Der Fotoapparat als Schutz vor der Welt?

Vivian Maier Sie ließ nur einen Bruchteil ihrer Aufnahmen wirklich entwickeln, aber ihre Fotos sind wunderbar. Über sie und die Geschichte ihrer Entdeckung gibt es jetzt einen Film

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Gestern bei titel thesen temperamente dieser interessante Bericht über die entdeckten mehr als hunderttausend Foto-Negative von Vivian Maier , die jahrzehntelang unauffällig in Chicago als Kindermädchen lebte. Zufällig auf einem Dachboden fand sie ein Immobilienmakler mit historischem Interesse. Ich erinnerte mich, dass ich vor Jahre auch schon mal ganz kurz darauf verwiesen hatte.

Wir unterhielten uns heute beim Frühstück darüber. Kann es sein, dass diese Frau – die wie man sagt, nie ohne Kamera nach draußen ging – dem einsetzenden Panoptismus - dem kontrollierenden Blick* - mit dem Fotoapparat begegnete? Wenn ja, mit welcher Intention? Als Gegenmaßnahme, als imaginärer Schutz? Sie soll eine schwierige Person mit psychischen Problemen gewesen sein. Hatte sie Angst vor der Welt und versuchte sie darum mit Fotos zu kontrollieren und zu bannen? Dazu sind ihre Bilder eigentlich zu schön.

Der Panoptismus beschäftigt mich gerade im Zusammenhang mit einem anderen Thema: Dem von Verschleierung und Entschleierung.

Vivian Maier, die verarmt starb, hat nur einen Bruchteil der Negative entwickeln lassen - auch aus Kostengründen- sondern immer nur belichtet und belichtet und belichtet – mit einem bewunderungswürdigen und künstlerisch ganz sensiblen Blick für die Welt, das Bild von der Welt, den Bildausschnitt von der Welt.

Wie werden diese Negative eigentlich heute entwickelt?, fragten wir uns am Frühstückstisch. Noch nach der Technik der Zeit der „Negative“ oder werden sie erst durch eine Technik, die Negative heute eigentlich überflüssig macht, wieder zu Positiven? Darüber ist wenig gesagt.

Sie wird ja – nach nur ganz wenigen Jahren – fast exzessiv wiederbelebt, diese alte Fototechnik. Viele Fotografen pflegen sie oder haben sie nie verlassen.

Finding Vivian Maier heißt der Film der bei ttt angekündigt wurde.

Panoptismus (vom griech. panoptes = „das alles Sehende“) ist ein von dem französischen PhilosophenMichel Foucault eingeführter Begriff, der die zunehmenden Überwachungs- und Kontrollmechanismen und daraus resultierende soziale Konformität des Individuums in der Entwicklung der westlichen Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert beschreibt.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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