Das geteilte Glück

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Ein Film um vertauschte Kinder

Bevor gestern bei der ARD in „Hart aber fair“ die Debatten um Ägypten losgingen, gab es einen kleinen, aber feinen Kinofilm zu sehen. Darin wird die bekannte Frage, die viele Männer umtreibt - nämlich, bin ich wirklich der Vater meines Kindes – noch „eins weiter“ gedreht.

In „Das geteilte Glück“ sindzwei Elternpaare nicht die Eltern ihrer Kinder. Vertauscht hat man die beiden Jungs in der Klinik. Und so kommt ein „falsches“ Kind in eine Mittelschicht-Einfamilienhaus- Familie und das andere in ein Unterschicht-Plattenbau-Patchwork-Chaos. Durch einen Vergiftungsunfall kommt raus, dass die Blutgruppe des Gerüstbauer-Vaters nicht stimmt. Nun kommt eine Lawine in Gang. Bezichtigungen an die Mutter, deren zähe Forschung nach den Hintergründen, die Begegnung mit der Mittelstandsmama und deren Einverständnis zum Gen-Test.

Status- und Rechtsfetischismus

Die Weisheit des Beginns, nämlich nach der bitteren Erkenntnis alles so zu lassen, wie es ist, weicht Status-, Besitz- und Rechtsfetischismus. Die Kinder müssen zu den biologischen Eltern.

Aber dazwischen treffen Lebensstile aufeinander, scheinbar gut gemeinter Umgang mit den Unterprivilegierten und auch noch ein one-night-stand zwischen der armen Mutter und dem gut gestellten Vater ihres biologischen Kindes. Verwirrung, nicht immer sinnreich.

Trotzdem: der Regisseur Thomas Freundner wirft einen menschenfreundlichen Blick auf die „Unterprivis“. Die reflektieren wenig, sind spontan und erziehen mit „mal paar hinter die Löffel“, aber trotzdem viel Liebe zu allen drei Kindern. Der gehobene Mittelstand erklärt und erklärt nach dem Motto „Wir müssen reden“ und hält emotional zu vielAbstand zum Kind. Wo die arme Mutter einfach sagt: „Iss, oder es setzt was“, wird diskutiert und diskutiert.

Manchmal zu viel Klischee

Sehr gute Darsteller hauchen den etwas sehr ins Klischee entworfenen Charakteren – die Unterschichtler gucken dauernd Fernsehen, rauchen und saufen Bier, der Mittelstand poppt zu selten – Leben ein.

Mir hat am besten der Gerüstbauer „Grille“ gefallen. Rüdiger Klink zeigte, dass es auch eine krawallige Beseeltheit gibt. Andrea Schmidt-Schaller gibt der Mutter etwas von Brechts Kreidekreis-Grusche mit. Sie will das Beste für ihr Kind, übt temporär Verzicht, wo die Männer immer auf Recht und Ordnung pochen. Ulrike Grote als Mittelstandsmutter hat weniger Möglichkeiten für Facetten. Udo Wachveitl ist nuancierter, wird aber auch mit zum Teil unglaubwürdigen Handlungsvolten belastet. Die Kinder spielen beide hervorragend, aber sie müssen zu viel Vernunft, Verstand und Weisheit darstellen, als in dem Alter glaubhaft ist.

Die soziale Kluft in diesem Land ist groß und wird immer größer. Auch das ein wichtiges Thema in diesem Film. Und die Frage: Wie viel ist „vererbt“, wie viel ist Umwelteinfluss wird auch immer wieder angetippt.

Am Ende sitzen die beiden Jungs zusammen auf der Bank in Freiburg, wo der Film spielt, gratulieren sich zum Geburtstag und tauschen Neuigkeiten über ihre biologischen Familien aus. Sie sind Geschwister geworden. Versöhnend und „irgendwie“ tröstlich, das Ganze.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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