Brutal normal? – Gewalt in den Medien

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Fachtagung des Deutschen Frauenrats

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Sehr nobler Ort, dieses „Haus der Verbände“ am Weidendamm 1A in Berlin. Auch der Deutsche Werberat hat dort sein Domizil. Und weil der Deutsche Frauenrat einen kritischen, aber guten Debattendraht zu diesem Gremium hat, fand in diesem schnieken Umfeld eine Fachtagung zum Thema: „Brutal normal? Gewaltverherrlichung und Frauenverachtung in den Medien“ statt.

Dass das Thema im Grunde recht hilflos macht, und zu einfachen Wahrheiten einlädt, unterstrich die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Marlies Brouwers, in ihrem Eröffnungsstatement

Ulrike Helwerth, Journalistin und Öffentlichkeitsarbeiterin des Deutschen Frauenrates stellte ihre eigene Beunruhigung über zunehmende Gewaltdarstellungen – zum Beispiel in Tatortfilmen, die als durchaus wertvoll und gesellschaftskritisch gewürdigt sind – in den Mittelpunkt und fragte, ob dies eine eigene gefühlte Empfindung ist oder ob sich diese praktisch belegen ließe. Es deckt sich mit meinen eigenen Empfindungen. Es ist viel Gewalt in der Welt und die Medienvertreter behaupten, sie spiegelten das nur wider. Von Wechselwirkungen war nicht die Rede.

Es ist ein komplexes Thema, wie man so schön neudeutsch sagt und nichts ist verhängnisvoller, als die Medien unter Generalverdacht zu stellen. Sie böten – im Schnellschluss – eine probate und plausible Erklärung für Gewalttaten. Und dies sei eine Einladung, die Medien – in seinem Falle die kommerzielle Werbung - zum Sündenbock zu machen, meinte der Sprecher des Deutschen Werberates, Volker Nickel. Er gab Einblicke in die Arbeit seines Gremiums, hantierte viel mit Zahlen und Beispielen einzelner vom Werberat gerügter Beiträge. Einige sind dabei, da erinnerte ich mich noch des eigenen Ärgers. Zum Beispiel die eines Medienhauses, wo eine Frau mit drei Brüsten gezeigt wird und der Werbespruch hieß dann: Es ist mehr drin oder so ähnlich.

Interessant, dass Nickel postulierte, Werbung setze keine Trends, sondern setze eigentlich nur um oder greife auf , was er das „Grundrauschen der Gesellschaft“ nennt: den Zeitgeist, die Sprache der Menschen, ihr Lebensgefühl. Vielleicht hat er ja Recht, denn seine Einlassung bezog sich nur auf die kommerzielle Werbung. Allerdings: Wenn ich an die Nordic Walking Idee denke, frage ich mich, welches gesellschaftliche „Grundrauschen“ zu dieser Fortbewegungsform veranlassen sollte.

Sehr oft, so meinte er, werde aber an Werbemedien eine allgemeine Empörung über die moralischen Verhältnisse im Lande, abgearbeitet, sie seien nur Sündenböcke. Kann sein, kann nicht sein. Er relativierte allerdings interessant die „Sex Sells“-Maxime. Ganz so einfach sei es heutzutage nicht mehr. Oft lenkten die spärlich bekleideten Models, wenn sie keine Verbindung zum Produkt herstellten, eher ab. Beklagt wurde von den dann diskutierenden Frauen, dass der Deutsche Werberat nicht geschlechterparitätisch besetzt ist. Aber - so Nickel – man hole sich ja immer Frauen dazu. Ein netter Mensch, der Herr Nickel, blieb mir in Erinnerung. Eine kritische Sicht auf Werbung überhaupt - außerhalb konkreter Fallentscheidungen - ist von ihm auch nicht zu erwarten. Leute, die an dem was sie tun zweifeln, sind zynisch, der hier war richtig nett.

Interessante und alarmierende neue Untersuchungen, die sich mit dem Gewaltkonsum junger Leute im Web beschäftigen, wurden von Dr. Stefanie Rhein, von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg vorgestellt. Aber ich muss sagen, ich wüsste gern, was sich daraus dann ableitet. Es gibt Gewaltkonsum im Netz – genau. Es gibt aber auch Gewaltausübung im Netz durch Mobbing, sexuelle Beschimpfung usw. Und es ist so, dass junge Leute dies nicht folgenlos konsumieren und erlebte Gewalt auch nicht so schnell verarbeiten. So ist es. Und nun?

Die Arbeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien www.bundespruefstelle.de/

stellte deren stellv. Vorsitzende Petra Meier vor. Sie stellte auch die – sattsam bekannten – Texte von Gangsta Rappern in den Mittelpunkt. Und ich muss feststellen: Diese Texte machen auch mich aggressiv, ich finde das immer wieder ungeheuerlich, was da an Texten abgesondert wird. Aber, ich kann es nicht ändern...und viele von diesen Raps werden ja auch im Fernsehen nicht gezeigt – aber im Internet.

Nimmt man die Forderungen zusammen, die sich aus den Diagnosen ergeben, so lautet die Devise: Medienkompetenz stärken. Vor allem auch die der Eltern. Das ist immer ganz und gar goldrichtig. Aber dann gibt es wieder keine Lehrkräfte an den Schulen usw. der ganze gesellschaftliche Singsang...fehlende Mittel usw. hebt an.

Dass die Medienfrauen einmal im Jahr einer Sendung, die besonders frauenfeindlich und frauenverachtend rumkommt, die „Saure Gurke“ verleihen, berichtete Brigitte Reimer vom Bayrischen Rundfunk. Die Reaktion der Ausgezeichneten hatte sie im Falle von Lafer, Lichter, Lecker auch gleich mitgebracht. Da wird wacker rumgehämt: Die Juryfrauen seien – wie auch anders- sicherlich nicht mehr die jüngsten und hätten wahrscheinlich keinen abgekriegt. Brigitte Reimer meinte, andere Preisträger seien da souveräner gewesen.

Medien sind tückisch. Auch die Technik ist tückisch. Allein die unterschiedlichen Formate der Mediaplayer machten zu Beginn Probleme. Ist es ein Zufall oder typisch, dass am Abend zuvor in einer Veranstaltung zu Frauen in der Forschung, die ich besuchte, die Referentin ihren Laptop nicht an den Beamer bekam. Es war ein Apple und sie hatte extra drauf hingewiesen, aber keine Frau hatte drauf reagiert. Frauen und Medien – auch das ein unfreundliches Verhältnis.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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