Debatten nicht nur nach Himmelsrichtung

Rechtsextremismus Dass Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Ostdeutschland weiter verbreitet sind als in Westdeutschland, wird immer wieder in Studien zum Thema dokumentiert

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Alle zwei Jahre z. B. schreibt die Uni Leipzig ihre "Mitte"-Studien fort, die es bereits seit 2002 gibt. Die jüngste: "Die stabilisierte Mitte Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2014 ist hier nachzulesen.

Autoren sind Elmar Brähler und Oliver Decker, die durch die seit Jahren weitergeführte Sächsische Längsschnittstudie bekannt sind. Beide Autoren haben auch an mehreren Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema mitgewirkt.

Dieser Tage machte eine Meldung die Runde, die konstatiert, dass fast die Hälfte aller rassistisch motivierten Straftaten in Deutschland 2014 in Ostdeutschland und Berlin verübt wurden. Wie nicht nur der Deutschlandfunk berichtete ergab dies die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Obfrau im Innenausschuss des Bundestags, Irene Mihalic.

Die Erklärungen und Interpretationen dazu sind vielfältig, verfehlen sehr oft die Problematik. Ganz obenan steht: „Verordneter Antifaschismus“ – eine Kränkung für alle in der DDR, die sich künstlerisch und oft auch durchaus im Streit mit den „Kulturoberen“ – mit dem Thema auseinander gesetzt haben.

Nicht nur mir ist in Erinnerung: Die Kinder und die jungen Leute in der DDR wuchsen auf mit einem breiten Angebot zum Thema. Verengt war es vor allem in den 50er und 60er Jahren durch eine zu einseitige Sicht allein auf den kommunistischen Widerstand, etwas, was meiner Mutter mit ihrem christlichen Hintergrund immer zu schaffen machte. Aber, auch diese Sicht änderte sich spätestens in den siebziger und achtziger Jahren. Der Widerstand des 20.Juli fand die entsprechende historische Würdigung ebenso wie christliche Widerstandkämpfer.

Das Neue Deutschland über den 20. Juli 1944

Neue Zeit über christlichen Widerstand

Fremdenfeindlichkeit und Rassismus waren und sind Erscheinungen, die es in der DDR gab, aber sie wurden, wie die Berliner Zeitung, dieser Tage in einem Rückblick erklärt, zwar wahr- aber nicht ernstgenommen.

Solidarität mit den entrechteten kolonialisierten Völkern wurde zwar oft beschworen, aber eine Kultur des solidarischen Umgangs mit den in der DDR lebenden „Fremden“ gab es zu wenig. Es war eher eine "Kultur" der Abgrenzung, der Furcht vor „politisch-ideologischer Diversion“, die das öffentliche Klima bestimmte.

Alle überregionalen Meldungen

Auf Ostdeutschland fokussiert

Zurück in die Gegenwart: Da fällt mir auf, dass es in den letzten Wochen und Monaten in den überregionalen Medien keine Meldung zum Thema gab, die nicht auf Ostdeutschland fokussiert hätte. Inzwischen sind aber auch im Osten Initiativen und Projekte entstanden, die sich der Fremdenfeindlichkeit entgegenstellen. Und es gibt – z. B. in Freital – Akteure wie den aus Mozambique stammenden Candido Mahoche, der heute als CDU-Stadtrat geachtet und bekannt ist. Er verteidigt die Stadt trotz der gegenwärtigen schlimmen Krawalle fast verzweifelt: „Freital ist nicht rassistisch“, sagt Mahoche. „Glauben Sie mir. Ich wäre sonst niemals in den Stadtrat gewählt worden. Eltern würden doch nicht ihre Kinder am Samstag dem schwarzen Mann anvertrauen, der mit ihnen zum Fußball fährt, wenn hier alle Rassisten wären?Hier eine Reportage über ihn

Die Tage beantwortete der Deutschlandfunk z. B. eine Zuhörerfrage, warum über die sogenannten Nazipatrouillen in Dortmund nicht berichtet wurde. Die Antwort war, man mache keine PR für diese ohnehin gar nicht wirklich agierende Bewegung.

Wenigstens eine ganz konkrete Zahl sollte dem entgegengestellt werden: Die meisten Straftaten wurden - mit 370 Taten - in Nordrhein-Westfalen verübt.

Und in Bayern ist fast jeder dritte gegen Ausländer ergab die Studie der Uni Leipzig zum Thema.

Nicht nur Vertreter der Amadeo Antonio Stiftung monieren, dass die Art, wie fremdenfeindliche und rechtsradikale Straftaten erfasst werden, eine hohe Dunkelziffer vermuten lassen und das gilt auch für die alten Bundesländer.

Ob es klug ist, ostdeutsche Sozialisationen verantwortlich zu machen für diese bedrohlichen Erscheinungen, ist sehr die Frage und vor allem hilft es nicht in die Zukunft.

Elmar Brähler meinte, es sei hin und wieder sinnvoller, einzelne Regionen, nicht nach der Geschichte, sondern nach der gegenwärtigen Entwicklung miteinander zu vergleichen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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