Die Kinder wissen zuwenig, so klagen die mit dem Zustand des Nachwuchses befassten Spezialisten. Zum Beispiel jene, die verschiedene Studien zur Erforschung des Wissensstandes von Schülern über die DDR erstellten.
Klaus Schröder und Monika Deutz-Schröder vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin wenden sich energisch dagegen, dass vor allem Schüler aus den neuen Bundesländern – verleitet von ihren unbelehrbaren Eltern – Unsinn über die DDR erzählen und die wirklichen Zusammenhänge nicht vermittelt bekommen. Das muss sich ändern, weswegen es allerlei Programme gibt, die diesen Zustand beenden. Gedenkstättenbesuche, aber auch Zeitzeugengespräche gehören dazu. So zum Beispiel in einer Schule in Brandenburg .Da hat sich der Bildungsminister Holger Rupprecht angesprochen gefühlt und schritt zu Tat und zum Ortstermin. Dort hat er sich dann – er war ja selbst Lehrer in DDR-Zeiten – als zu Angepasster, als Nischenlehrer geoutet. Das muss man machen, wenn man nicht „unbetroffen“ erscheinen will. Er hatte ja auch nur mit Geographie zu tun.
Man muss zeitig beginnen mit der Wissensvermittelung .Auch die Medien sind gefordert. So übernahm zum Beispiel die Kindersendung „Kakadu“ von Deutschlandradio Kultur diese dankbare Aufgabe. Immerhin war der 60. Jahrestag des Grundgesetzes ein schöner Anlass dafür.
„Von Mauern und Menschenwürde“ war die Sendung überschrieben. Die Menschenwürde war West und die Mauer war Ost. Man will ja nichts verklären und vereinfachen. Jedenfalls nichts was den Osten betrifft.
Und die Jahre, in denen das Grundgesetz nur in einem Teil Deutschlands galt, die waren ja auch nicht einfach. Ständig musste man sich verteidigen. Die Währungsreform angehen, die Bundesrepublik gründen, Berlin gegen die Russen verteidigen und aus der Luft versorgen, denn es war besser das halbe Deutschland ganz im Westen zu haben. Ach ja, dann musste man die Gründung der DDR missbilligen und auch in die NATO musste man eintreten, um sich zu verteidigen. Das ging so lange bis endlich die Mauer fiel.
Das dauerte schon ordentlich. Den ganzen Kalten Krieg lang dauerte das. Der Kalte Krieg wurde mit dem Mauerbau begonnen, jedenfalls kommt man zu dem Schluss, wenn man dem „Kakadu“ folgt. Vorher war Stalin, ganz furchtbar und dann kamen die Satrapen und dann war wieder alles gut, weil die Mauer fiel und die Menschenwürde siegte. So war das.
In einem Dokumentarfilm sagtder Dramatiker Heiner Müller, er sei über den Ausdruck subjektiver Unschuld in den Gesichtern der Passanten westdeutscher Fußgängerzonen immer sehr verblüfft gewesen.
Das jedoch ist nicht verblüffend. Sie wird vermittelt, diese Unschuld. Die Guten sind auf der Seite derer, sie sich 60 Jahre darum gekümmert haben, dass endlich alles gut wird.Und wenn sie in Gefahr ist, diese Unschuld, dann muss man mit Programmen dafür sorgen, dass die Unschuld sich genau so verteilt wie es mit den Mauern und der Menschenwürde ist.
Kommentare 7
Welch ein zweischneidiges Unterfangen. Durch die Vermehrung des Wissens bei Kindern vermindert man ihren Zustand der Unschuld.
"Der Begriff Unschuld kann den Zustand eines unwissenden, unbekümmerten, ahnungslosen, naiven und auch einfachen Menschen beschreiben, dem man infolgedessen nichts vorwerfen kann, und der nicht als schuldig oder juristisch gesehen für schuldfähig erklärt werden kann. In der Regel gelten vor allem Kinder als unschuldig."
Quelle: Wikipedia, de.wikipedia.org/wiki/Unschuld
Nein, so ist es nicht gemeint.
Es spielt ein bisschen - im Müllerschen Sinne - mit dem Unschuldsbegriff.
Auf jeden Fall scheint es mir, als ob sich bei dieser Art von Wissensvermittlung alle "Unschuld", alles "Gute", auf der Seite der Bundesrepublik-West befinden und alle Verstrickung und Schuld und alles Böse auf der östlichen.
Und das ist etwas, worauf ich hinweisen will. Kann sein,dass es ein bisschen vereinfacht ist, aber dafür glossiert man ja Erscheinungen. Wenn ich das alles ausführe, dann wird das eine höchstgallige Abhandlung und das will ich nun mal nicht.
Gruß
Magda
Magda, ich habe deinen Artikel schon so wie du es sagst verstanden.
Das zweischneidige Unterfangen bezieht sich auf genau die scheinheilige Deutung die du ansprichst.
Deutschland blickt zurück:
Gut = BRD, BND
Böse = DDR, Stasi
Ach Magda, kotz dich ruhig aus. Alles, was raus ist, kann wenigstens drinnen nicht mehr eitern.
Ich hab grad die Nachrichten über die Birthler-Behörde verfolgt. Da ist es ja genau das gleiche. Aber wir brauchen ja die Behörde dringend von wg. des Wissens...
Gruß
Titta
O.K. - dann ist alles klar. Umso besser. Ist nämlich so richtig kein Ruhmesblatt, wenn man seinen Kram nacherklären muss, weil er nicht deutlich ist.
Danke. danke
Wartet's ab!
Wir bekommen dieses Jahr noch ganz wiel Wissen vermittelt, wie es nämlich wirklich war, also ganz echt wirklich.
Der Osten war aber auch was von gefährlich! Da gab es mal so einen Arbeiteraufstand, der im Westen jedes Jahr kräftig gefeiert wurde, solange es ein Arbeiteraufstand gegen die Regierung einer Arbeiterpartei war. Danach hat man in aller Unschuld davon abgelassen, weil Arbeiteraufstände per se gefährlich sind!
Und Wissen ist Macht - MAcht kann man auch bewahren, indem man die Beherschten mit zu vielen Wissenshäppchen ruhigstellt...
"Der Osten war aber auch was von gefährlich! Da gab es mal so einen Arbeiteraufstand, der im Westen jedes Jahr kräftig gefeiert wurde, solange es ein Arbeiteraufstand gegen die Regierung einer Arbeiterpartei war. Danach hat man in aller Unschuld davon abgelassen, weil Arbeiteraufstände per se gefährlich sind!"
Du sagst es. Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschungen, kritisierte kürzlich die Schröder Studie: Nach deren Kriterien sei auch die Aussage, beim 17. Juni 53 habe es sich um einen Arbeiteraufstand gehandelt, unzureichend. Richtig sei, dass es ein Volksaufstand für Demokratie, Einheit und Freiheit gewesen sei.Da gibt es kaum noch Zwischentöne, sondern einen vorgegebenen Kanon.
Darüber könnte man sich ja auch im Unterricht streiten. Dass dies aber sofort angekreidet wird - eine merkwürdige Auffassung von Wissensvermittlung.