Die Heimatfront

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Nach dem „Tatort“ vom letzten Sonntag mit dem Titel „Heimatfront“ musste ich lange nachdenken. Darüber zum Beispiel, dass die posttraumatische Belastungsstörung eine Erkrankung ist, die offensichtlich nur Leute befällt, die selbst aktiv an der Herstellung traumatischer Ereignisse beteiligt sind. Die können ja alle gar nichts dafür. Die müssen dorthin, zum Beispiel nach Afghanistan, und dann müssen sie natürlich auch das tun, was Soldaten tun: Schießen und die Demokratie verteidigen. Der Slogan von der Demokratie, die „am Hindukusch verteidigt wird“, obwohl es dort noch nie welche gegeben hat, sollte mal in logischer Form verwendet werden.

Hindukusch, husch, husch, husch...wir bleiben lieber hier (könnte der Rebers singen), sage ich mir und frage: „Wie steht’s denn mit den bewaffneten Kräften, welche die Demokratie – sagen wir mal – in Stuttgart verteidigt haben?“ Gegen die Anti-Unterirdische-Bahn-Taliban? Diese Kräfte sind doch auch Menschen, die sich höchst belastenden Situationen gegenübersehen. Und auch die kommen nach Hause – abends zu Bier und Familie.

Wie geht es ihm eigentlich, dem Polizisten am Wasserwerfer, der ihn so tapfer gegen die Demonstranten einsetzte. Was macht es mit ihm, wenn er an den alten Herrn denken muss, der kaum noch was sieht? Leidet er darunter auch beim nächsten Einsatz. Verstellt er wenigstens den Wasserstrahl ein wenig? Weint er, wenn er einen Strahl sieht, gleich ob den eigenen oder auch den aus dem Wasserhahn? Wie geht er um mit den Rufen der Demonstranten, die er noch im summenden Ohr hat, die hasserfüllten Rufe gegen ihn und eine Bahn, die doch nichts anderes will als gehen: Unter die Erde und an die Börse. Was macht es mit ihm, wenn die Demonstranten Slogans singen, er aber kennt die Tonart nicht und muss die Anti-Bahn-Folklore ohne Ohrstöpsel ertragen?

Es ist sehr sehr hart, das Leben bei den bewaffneten Kräften – auch an der wirklichen Heimatfront. Es sollte ein Lied jetzt endlich mal zur Hymne derer erklärt werden, die sich Tag für Tag für die Demokratie krumm legen. Es ist schon so alt und so traditionell, dass es sich gut eignet. „Schützen wir die Polizei“. Genau: schützen wir die Polizei, helfen wir ihr beim Rollkommando, beim Baumfällschutz und beim Antigerangel-Rangel, wo auch immer: Bei der Bahn oder in Gorleben.

Denn die Demokratie ist überall in Gefahr – beim Wort genommen zu werden.






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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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