Thälmann ist niemals gefallen

Denkmal Die CDU Pankow will das Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße abreißen, die Bronze einschmelzen und für die Ukraine spenden. Es ist zu hoffen, dass der Krieg beendet ist, bevor die Schmelze beginnt.

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Thälmann ist niemals gefallen, Stimme und Faust der Nation". Dieses Lied untermalt die Schlussszene des Films des DEFA-Regisseurs Kurt Maetzig über den KPD-Führer, der 1944 im KZ Buchenwald erschossen wurde. Jedes Kind, das in der DDR aufwuchs, kennt es, kennt die beiden Filme. Das wuchtige Thälmann-Denkmal steht an der Greifswalder Straße seit 1986 und scheint allein durch sein Gewicht unverrückbar.

Manchmal hat das was für sich. Es zwingt zu Wahrnehmung. Der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel war der Schöpfer des Denkmals, das am 15. April 1986 – dem 100. Geburtstag von Ernst Thälmann – enthüllt wurde. Es gab viel Verdruss bei DDR-Künstlern. Die Bildhauerin Ruthild Hahne z. B., die ein solches Denkmal plante, hatte keine Gelegenheit, es umzusetzen.

Thälmanns Frauen

Vor einiger Zeit haben wir im Rahmen unseres Kiezspazierganges auf den Spuren bedeutender Frauen rund um die Greifswalder Straße im Bezirk Pankow an verschiedenen Orten Halt gemacht und über die Frauen, deren Namen einige Straßen und Plätze tragen, erzählt. Dabei war z. b. die Widerstandskämpferin Margarete Walter, die sich – schwer misshandelt von der Gestapo – in einen Lichtschacht stürzte.

Ich habe mich für das Thälmann-Denkmal gemeldet, aber ich wollte weniger über ihn selbst als über die Frauen in seinem Leben erzählen. Denn schließlich steht dieses Denkmal als eines von den vielen Symbolen für das tiefe Bedürfnis nach Helden, nach eigentlich übermenschlichen Helden. Frauen in solchen Posen sind kaum bekannt, einzig Bilder aus der Französischen Revolution zeigen sie und auch dann eher aufgelöst als entschlossen.

Der Held auf dem Sockel – die weiblichen Familienmitglieder auf dem Boden des Lebens, der Notwendigkeiten – das ist die gängige Version in der Geschichte.

Wobei Thälmann weniger ein Held war als ein Funktionär, der sich ziemlich gewissenhaft an Stalinsche Anweisungen hielt und damit scheiterte.

Ernst Thälmanns Ehefrau Rosa geboren im März 1890 als Rosa Koch war das 8. Kind eines Schusters in Bargfeld bei Hamburg. Später war sie Wäscherin in einer Großwäscherei und dort lernte sie ihren Mann kennen. An ihm, an seinem Leben und Kampf hat sie sich immer beteiligt. Vorher hatte er ihr erklärt, dass sie sich ändern müsse, er brauche eine Frau, die aktiv sei. Und sie passte sich an. Als ihr Mann als Reichstagsabgeordneter oft in Berlin weilte, übersah sie, dass er dort eine Beziehung hatte. Zu Martha Kluczynski, einer Arbeiterfrau, in deren Wohnung er auch am 3. März 1933 verhaftet wurde. 12 Jahre lagen vor ihm und 12 Jahre lagen vor ihr, in denen sie als Ehefrau, Kurier und Verbindungsfrau wichtig war.

. "Treue ist das Köstlichste, das einem Menschen überhaupt vermacht werden kann. Treue ist das Leben, es blüht mahnend aus der Tiefe heimatlichen Bodens herauf und festigt die Ehegemeinschaft", schrieb er ihr in einem seiner Briefe zum Geburtstag. Und zum Hochzeitstag: "Eine vollwertige Ehegemeinschaft erfordert diese gegenseitige treue Verbindung; indem die Frau dem Manne Gefährtin, Streitgefährtin in seinem Lebenskampfe sein muß, wie es bei uns selbstverständlich und schon beinahe schicksalhaft geworden ist." Sehr erbaulich und dem kleinbürgerlichen Zeitgeist entsprechend.

Wir kennen Ernst Thälmanns Schicksal. Seine Frau war ihm in der Tat treu. Sie hütete und bewahrte sein Andenken und verschloss sich auch gegen alle Zweifel, die sie vielleicht hätte haben können. Zweifel, die ihr vielleicht kamen, als sie erfuhr, dass es in der Sowjetunion von damals überhaupt kein Interesse gab, sich um Thälmanns Freilassung zu bemühen. Sie starb im September 1962

Rosa Thälmann und ihre Tochter und Irma wurden 1944 noch verhaftet und nach Ravensbrück gebracht.

Zum Schweigen angehalten

Frau und Tochter wurden in der DDR hoch geehrt und zum Schweigen angehalten. Sie taten es. Auch übrigens Martha Kluczynski, Thälmanns Geliebte, gab ihrer Partei einen Bericht und hatte zu schweigen.

Irma Gabel- Thälmann trat aus Protest 1990 aus der PDS aus und in die KPD ein. Ihre Kandidatur für den Bundestag war nur symbolisch. Sie starb im Jahr 2000. Als ihr Vater inhaftiert wurde, war sie 13 Jahre alt. Im Grund führte sie ein Leben im Schatten des Vaters.

Jetzt also will die CDU in Pankow – allerdings mal wieder- das Denkmal einschmelzen und die gewonnene Bronze für den Ukraine-Krieg bereitstellen.

Wahrscheinlich und hoffentlich wird das - aus Kostengründen - mal wieder fallengelassen und erfüllt den Refrain des Thälmann-Liedes mit einer gewissen Wahrheit. Es gibt Denkmale, die Einsichten vermitteln, die gar nicht immer mit der Intention der Schöpfer zusammengehen. Sie schleifen zu wollen, ist keine gute Erinnerungspolitik.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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