtuell gar nicht das richtige Wort?)
LG
Titta
Du, verkörpert im internet auch die zusammengehörigkeit, über die sich eine community definiert. hauptsächlich aber, symbolisiert es den unkomplizierten zugriff auf die möglichkeiten.
diese ganzen diskussionen um die sinnhaftigkeit des internets bin ich aber leid. internet ist das, was wir daraus machen. es ist gut und schlecht, es ist gigantisch, genial und verblödet zugleich. doch jeder findet seinen platz darin...
... in der diskussion darüber, findet dann auch jeder genau die info, die seine meinung bestätigt. letzteres ist tatsächlich eine gefahr.. für jene, die bestätigung erlangen wollen.